«Differenzen hinsichtlich der strategischen und organisatorischen Weiterentwicklung von Stadler»: Mit dieser Formulierung erklärt der Schienenfahrzeugbauer den abrupten Abgang von Thomas Ahlburg als Konzernchef und die notfallmässige interimistische Rückkehr von Verwaltungsratspräsident und Ankeraktionär Peter Spuhler auch auf den Sessel des CEO.
Der frühere Stadler-Manager Markus Sauerbruch.
© Ralph Ribi (St.Margrethen, 4. Juli 2018
Die Begründung mit den Differenzen lässt aufhorchen. Vor fast exakt einem Jahr hat Stadler so schon einmal eine personelle Rochade erklärt. Damals verliess Markus Sauerbruch die Firma «auf eigenen Wunsch». Als Grund nannte Stadler:
Sauerbruchs Aufgaben wurden in der Not aufgeteilt
Sauerbruch war damals als Mitglied der Konzernleitung Chef der Stadler-Division Schweiz, zu der neben den hiesigen Standorten Bussnang, Erlen, Altenrhein (und neu St.Margrethen) auch das US-Werk in Salt Lake City gehört. Zudem führte Sauerbruch das Werk Altenrhein direkt. Die Division zählt weit über 3000 Mitarbeitende.
Sauerbruchs Nachfolger als Chef in Altenrhein wurde vor einem Jahr Markus Bernsteiner, der diese Aufgabe zusätzlich zu seinem Amt als Leiter der Division Komponenten übernahm. Die Leitung der Division Schweiz ging interimistisch an Thomas Ahlburg über, der nun ebenfalls weg ist. Möglich, dass Spuhler dieses Amt jetzt auch interimistisch ausübt. Als weniger wahrscheinlich gilt, dass Ahlburgs Stellvertreter einspringt, denn das ist mit Finanzchef Raphael Widmer ein Mann der Zahlen und nicht der Fabriken.
Neben Spuhler drei langjährige Manager an Bord
Markus Bernsteiner, Chef der Stadler Rheintal AG und der Division Komponenten.
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Mit dem weitgehenden Abschluss des Umzugs des Löwenanteils des Werks Altenrhein nach St.Margrethen fungiert Komponentenchef Bernsteiner auch als Leiter der Stadler Rheintal AG, wie der neue Standort heisst. Bernsteiner ist seit 1999 bei Stadler und Mitglied der neunköpfigen Konzernleitung. Neben ihm und Spuhler, der das Unternehmen 1989 gekauft hatte, sind noch zwei weitere Topmanager seit geraumer Zeit dabei.
Das ist zum einen Christian Spichiger, der Ende 2002 zu Stadler stiess und die Division Zentraleuropa leitet, und zum anderen Jürg Gygax, seit 2005 bei Stadler und seit 2013 Chef der Division Service.
Interimslösung seinerzeit auch am Standort Deutschland
Die übrigen Konzernleitungsmitglieder sind weniger lange dabei, wobei ein paar personelle Rochaden als Teil eines Generationenwechsels erklärt wurden. So löste Raphael Widmer, von ABB her kommend, im April 2016 Hansruedi Geel nach 17 Jahren als Finanzchef ab.
Jure Mikolcic, Leiter der Stadler-Division Deutschland.
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Jure Mikolcic ist seit Februar 2019 Chef der Division Deutschland und Leiter der Berliner Stadler Pankow GmbH. Er war neu zu Stadler gestossen, wurde in Bussnang eingearbeitet und löste in Berlin Markus Bernsteiner ab, der im Oktober 2018 nach dem Abgang von Ulf Braker interimistisch eingesprungen war. Braker war 16 Jahre bei Stadler Pankow, aber nur deren vier als Chef.
Wachablösung in Verkauf & Marketing
Ansgar Brockmeyer, Leiter Verkauf & Marketing bei Stadler.
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Ebenfalls seit Februar 2019 ist Ansgar Brockmeyer bei Stadler. Er stieg als Verkaufschef Züge und Stellvertreter Peter Jeneltens ein, der Mitte Mai 2019 die Leitung der Division Verkauf & Marketing an Brockmeyer übergab und nach 19 Jahren bei Stadler in die private Holding Peter Spuhlers wechselte.
Zur Stadler-Konzernleitung zählen schliesslich noch seit Mitte 2015 Generalsekretärin und Kommunikationschefin Marina Winder sowie Iñigo Parra, Leiter der Division Spanien. Diese wurden geschaffen, nachdem Stadler per Mitte 2015 die Lokomotivfabrik der deutschen Vossloh in Valencia übernommen hatte.
Doppelmandate sind verpönt
Spuhlers Rückkehr auf den Sessel des Konzernchefs soll interimistisch sein. Stadler dürfte gut beraten sein, die Nachfolge sorgfältig, aber zügig zu regeln. Denn viele Investoren goutieren eine Machtballung an der Spitze eines börsenkotierten Grossunternehmens nicht. Zumal Spuhler als CEO, exekutiver Verwaltungsratspräsident und dominierender Aktionär gleich drei Schlüsselpositionen in Personalunion auf sich vereint.