Spengler Cup
Vom Zuschauer zum Hauptdarsteller: Der Oltner Marco Müller führt Ambri zum Premierensieg am Spengler Cup

Der Traum eines Oltners geht in Erfüllung: Marco Müller darf mit Ambri beim Spengler Cup auftreten – und der 25-Jährige spielt beim 4:1-Sieg des Tessiner Dorfklubs gegen das russische Spitzenteam Ufa gleich eine grosse Rolle.

Klaus Zaugg
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Ambris Marco Müller (vorne) bejubelt seinen Treffer zum zwischenzeitilchen 3:0 gegen Ufa.

Ambris Marco Müller (vorne) bejubelt seinen Treffer zum zwischenzeitilchen 3:0 gegen Ufa.

Keystone

Wenn ein Oltner zum Spengler Cup fährt, dann hat er wahrlich etwas zu erzählen. Marco Müller, 25, war schon einmal in der Altjahrswoche in Davos. «Ich war noch bei Berns Elitejunioren. Wir haben in der Kabine eine Liste für Interessenten eines Spengler-Cup-Besuches aufgelegt. Ich habe mich eingetragen und wir sind mit dem Bus für einen Tag nach Davos gefahren.»

Nun ist Marco Müller wieder in Davos. Und erneut ist er mit dem Bus hinaufgefahren. Diesmal mit Ambris Mannschaftbus. Und er war gestern nicht mehr bloss Zuschauer, sondern Hauptdarsteller. Beim 4:1 gegen das russische Spitzenteam Ufa hatte er bei drei Treffern den Stock im Spiel. «Die Stimmung war so, wie ich es mir erträumt habe» sagt er nach dem Match.

Was ihn ganz besonders freute: auch seine Eltern und seine beiden Geschwister waren mit ihren Familien im Stadion. Sein Vater war zum ersten Mal überhaupt beim Spengler Cup. Und das will schon etwas heissen. Denn Victor Müller ist eine Oltner Hockeylegende.

Er gehörte zum letzten NLA-Team der Oltner, das 1994 in der heute noch unvergessenen Playoutserie gegen Biel in die NLB abgestiegen ist. Die Entscheidung fiel im Penalty-Schiessen. Victor Müller scheiterte im allerletzten Penalty an Biels Legende Olivier Anken und beide beendeten ihre Karriere. Olten ist seither nicht mehr in die höchste Spielklasse zurückgekehrt.

Ambris Marco Müller (l.) bespricht sich auf der Bank mit Ersatztorhüter Ludovic Waeber.

Ambris Marco Müller (l.) bespricht sich auf der Bank mit Ersatztorhüter Ludovic Waeber.

Keystone

Dieser Auftaktsieg mit Ambri beim Spengler Cup ist für seinen Sohn Marco ein Karriere-Höhepunkt. Dass er überhaupt in Ambri spielt ist bereits eine ganz besondere Geschichte. Marco Müller beginnt seine Karriere in Olten, wechselt 2007 noch im tiefen Juniorenalter nach Biel und kommt ein Jahr später, nach wie vor Junior, schliesslich in Bern an.

Beim SCB kümmert man sich um den jungen Oltner und sorgt dafür, dass er eine KV-Lehrstelle findet. Er lernt in Bern in einer der besten Nachwuchsorganisationen des Landes das Hockey-Handwerk von Grund auf. Rückblickend sagt er: «Bern war eine gute Lebensschule für mich und davon kann ich jetzt noch profitieren.»

Das Risiko, zum «Hinterbänkler» zu werden vermieden

Marco Müller darf bereits in seinem ersten Jahr als Elitejunior unter Larry Huras mit der ersten Mannschaft trainieren und kommt während der Saison 2011/12 zum NLA-Debüt. Aber er kann sich in Bern nicht durchsetzen und kommt an den entscheidenden Punkt seiner Karriere: Sich «durchbeissen» beim SCB?

Das Risiko wäre erheblich, zum «Hinterbänkler» zu werden und nie mehr aus dieser Rolle herauszukommen. Oder in einem «kleinen» Klub eine tragende Rolle übernehmen? In diesem Falle besteht das Risiko des Scheiterns.

Ambris damaliger Sportchef Ivano Zanatta meldet sich bei Marco Müllers Agenten Hnat Domenicelli (heute Sportchef in Lugano), bemüht sich um den jungen SCB-Stürmer und kann ihn überzeugen. Marco Müller sucht die Herausforderung in Ambri.

Es ist noch Ivano Zanatta, der den Transfer über die Bühne gebracht hat. Ein anderer Klub als Ambri war gar nie im Spiel. «Im Sommer 2017 habe ich nach Gesprächen mit Trainer Luca Cereda und dem neuen Sportchef Paolo Duca gespürt, dass mein Entscheid richtig war. Wir haben uns sofort sehr gut verstanden.»

Aus der Hauptstadt zum Dorfklub

Vom grössten Hockeyunternehmen der Schweiz zum letzten «Dorfklub» der höchsten Liga. Aus der Hauptstadt des Landes ins karge Bergtal der Leventina – ein grösserer Gegensatz ist kaum denkbar. «In Ambri geht es familiärer zu, man arbeitet sehr eng zusammen. Ich schätze es sehr, dass ich ein Teil dieser Mannschaft sein darf. Ich bekomme viel Eiszeit und Verantwortung und spüre das Vertrauen von Luca Cereda und Paolo Duca. Ich bin sehr glücklich in Ambri und tue alles, um dieses Vertrauen zu rechtfertigen. Ich glaube nicht, dass ich bei einem anderen Klub bessere Voraussetzungen finden könnte.»

Marco Müller hat seine Chance in Ambri genützt, ist der beste Schweizer Skorer und der beste Bully-Spezialist mit Schweizer Pass im Team. Und vor allem: nur mit Ambri konnte sein Traum Spengler Cup in Erfüllung gehen. Der SC Bern nimmt aus Prinzip nicht am Turnier teil.