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Sport (SZ, GT, OT)
«Es wächst der Mensch an seinen Aufgaben». Der Satz in Schillers Prolog zu «Wallensteins Lager» lässt sich auf den SV Wiler-Ersigen übertragen. Ist der achtfache Champion in der Lage, den Schalter auf Playoff-Modus umstellen?
Die Voraussetzungen könnten in der Tat günstiger sein. Mit den Niederlagen zum Ende Qualifikation tankten die erfolgsverwöhnten Spieler von Trainer Heikki Luukkonen kaum zusätzliche Moral. Eines förderten die Spiele gegen Grasshoppers und Chur zutage. Das System Luukkonen mag die Mannschaft in der Theorie implementiert haben. Die offensive Spielweise des Finnen funktioniert in der Praxis jedoch nur, wenn jeder Spieler die Bereitschaft aufbringt, die Defensivarbeit nicht zu vernachlässigen.
Die Philosophie des Finnen basiert auf Eigenverantwortung. Er gewährt seinen Spielern viel Auslauf. Bei der individuellen Klasse des Teams ein Konzept, dass erfolgsversprechend sein kann und sich bewährt hat. Das Konzept funktioniert indes nur, wenn sich die Mannschaft auf das Wesentliche konzentrieren kann.
Das Wesentliche ist die Meisterschaft und nicht die Nationalmannschaft. Das Gerüst von Wiler-Ersigen war in der Vorbereitung zum Heim-Weltmeisterschaft abwesend. Spieler wie Matthias Hofbauer, Daniel Streit oder Simon Bichsel investierten nicht nur viel Zeit, sondern verbrauchten auch viel mentale Substanz an den Titelkämpfen im eigenen Land.
Nicht förderlich auf die Arbeit wirkten sich ausserdem die langen Absenzen von Heikki Luukkonen aus. Sein Doppelmandat als Wiler-Trainer und Assistenzcoach der Nationalmannschaft ist ein Spagat, der auf die Länge nicht aufgehen kann und es in dieser Form auch nicht mehr geben wird. Das haben die Verantwortlichen im Klub realisiert. Luukkonen muss sich für die eine oder andere Aufgabe entscheiden.
Ob der Verein an seinem Trainer über diese Spielzeit festhält, ist eine andere Frage und dürfte massgeblich mit dem Abschneiden in den Playoffs zusammenhängen. Die nächsten Wochen werden auch für Luukkonen zum Härtetest. Seine fachlichen Qualitäten sind unbestritten, seine Beharrlichkeit ebenfalls. Er sortierte während der Saison Patrick Mendelin und den schwedischen Weltmeister Mathias Larsson aus, die sich seinem Konzept nicht unterordnen wollten.
Das verbale Nachtreten von Mendelin und Larsson bewies, das Luukkonen mit seinem Entscheid richtig lag. Mit seiner Meinung, dass die Mannschaft im Vergleich zum letzten Jahr grosse Fortschritte gemacht hat, steht er allerdings ziemlich alleine da. Fragt man die Spieler zur Entwicklung, herrscht zunehmend Schweigen.
Wiler-Ersigen hat in den letzten Jahren manchen Charaktertest bestanden. Nun muss die Mannschaft beweisen, wie gefestigt das Gefüge ist. Erst recht nach dem Ausfall von Esa Jussila. Dem Finnen droht nach einem Bandscheibenvorfall das Karriere. Der Mann mit den millimetergenauen «Laserpässen»hinterlässt eine schmerzliche Lücke. Wiler-Ersigen ist damit das einzige Team, dass die Playoffs ohne ausländische Verstärkungsspieler in Angriff nehmen wird.
Den Nebengeräuschen zum Trotz: Der amtierende Meister zählt auch in den bevorstehenden Playoffs zum engsten Kreis der Titelanwärter. Oder, um mit Schillers Satz in Wallenstein zu schliessen: «Wer seine Aufgaben erfüllt, soll den gerechten Lohn dafür erhalten.»