Volksinitiative für ein Ausländerstimmrecht kommt beim Volk schlecht an. 72 Prozent der Stimmberechtigten schickten die Vorlage bachab.
Sollen Ausländer, die zehn Jahre in der Schweiz und davon fünf im Kanton Bern leben, in ihrer Wohngemeinde stimmen und wählen dürfen? Nein, entschied gestern das Stimmvolk unmissverständlich: Mit einer Nein-Mehrheit von 72 Prozent schickte es die Volksinitiative «Zäme läbe – zäme schtimme» bachab. Die Stimmbeteiligung betrug 34,33 Prozent.
«Wir müssen die Niederlage eingestehen», kommentierte Corrado Pardini das Verdikt. Der SP-Grossrat, Co-Präsident des kantonalen Gewerkschaftsbundes und Mitglied des Initiativkomitees verwies jedoch auf Erfolge in Bern, La Neuveville und Moutier. «Diese Städte sprachen sich für das Ausländerstimmrecht aus. Ihnen sind nun die Hände gebunden.» Solche «schwierigen und komplexen» Vorlagen seien nicht auf Anhieb durchzubringen, verglich Pardini mit dem Frauenstimmrecht. «Wir konnten die Leute nicht mobilisieren, auch in den eigenen Reihen nicht», räumte Pardini ein. Man habe jedoch nur wenig Geld für den Abstimmungskampf zur Verfügung gehabt.
Roland Näf, Präsident der SP Kanton Bern, versprach: «Auch nach dieser Abstimmungsniederlage werden wir uns weiterhin unbeirrt für die Integration und für das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Kulturen in diesem Kanton einsetzen.» Es sei unverständlich, dass breite Kreise dieses Anliegen abgelehnt und damit die Gemeindeautonomie unterbunden hätten, sinnierte Näf.
Weder vom «Scheinargument» Gemeindeautonomie noch dem Anpreisen des Ausländerstimmrechts als Integrationsmassnahme hätten sich die Berner täuschen lassen, kommentierte das Nein-Komitee, in dem die bürgerlichen Parteien SVP, BDP, FDP und EDU vertreten waren. SVP-Präsident Rudolf Joder: «Die Berner haben anerkannt, dass das Stimmrecht eine Folge der erfolgreichen Integration und nicht Teil der Integration ist. Wer sich einbürgern lässt, der erhält das Stimm- und Wahlrecht auf allen drei Ebenen Bund, Kanton und Gemeinde.»
Es sei nun an der Zeit, dass die Initianten den demokratischen Entscheid respektierten, verwies Joder auf mehrere gescheiterte Versuche in den vergangenen 20 Jahren. «Die Vorlage war eine Zwängerei gegenüber der Bevölkerung.»
Joder und Stefan Nobs, Geschäftsführer der FDP, zeigten sich erfreut von der Deutlichkeit des Entscheids. Sicher hätten allgemeine Ängste gegenüber Ausländern mitgespielt, räumte Nobs ein. «Das Volk hat aber vor allem den Grundsatz bestätigt, dass für die Einbürgerung weniger die Aufenthaltsdauer als die sprachliche Integration der Person entscheidend sein soll.» Das vorgesehen Ausländerstimmrecht wäre ein Rückschritt gewesen.