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Peter Kummer bezieht die Energie für seine Wärmepumpe aus einem Eis-Speicher in einer Betonzisterne. Dabei kann auf geringem Temperaturniveau viel Energie gespeichert werden. Das System eigne sich vor allem für Einfamilienhäuser.
«Das ist ja ein richtiger Rohrsalat.» Der Kommentar der beiden Arbeiter, die in ihrer Pause vom Gerüst am Neubau der Firma Peter Kummer AG das Treiben beobachten, trifft zu. Ein Lastkran mit einem langen Schwenkarm hievt zwei grosse Betonzisternen, jede wiegt 8,6 Tonnen und fasst rund 10 Kubikmeter Wasser, über ihre Köpfe hinweg auf die Südseite des Neubaus.
Dort sind auf der Wiese zwei grosse Löcher ausgehoben, in die die Betonzisternen versenkt werden. Durch die Öffnung der Betonbehältern sind unzählige Plastikrohre zu sehen - eben der Rohrsalat. «Die Betonzisternen enthalten Heiz- beziehungsweise Entzugsregister, also jede Menge Leitungen», erklärt Projektleiter Markus Baumann, von der Firma Viessmann in Luterbach.
Eis-Speicher statt Erdsonde
Sanitär- und Heizungsinstallateur Peter Kummer führt einen Familienbetrieb mit seinen zwei Söhnen und seiner Frau. Er heizt den Neubau mit Betriebsräumen und Wohnung mit einer Wärmepumpe, die auch das Warmwasser produziert. Die Energie holt er aber nicht mit einer Erdsonde aus dem Boden, sondern mit einem System aus Wärmekollektoren (Kunststoffpanels) auf dem Dach und den Eis-Speichern im Erdreich.
Auf dem Dach werden spezielle Kollektoren montiert, die das Wasser in den Zisternen auf 25 Grad erwärmen. Sobald die Heizperiode beginnt, liefern die Kollektoren die Energie für die Wärmepumpe. «Das passiert Tag und Nacht. Auch wenn es draussen nur 5 Grad ist, können die Kollektoren auf dem Dach noch Wärme holen», so Baumann. Dies funktioniere bis Null Grad.
Dann wechselt das System auf den Eis-Speicher. Mit dem «Kabelsalat» in der Zisterne wird dem Wasser Wärme entzogen, der Wärmepumpe zugeführt und geheizt. Das Wasser in der Zisterne kühlt ab, bis auf Null Grad. «Entziehe ich weiter Wärme, wird aus dem Null-Grad-Wasser dann Null-Grad-Eis. Das Wasser gefriert kontrolliert. Dabei wird ebenso viel Energie frei, wie wenn ich 80 Grad warmes Wasser auf Null Grad abkühle. Auf kleinem Temperaturniveau kann sehr viel Energie gespeichert werden. Das ist der Vorteil des Eis-Speichers.»
Die kalten Tage ohne Ertrag von den Kollektoren auf dem Dach können derart überbrückt werden. «Das ist wie eine Batterie.» Auch das Erdreich hilft mit bei der Erwärmung des Wassers in den Zisternen. «In einem normalen Winter werden die Eis-Speicher etwa zu 70 Prozent durchfrieren.»
Mutterfirma der Luterbacher Viessmann-Niederlassung ist der deutsche Viessmann-Konzern. Die Viessmann Group ist einer der international führenden Hersteller von Heiztechnik-Systemen. Das 1917 gegründete Familienunternehmen wird von einem Verwaltungsrat unter Vorsitz des geschäftsführenden Gesellschafters Martin Viessmann geleitet. Der Gruppenumsatz beträgt über 1,89 Milliarden Euro, beschäftigt werden rund 10.600 Mitarbeiter. (uby)
Dank einem eigenen Patent zerstört das Eis nicht den Betonbehälter. «Normalerweise gefriert die oberste Schicht des Wassers zuerst. Die Konstruktion der Register ist aber so, dass sich das Eis um diese Register bildet. Das Eis bildet sich zuerst unten in der Mitte und verdrängt das Wasser in die Höhe. Das Eis hat keine Sprengwirkung.»
Vom Heizen zum Kühlen
Im Frühjahr hat Kummer zwei Zisternen mit viel Eis drin. Sobald die Kollektoren wärmer sind wie die Eis-Speicher, taut das Eis wieder ab. «Ab März wird aber das Eis nicht mehr abgetaut. So haben wir im Sommer fast 20 Kubikmeter Eis für die Kühlung der Wohnung auf dem Dach.»
Die bei Kummer eingebauten Eis-Speicher sind die grössten, die standardmässig vertrieben werden. Grössere werden vor Ort betoniert und aufgebaut. «Dann ist man von der Leistung her unbegrenzt. Vorteile sind: Im Gegensatz zur Erdsonde muss nicht in die Tiefe gebohrt werden. Und die Anlage darf auch bei Grundwasser montiert werden», wirbt Baumann.
Das System existiere seit 30 Jahre alt und eigne sich insbesondere für Einfamilienhäuser. Viessmann biete es seit zwei Jahren aus einer Hand in der Schweiz an. Der Preis sei mit dem einer Erdsonden-Anlage vergleichbar. «Ein Viertel der Heizkosten wird mit Strom generiert, drei Viertel holt man aus der Umwelt.» Peter Kummer ist selber vom Fach. «Das System interessiert mich», begründet er seine Wahl. «Es bezieht Wärme aus drei Umgebungen, von der Erde, latente Wärme und aus der Luft mit den Absorbern auf dem Flachdach.»