Fehren
Wenn der Automat den Dorfladen ersetzt

Die Bäuerin Greth Wiggli backt jeden Tag frisches Brot und legt es in Schliessfächer. Das Brot aus dem Automat ist beliebt: Mit ihrem Konzept hat sie in der Thiersteiner Gemeinde Fehren grossen Erfolg.

Dimitri Hofer
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Greth Wiggli verkauft in Fehren pro Tag rund 50 Brote aus dem Automaten.

Greth Wiggli verkauft in Fehren pro Tag rund 50 Brote aus dem Automaten.

Martin Toengi

Das 600-Seelen-Dörfchen Fehren ereilte dasselbe Schicksal wie viele andere kleinere Gemeinden: Seit einem Jahrzehnt gibt es in der Ortschaft im Thierstein keinen Dorfladen mehr.

Um Waschmittel, Tütensuppen und Bier zu kaufen, müssen die Fehrner seither in die Nachbardörfer. Frisches Brot finden sie jedoch weiterhin mitten in der Gemeinde – und das sogar rund um die Uhr. Wirft man drei Franken in eine Kasse, kann man sich ein Pfund Bauernbrot aus einem Schliessfach nehmen. Rund fünfzig Brote gelangen auf diese Weise täglich in die Haushalte in Fehren und den umliegenden Ortschaften.

Eigene Backstube im Keller

Mit ihrem Angebot scheint die Bäuerin Greth Wiggli einem Bedürfnis zu entsprechen. «Ich erhalte immer wieder positive Rückmeldungen von Kunden, die mir für den Brotautomaten danken», erklärt die 57-Jährige. Sie wisse von Menschen, die sich das Brot jeden Tag bei ihr holen.

Immer finden sie in den Schliessfächern das beliebte Bauernbrot. Mittwochs und samstags auch Ruchbrot, Körnerbrot, Dinkelbrot und Zopf. An diesen beiden Tagen öffnet Wiggli ihr an der Hauptstrasse gelegenes Brothüsli und verkauft das Brot im Laden. Vor allem an Samstagen sei der Ansturm enorm, freut sich die ehemalige Pöstlerin, die von ihrem Geschäft leben kann. Zwar nicht in Saus und Braus, aber das sei nie ihr Ziel gewesen.

Jeweils frühmorgens füllt Greth Wiggli die Schliessfächer mit Broten, welche sie in den Stunden zuvor gebacken hat. «Mittags schaue ich nach, wie viele Brote schon weg sind, und dann backe ich nach», sagt sie. In der Regel müsse sie nochmals 15 Kilogramm Brot in den Ofen schieben. Auf dem Hof Stutz, den sie gemeinsam mit ihrem Freund in Fehren führt, hat sie sich im Keller eine Backstube eingerichtet.

Liegen die Brote länger als einen Tag in den Schliessfächern, kann man sie zum halben Preis erwerben. «Es gibt Leute, die eigens darauf warten», erklärt Wiggli. Bleibt Brot übrig – was nicht häufig vorkommt – gibt die Mutter von sieben Kindern es einem Seewner mit, der es seinen Schweinen verfüttert.

Neben Brot liegen im Automaten meist auch Eier, Butter, Russenzopf, Süssigkeiten und Milch. Letztere kauft Wiggli ein und verkauft sie weiter. «Ich mache 50 Rappen Gewinn. Das ist gleich viel, wie mein Sohn, der selber Kühe hält, für einen Liter Milch kriegt. In meinen Augen ist das traurig», gibt sie zu bedenken.

Dörfer würden anonymer

Andernorts sind es die Bauern selber, die ihre Milch in ähnlichen Automaten anbieten. «Es gibt im Baselbiet mehrere solcher Landwirte. Bei einigen ist es eine Reaktion auf das Verschwinden von Läden in ihren Dörfern», erklärt Pascal Simon, Leiter Produktion, Markt und Direktzahlungen beim Landwirtschaftlichen Zentrum Ebenrain. Für den Erfolg des Brotautomaten im Solothurnischen macht er vor allem die hervorragende Lage mitten in Fehren verantwortlich. Auch wenn sie einen Dorfladen nicht völlig ersetzen könnten, seien derartige Angebote in gewisser Weise in der Lage, eine Lücke zu schliessen.

Nichtsdestotrotz gehe in den Gemeinden immer etwas verloren, wenn der Laden zumachen muss. «Es wird anonymer», sagt Simon, der in Ormalingen wohnt, wo es noch einen Dorfladen gibt. Am Verschwinden der Läden – und hier ist er sich mit Greth Wiggli einig – seien stets die Konsumenten schuld.