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In Rodersdorf und Witterswil sind alte Bauernhäuser wichtige Zeugen der Geschichte. Sie werden nun näher untersucht.
Es sieht wie eine Zeitblase aus, das Bauernhaus am Beginn der Biederthalstrasse in Rodersdorf, auch Gwidum genannt. Es sieht so aus, als wäre schon lange nichts mehr daran gemacht worden. Oder überhaupt noch nie sehr viel daran gemacht worden. Und eben deshalb ist es für die historische Forschung ein richtiges Juwel, erklärt die Historikerin Doris Huggel.
Zusammen mit Benno Furrer, Leiter Schweizerische Bauernhausforschung, schreibt sie an einem Buch über Solothurner Bauernhäuser. Dieses soll in der Reihe «Die Bauernhäuser der Schweiz» erscheinen. Seit dem ersten Buch über Graubünden im Jahr 1965 sind 33 Bände erschienen. Noch fehlen drei Bände, und dann ist die ganze Schweiz erforscht. Der Band über die Bauernhäuser beider Basel erschien bereits 1999.
«Über das Haus Gwidum weiss man recht viel», erklärt Doris Huggel, die in diversen Archiven geforscht hat. Das liegt auch daran, dass das Haus recht stattlich ist und von einem Pfarrer erbaut wurde. Vom bekannten Rodersdorfer Pfarrer Marx Aeschi nämlich. Dieser liess es wohl 1660 auf den Grundmauern eines bestehenden baufälligen Hauses erbauen. «Pfarrer Aeschi hatte während des Dreissigjährigen Krieges viele Kontakte zu allerlei Offizieren und wurde sehr reich», so Huggel. Ein Kriegsgewinnler? «Sagen Sie das bloss nicht!», erwidert Huggel.
Dank Aeschis Beziehungsgeflecht blieben seine Besitztümer in Rodersdorf — und das ganze Dorf weitgehend vom Krieg verschont. Zudem hat Aeschi viele Leute und Institutionen unterstützt. So stiftete er die beiden Seitenschiffe des Klosters Mariastein. Im Gwidum selber hat Aeschi nicht gewohnt, er brachte vielmehr Gäste darin unter. Aeschi wollte, dass Haus, Hof und Land für immer zusammenbleiben. Deshalb errichtete er eine Fideikommiss. Das Gut darf nur als Ganzes vererbt werden. Verkaufen darf man nichts davon, und man darf auch keine Hypothek darauf aufnehmen.
«Dies ist wohl einer der Gründe, wieso in 360 Jahren kein Besitzer viel Geld in das Haus stecken wollte oder konnte», so Huggel. Und dies ist auch das Glück der Forschung, weil so noch sehr viel der ursprünglichen Bausubstanz erhalten blieb. Um hier klarer zu sehen, untersucht Raymond Kantic das Holz aus Dachstuhl und Keller. Mit der Jahrringmethode kann er feststellen, wann das Holz geschlagen wurde.
Auch in Witterswil will Huggel ein Bauernhaus untersuchen, und zwar das Gyrehuus an der Bättwilerstasse 1. «Der Balken über dem Scheunentor gibt zwar das Jahr 1735 an. Doch wir gehen davon aus, dass die Geschichte des Hauses viel älter ist», sagt Huggel. Sehr wahrscheinlich entwickelte sich das Haus aus dem Witterswiler Dinghof. Auch der angrenzende Spielhof spricht dafür. Dort hielt der Dorfmeier Gericht. «Dieses Haus ist sehr wichtig für die Geschichte von Witterswil», betont Huggel.