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Solothurn
Schwarzbubenland
Mit diesem Stück - auch bekannt als «The Importance of Being Earnest» - beschliesst das Teatro Mobile Solothurn die aktuelle Mausefalle-Theatersaison. Zur eindrucksvollen und passenden Noblesse-Kulisse wird dabei der Ehrenhof des Museums Blumenstein.
Dass es selten reibungslos abläuft, im eigenen gesellschaftlichen Umfeld mit vorgespiegelten Zweitidentitäten und imaginären Freunden zu hantieren, weiss man, seit es Verwechslungskomödien gibt. Und erst recht weiss man es seit «Bunbury», der Mutter aller Verwechslungskomödien.
Ernst und niemand anders
Im Klassiker von Oscar Wilde erfindet sich Dandy Jack Worthing einen lasterhaften Bruder Ernst, um seine Ausflüge in die Stadt zu rechtfertigen, wo er sich schliesslich selbst als Ernst ausgibt. Sein Freund Algernon Moncrieff tut es ihm gleich und besucht seinen imaginären, sterbenskranken Freund «Bunbury» auf dem Land. Gerade der Klang des Namens «Ernst» lässt die junge Stadtdame Gwendolen Fairfax in Schwärmerei verfallen. Ebenso verliebt sich Jacks Mündel vom Land, Cecily Cardew, in dessen verruchten imaginären Bruder Ernst, der dann eines Tages in der Gestalt Algernons auf dem Landsitz erscheint. Der Name Ernst wird dabei für die beiden Damen zur Vorbedingung für Hochzeitsglocken.
Man kann es sich denken: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Jack und «Algies» Kartenhaus der «ernsthaften Bunburisierung» wegen Widersprüchen und unbeabsichtigten Begegnungen in sich zusammenstürzt. Und dann wäre da noch Tante Augusta, die Jack - einem Türsteher gleich - das Türchen in die eigene erlauchte Familie auch nicht aufstossen will.
Wilde'sche Überzeichnungen
Als Kernduo Jack und Algernon brillieren David Gnaegi und Christoph Stapfer. Tagesthema Nummer eins der beiden ist die holde Weiblichkeit. Stapfer bringt die Nonchalance und (bis zum Kennenlernen von Cecily) offen zur Schau getragene Argwohn gegenüber der Ehe bestens zum Ausdruck. Er lässt kaum eine selbst erfundene Lebensweisheit aus, die einem Abreisskalender entstammen könnte. Gnaegi mimt auf überzeugende Weise den schwer verliebten Junggesellen.
So wird gerade der Heiratsantrag an Gwendolen zum Hochgenuss an Wilde'scher Überzeichnung. Ebenfalls der fast zickenhaft ausgetragene Kampf zwischen Gwendolen und Cecily, zwischen Stadt und Land, in der Auffassung, das man sich einen «Ernst» nicht teilen kann. Gwendolen wurde glanzvoll und souverän gespielt von Tanja Krieg, die sich trotz schwerer Erkrankung nichts anmerken liess. Ebenso überzeugte die Verkörperung der Leichtgläubigkeit und der Schwärmerei Cecilies durch Dominique Lysser.
Helena Kountoudakis alias Tante Augusta mimt auf amüsante Art die Oberschichts-Dame, die aber gelegentlich auf «noblesse oblige» pfeift, wenn es pragmatisch erscheint. Züchtig und gekonnt kühl spielt Natalia Kurth Miss Prism, deren Knistern gegenüber dem Kanonikus Chasuble (Martin Krebs) man aber unschwer anmerkt. In überzeichnet robotergleicher Einsilbigkeit würzen die beiden Butler Lane (Gregor Wild) und Merriman (Dominik Stöckli) den Kreis der Figuren ab.
Weitere Aufführungen: Do, 28. Juni und Sa, 30. Juni, 19.30 Uhr. So, 1. Juli, 17 Uhr. Do, 5. Juli, 19.30 Uhr. Gespielt wird nur bei gutem (trockenem) Wetter.
Infos: www.mausefalle.ch