Amtsgericht Bucheggberg-Wasseramt
In Zukunft darf die Angeklagte nur noch sechs Katzen betreuen

Nach dem Grundsatz «Im Zweifel für den Angeklagten» wurde die Halterin von zwölf verwahrlosten Katzen vor dem Amtsgericht freigesprochen. Sie darf von jetzt an aber nur noch sechs Katzen betreuen.

Beatrice Kaufmann
Drucken
Betteln um Futter: 2012 wurden in einer Biberister Wohnung zwölf hungrige Katzen gefunden.

Betteln um Futter: 2012 wurden in einer Biberister Wohnung zwölf hungrige Katzen gefunden.

Themenbild/AZ

Es muss ein schreckliches Bild gewesen sein, das sich dem Veterinärdienst im Juli 2012 in einer Biberister Wohnung geboten hat. Nachbarn hatten diesen aufgrund des beissenden Gestanks beigezogen.

Rund zehn Katzen waren wohl seit Tagen sich selbst überlassen. Boden sowie Futtergeschirre seien mit «Glasscherben, Kotresten und Unrat stark verschmutzt» gewesen, hält der Dienst fest.

Die Tiere selbst «sehr hungrig und nahezu verdurstet». Am Mittwoch stand nun die Halterin Sofia G.* wegen vorsätzlicher Tierquälerei vor dem Amtsgericht Bucheggberg-Wasseramt. Wichtigste Zeugin: Claudia F.*, die die Katzen im fraglichen Zeitraum betreute, da G. ferienhalber in Portugal weilte.

Wie ging es den Tieren wirklich?

Die tragische Geschichte beginnt, als die gebürtige Portugiesin Sofia G. für einen Monat in ihre Heimat reist. Ihre Freundin, Claudia F., kennt die Katzen, hat sie schon einmal betreut. Damals sei alles gut gegangen, gibt G. zu Protokoll. So gab sie ihre Tiere auch dieses Mal in F.s. Obhut.

«Ich war jeden Tag bei den Katzen», sagt die Hauswartin vor Gericht. Danach gefragt, wie die Tiere trotz täglicher Fütterung und Reinigung in einem derart schlechten Zustand vorgefunden werden konnten, antwortet F. schnippisch: «So viele Katzen bei der Hitze alleine in einer Wohnung - da muss man sich nicht fragen, wie es so weit kam.»

Den Katzen sei es schon lange schlecht gegangen. Gemeldet habe sie dies nicht - in der Hoffnung, «dass wir es in den Griff bekommen». Dem Vorhalt, G. habe zu wenig Futter bereitgestellt, widerspricht sie allerdings.

«Den Katzen ging es gut», sagt hingegen Sofia G. Auch als sie am 10. Juli 2012 weggefahren sei. Die Wohnung selbst sei sauber gewesen und sie habe genügend Futter sowie Putzutensilien bereitgestellt. Für die Notdurft hätten rund zehn Katzenkisten bereitgestanden.

Die Fotos, die der Veterinärdienst zwölf Tage später aufgenommen hat, um die katastrophale Situation zu dokumentieren, kennt G. bereits. Als Richter Ueli Kölliker ihr diese ein weiteres Mal zeigt, ist die Tierliebhaberin sichtlich schockiert.

Fehler durch den Veterinärdienst?

Schockierend sind auch die weiteren Ausführungen der 46-Jährigen. In Portugal habe sie von der Kontrolle des Veterinärdiensts erfahren. Ihrer Meinung nach wurden aber nicht alle Tiere gefunden.

Telefonisch habe sie die Beamten daher mehrmals gebeten, noch einmal nach den Tieren zu suchen. Dem seien diese aber nicht nachgekommen. Auf wiederholtes Drängen habe die Polizei den Wohnungsschlüssel in G.s. Briefkasten deponiert. Ein Bekannter sei daraufhin in die Wohnung und habe die restlichen Katzen gefunden.

Ob diese Ausführungen stimmen oder nur eine Schutzbehauptung darstellen, dem hat sich das Amtsgericht nicht gewidmet. «Wir können nur prüfen, was in der Anklageschrift steht», sagt Gerichtsschreiberin Stéphanie Binder.

Der Veterinärdienst sei im vorangehenden Verwaltungsverfahren involviert gewesen, dort seien jedoch unterschiedliche Aussagen darüber gefallen, wer wen telefonisch nicht erreicht habe. Der Dienst sei aber zusammen mit der Polizei in der Wohnung gewesen.

Anwalt vermutet Falschaussagen

Um die Tiere zu pflegen, reichte «das Beaufsichtigen der Katzen durch eine Kollegin offensichtlich nicht aus», heisst es in der Anklageschrift. «Sonnenklar» ist für G.s. Anwalt Alexander Kunz hingegen, dass seiner Mandantin kein Vorwurf gemacht werden könne.

Den Aussagen von Claudia F. will er nur bedingt Glauben schenken. «Die Katzen müssen über Tage hinweg alleine gewesen sein.» Sein Verdacht: Die Hauswartin sei überfordert gewesen und habe die Katzen sich selbst überlassen.

Kunz' Antrag nach einem Freispruch kam das Gericht letztlich nach. Wegen des Grundsatzes «im Zweifel für den Angeklagten» führten die widersprüchlichen Aussagen der beiden Frauen - sie wurden sich selbst über die Anzahl der betroffenen Katzen nicht einig - zu einem Freispruch.

Das Gesetz regle nicht, wie viele Pflegeeinheiten bei einer solchen Menge an Tieren nötig sind, so Richter Ueli Kölliker. Futter war nachweislich genug vorhanden. Damit könne G. einzig die mangelhafte Beaufsichtigung von Claudia F. zur Last gelegt werden.

Kölliker unterliess es aber trotz Freispruch nicht, G. einige mahnende Worte mit auf den Weg zu geben. «Das ist kein Freipass. Sie können nicht mehr so viele Katzen halten, wie sie wollen.» In Zukunft dürfen maximal sechs Tiere in der Wohnung der Portugiesin leben.

Das Verfahren gegen Claudia F. laufe noch, so die Gerichtsschreiberin Stéphanie Binder. Der Behauptung G.s., der Veterinärdienst habe sich selbst der Tierquälerei schuldig gemacht, gehe das Amtsgericht vorläufig nicht nach.

*Namen geändert