Oensingen
Wer soll die Gemeinde führen? Sechs Fragen an die drei Kandidaten

Fabian Gloor (CVP), Theodor Hafner (FDP) und Georg Schellenberg (SVP) kämpfen am 23. April um das Gemeindepräsidium von Oesningen. Nun beantworten die Kandidaten sechs Fragen über Gemeindeplanung, ihre Finanzpolitik und was sie für das Amt mitbringen.

Erwin von Arb
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Fabian Gloor (27), Theodor Hafner (64) und Georg Schellenberg (76)

Fabian Gloor (27), Theodor Hafner (64) und Georg Schellenberg (76)

zvg

Warum sollten Sie am 23. April zum Gemeindepräsidenten von Oensingen gewählt werden? Was zeichnet Sie für dieses Amt aus?

Fabian Gloor: In den vergangenen sechs Jahren habe ich als Gemeinderat mit Freude und vielfältigem politischem Einsatz meine Fähigkeiten unter Beweis gestellt. Zusammen mit meiner Ausbildung, meinem beruflichen Hintergrund, meinen Führungs- und Motivationsfähigkeiten bringe ich das Rüstzeug mit, um das Amt des Gemeindepräsidenten verantwortungsvoll zu übernehmen. Als gewählter Kantonsrat und möglicher Gemeindepräsident wäre ich zudem in der Lage, Oensingen und unsere Anliegen noch wirkungsvoller zu vertreten.

Theodor Hafner: Meine Lebenserfahrung trifft auf den klaren Bedarf von Oensingen. Denn nach jahrelangen unklaren Führungsstrukturen braucht Oensingen eine starke Hand, einen Leader, der Mitarbeiterführung nicht nur aus dem Lehrbuch kennt. Meine dreissigjährigen Führungserfahrungen in grossen und globalen Teams treffen hier ins Schwarze. Meine Fähigkeit, mich sehr schnell in komplexe Gebiete einzulesen und meine Erfahrung in konzeptioneller Analyse wird der Gemeinde einen grossen Nutzen bringen.

Georg Schellenberg: Meine langjährige Erfahrung. Ich bin seit 20 Jahren Gemeinderat, davon 8 Jahre Gemeindepräsident in Zell ZH und 12 Jahre sass ich im Kantonsrat in Zürich. Seit 2007 bin ich Gemeinderat in Oensingen. Weiter kann ich Erfahrungen als gelernter Maschinenschlosser, kaufmännischer Angestellter und Kantonspolizist sowie Weiterbildungen im Immobilien- und Treuhandbereich und als Softwareprogrammierer einbringen.

Die Gemeinde ist in den letzten zehn Jahren in Bezug auf die Einwohnerzahl markant gewachsen und muss nicht zuletzt auch deshalb neuen Schulraum schaffen. Soll dieses Wachstum auch künftig ungebremst weitergehen?

Gloor: Viele Entscheide haben erst sehr langfristige Effekte. In der aktuellen Ortsplanungsrevision ist ein deutlich geringeres Wachstum vorgesehen. Diese Strategie möchte ich gerne auch in Zukunft verfolgen. Oensingen soll und darf sich entwickeln, aber das Wachstum soll qualitativ sein.

Hafner: Die Einwohnerzahl der Gemeinde wird in den folgenden Jahren eher nur noch leicht ansteigen respektive stagnieren, man geht von einer Einwohnerzahl von 7500 Menschen aus. Es ist wichtig, dass auch in Zukunft dem Landverbrauch Sorge getragen wird, zum Beispiel durch verdichtetes Bauen. Verbesserungen an Bestehendem, zugunsten eines familienfreundlichen Dorfes und Optimierungen in Bezug auf unser Ortsbild, den Verkehr, oder die Infrastruktur, müssen klar Vorrang vor Neubauten haben.

Schellenberg: Das Wachstum einer Gemeinde wird durch die Raumplanung und bauwillige Grundeigentümer bestimmt. Die Weichen für das heutige Wachstum wurden vor 15 bis 20 Jahren gestellt. Wir können Bauherren nicht daran hindern, ihr Bauland zu überbauen. Zurzeit sind wir mit der Revision der Ortsplanung beschäftigt. Dabei geben Kanton und Bund vor, dass keine neuen Flächen eingezont werden dürfen. Trotzdem werden wir in den nächsten Jahren wachsen, wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen.

Oensingen steht finanziell auf gesunden Beinen. Finden Sie den eingeschlagenen Kurs in der Finanzpolitik richtig und müssten nicht auch die Einwohner mit tieferen Steuern (derzeit 107 Prozent) von der komfortablen Situation profitieren?

Gloor: Sofern es die finanziellen Möglichkeiten erlauben, setze ich mich seit je für Steuerentlastungen ein. Gegenwärtig sind, wie beim Budget 2017 erwähnt, die Herausforderungen und Unsicherheiten beim Steuerertrag sowohl bei den juristischen als auch natürlichen Personen aber zu gross, um jetzt Versprechungen machen zu können. Die steuerbaren Ausgaben sind ständig zu hinterfragen und wo möglich zu optimieren.

Hafner: Wir müssen in Oensingen klar mehr Sorge zum Steuerfranken tragen. Es kann nicht sein, dass wir Gemeindefahrzeuge durch neue ersetzen, welche ein Vielfaches der zu ersetzenden Fahrzeuge kosten. Oft wurden Projekte nur zu 80 Prozent angedacht, die Umsetzungs- und Wartungskosten wurden meistens nicht aufgezeigt und auch nicht durch die Finanzverantwortlichen moniert.

Schellenberg: Oensingen ist nicht in einer komfortablen Situation bezüglich Finanzen. Wir haben im Kanton zurzeit einen moderaten Steuerfuss, aber die auf uns zukommenden Aufgaben werden nicht eine Senkung, sondern eine Steuererhöhung verursachen. Das Budget 2017 weist ein Defizit von fast 700 000 Franken aus. Solche Defizite können wir künftig nicht mehr mit Eigenkapital abdecken. Zudem bezahlen wir im Jahr 2017 1 268 200 Franken in den Finanz- und Lastenausgleich der Gemeinden.

Wie schätzen Sie die Entwicklung der Oensinger Industriezone ein und inwiefern muss die Gemeinde auf das weitere Wachstum Einfluss nehmen?

Gloor: Oensingen ist ein starker Wirtschaftsstandort und soll dies weiterhin bleiben. Die Herausforderung der nächsten Legislatur wird sein, die laufenden Ausbauprojekte rasch voranzutreiben, und dank mehr Dienstleistungsbetrieben einen gesunden Branchenmix zu erreichen. Um langfristig Einfluss zu nehmen, ist die gemeinsame Festlegung der Standortpolitik des neuen Gemeinderats notwendig, welche ich forcieren möchte.

Hafner: Es ist wichtig, mit den grossen Steuerzahlern in Kontakt zu bleiben. Eine Diversifizierung in Betrieben muss unterstützt werden. Dies ermöglicht nachhaltige Steuereinnahmen, ohne ein Branchenrisiko einzugehen. Wichtig ist auch die Ansiedlung von Gewerbe, von dem Oensingen direkt profitieren könnte. Sicher sind auch Ideen Alteingesessener vorhanden, die umgesetzt werden könnten. Hier heisst es zuhören, es muss nicht alles neu erfunden werden.

Schellenberg: Hier gilt das Gleiche wie bei den Wohnzonen.

In welchen Bereichen gibt es in Oensingen Handlungsbedarf und wie wollen Sie diesen angehen?

Gloor: Politisch haben Verkehrsentlastungen sowie eine aktive Standort- und Wirtschaftspolitik bei mir Priorität. Gemeindeintern halte ich eine umfassende Diskussion zur strategischen Ausrichtung für notwendig, welche aufgrund der starken Dynamik etwas in den Hintergrund trat. Die zahlreichen Herausforderungen benötigen eine intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten. Dabei kommt dem Gemeindepräsidenten die Vorbild-, Führungs- und Motivationsrolle zu, die ich mit grosser Freude übernehmen würde.

Hafner: Den grössten Handlungsbedarf sehe ich bei den Finanzen. Zu viele Steuergelder sind ausstehend und es werden jedes Jahr mehr. Zudem dürfen die stetig steigenden Sozialausgaben nicht einfach so hingenommen werden. Wir müssen uns in beiden Themen aktiver einbringen und zudem Prozesse von Kesb und Sozialamt genau hinterfragen. Untersuchungen durch teure Drittfirmen müssen vermieden werden. Kurz, der Hebel ist nicht primär bei Sozialhilfeempfängern anzusetzen, sondern bei den Amtsstellen selber.

Schellenberg: Zurzeit stehen viele Projekte an wie etwa der Schulhausneubau, die Wasserversorgung (Pumpwerk Moos), der Abschluss und Vollzug der Ortsplanung, der Werkhof, die Gestaltungspläne von diversen grösseren Bauvorhaben, der Sechsspurausbau der Autobahn verbunden mit den lokalen Strassen, die Friedhofsanierung und natürlich die Finanzen. Wie man das angehen soll? Suchen und finden von sinnvollen und pragmatischen Lösungen mit den jeweiligen Partnern und vor allem mit einer positiven Haltung an die Arbeit gehen.

Was würden Sie als Erstes ändern, wenn Sie als Gemeindepräsident gewählt würden?

Gloor: Als einen der ersten Schritte möchte ich die Gemeindeversammlung attraktiver gestalten, damit die Lokalpolitik lebendiger wird. Zusätzlich würde ich gerne in meinen allfälligen ersten Amtswochen jede operative Tätigkeit unserer Mitarbeiter erleben oder selbst Hand anlegen, weil nur durch operatives Verständnis auch die richtigen strategischen Entscheide gefällt werden können. Ganz generell würde ich versuchen, den Fokus der Gemeinde noch stärker auf das Strategische zu richten.

Hafner: Ich würde ein einfaches Bewertungssystem einführen. Dieses bestünde aus zehn Fragen, welche jeden grösseren Ausgabeposten hinterfragen würde. «Ist es eine zwingende Ausgabe?» «Wurde eine alternative Lösung gefunden?» «Welche Konsequenzen hat ein Verzicht?» etc. Mit solchen Fragen könnte viel Geld gespart werden. Als Organisationsexperte wäre mir zudem wichtig, alle Stellenbeschriebe und Aufgaben der Gemeinde zu studieren und mit der neuen Verwalterin kritisch zu hinterfragen.

Schellenberg: Ein Gemeindepräsident hat keine Sondervollmachten. Natürlich kann ein Präsident wegweisend wirken, das aber immer in Zusammenarbeit mit dem
Gesamtgemeinderat.