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Für das Projekt «Leben wie vor 500 Jahren» traten fünf Familien zum SRF-Casting an – eine davon aus Kestenholz.
Wer möchte schon leben wie vor 500 Jahren? Ohne Strom, ohne fliessend Wasser, ohne moderne Annehmlichkeiten? Nun, solche Leute gibt es. Etwa die sechsköpfige Familie Dietschi aus Kestenholz: Nicole (45) und Christoph (47) mit den vier Kindern Katja (16), Simon (14), Maurin (11) und Ladina (8).
Neben vier weiteren Familien aus den Kantonen Bern, Zürich und Appenzell-Ausserrhoden nahmen sie am Sonntag am Casting für das Living-History-Projekt «Leben wie vor 500 Jahren» teil, das im Sommer im Rahmen der SRF-Sendung «Schweiz aktuell» ausgestrahlt wird. Aus 25 Bewerbungen schafften sie es in die engere Wahl. Während dreier Wochen wird eine der Familien von Mitte Juli bis Anfang August ins Reformationsjahr 1517 zurückversetzt und in einem nachgebauten Bauernhaus wie aus dem 16. Jahrhundert wohnen und arbeiten (wir berichteten). Und zwar an einem Hang nur wenige Meter nördlich von Schloss Neu-Bechburg in Oensingen.
Das Casting fand denn auch direkt auf der Neu-Bechburg statt. Drei Posten galt es für jede der Familien zu absolvieren: eine Vogelscheuche bauen, Nahrungsmittel von damals erkennen und Lein zu Flachs verarbeiten. Im Vorratsraum der Neu-Bechburg reihen sich auf einer langen Holztafel Schälchen und Flaschen verschiedenen Inhalts aneinander: Zitrusfrüchte? Nein, die waren damals noch nicht erhältlich. Bier? Sicher doch, die Flasche wird in den Korb gepackt. Auch der Laib Brot und die getrockneten Apfelringe gesellen sich zum Lebensmittelvorrat. Die Tomaten hingegen lässt Familie Dietschi links liegen, die kannte man damals in der Schweiz noch nicht.
«Als wir vom Projekt hörten, dünkte uns das eine tolle Herausforderung», sagt Christoph Dietschi, der beim Amt für Umwelt des Kantons Solothurn arbeitet, bald aber als Bauer amtieren möchte. Und Kindergärtnerin Nicole Dietschi ergänzt: «Selbst in dieser Zeit zu leben ist eine bessere Erfahrung als jedes Buch, das man liest.» Sie sei historisch sehr interessiert und ein Naturmensch, sagt sie, die selbst schon z’Alp war und dort Geissen melkte und Käse herstellte. Beide sehen den Reiz auch darin, drei «intensive» Wochen gemeinsam als Familie zu meistern. Auch die Kinder scheinen sich auf die Erfahrung zu freuen: «Es wäre mal etwas anderes als die typischen Sommerferien», meint die 16-jährige Katja.
Draussen, im Hof von Neu-Bechburg, wartet schon die nächste Aufgabe auf Familie Dietschi: Aus getrockneten Leinpflanzen soll Flachs entstehen. Die Emmentalerin Marlis Dürst zeigt, wie man die Stängel auf dem Ofen trocknet und anschliessend in der Breche quetscht. Der holzige Teil wird so rausgeschlagen, übrig bleiben die Fasern. Dietschis machen grosse Augen. Im Sommer müssten sie selbst aber keinen Flachs herstellen.
Dafür jedoch zwei Äcker bearbeiten, die Ernte einbringen und sich selbst versorgen. Sie hoffen, zu den Auserwählten zu gehören. Dies steht Anfang Juni fest. Neben der Bauernfamilie wurden auch 32 Pilger gecastet, zwei davon aus dem Kanton Solothurn, fünf aus dem Kanton Aargau. Sie werden zu fünft, parallel zur Geschichte der Bauernfamilie, während zweier Wochen von Basel nach Lausanne pilgern.