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Solothurn
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In Balsthal ist in der Silvesternacht die Schreinerei Rütti AG vollständig abgebrannt. Ein Schock für die Familie Rütti, die seit 1886 in Besitz der Sagi ist. Der Schaden geht in die Millionen – und es sind mehr Geschädigte.
Am Donnerstagabend, 31. Dezember 2015, um elf Uhr nachts erhellte sich der Nachthimmel von Balsthal feuerrot. Schon von weitem sah man: Da brennt es irgendwo, wahrscheinlich mitten im Dorf.
Tatsächlich ging bei der Kantonspolizei Solothurn kurz vor 23 Uhr die Meldung ein, dass in Balsthal die Schreinerei Rütti AG brennt. Beim Eintreffen von Polizei und Feuerwehr stand ein Teil der Holzgebäude bereits in Vollbrand. Die Feuerwehr Balsthal, welche in der Folge durch weitere Feuerwehren unterstützt wurde, begann unverzüglich mit dem Löscheinsatz.
Trotz allen Bemühungen konnte sich das Feuer rasch auf den ganzen Gebäudekomplex ausbreiten. Die Schreinerei brannte vollständig aus. Eines nach dem andern fielen die Holzgebäude in sich zusammen. Doch dank dem taktisch richtigen Vorgehen der Feuerwehr gelang es, ein Übergreifen des riesigen Feuers auf das angrenzende Wohnhaus und weitere umliegende Gebäude zu verhindern. Verletzt wurde bei diesem Grossereignis niemand. Zum Glück herrschte auch Windstille an diesem Abend.
Gemäss ersten Erkenntnissen dürfte ein Gesamtschaden von mehreren Millionen Franken entstanden sein, schreibt die Polizei Kanton Solothurn in einem Mediencommuniqué vom Samstag. Die Brandursache sei derzeit noch unbekannt.
Spezialisten der Brandermittlung seien derzeit vor Ort und untersuchten die Brandstätte. «Es wird sicher noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bis die Brandursache geklärt ist», sagte gestern Bruno Gribi, Sprecher Polizeikommando Kommunikation und Medien. 160 Einsatzkräfte der Feuerwehren Balsthal, Oensingen, Mümliswil, Niederbipp, Aarwangen und Langenthal sowie einige Polizeibeamte und zwei Ambulanzen verbrachten den Jahreswechsel auf dem Unglücksplatz.
Auch am Neujahrstag qualmte die Brandstelle noch den ganzen Tag lang. Ein Bagger war vor Ort, um das verkohlte oder teilweise noch glimmende Holz auseinanderzunehmen. Sofort wurde es dann von Feuerwehrmännern mit Wasser richtiggehend getränkt. Zahlreiche Schaulustige nutzten diesen ersten Tag des Jahres, um sich selbst ein Bild vom Ausmass der Zerstörung machen zu können. Auf der Hauptstrasse, die am Brandplatz vorbeiführt, bildeten sich immer wieder kleinere Staus.
Max Rütti, der Besitzer der Rütti AG Max Rütti, der Besitzer der Rütti AG und der entsprechenden Liegenschaften, war kurz telefonisch zu einer Stellungnahme bereit. Er sei zunächst froh, dass keine Personen bei dieser Tragödie zu Schaden gekommen seien. «Das ist der professionellen Arbeit der Feuerwehr zu verdanken, die unter schwierigen und gefährlichen Bedingungen eine bemerkenswerte Arbeit geleistet hat.»
Sogar zwei Tiere konnten gerettet werden. Hörbar unter Schock meinte Rütti noch: «Es ist traurig mit anzusehen, dass das, was drei Generationen meiner Familie tagtäglich aufgebaut haben, innert einer Nacht zugrunde geht.» Glück im Unglück sei, dass sein nebenstehendes Wohnhaus sowie das Büro von Feuer und Wasserschaden verschont werden konnten. Dies ebenfalls dank dem professionellen Feuerwehreinsatz.
Leid tue es ihm um seine Mieter, die teilweise erst vor wenigen Monaten eingezogen seien und ihre Geschäfte in seiner Liegenschaft in Angriff genommen hätten. Unter ihnen beispielsweise auch ein junges Paar aus Langenthal, welches eine Textilreinigung in den Rütti-Liegenschaften betrieb. Am Silvesterabend kamen sie, aufgeschreckt von Fotos, geschickt durch Balsthaler Bekannte, zum Brandplatz und mussten mit ansehen, wie ihr Geschäft zugrunde ging. Eines ist aber sicher: Balsthals Dorfkern wird nie mehr sein, wie er war.
Geschichte der Sagi in Balsthal
Bereits in den Jahren 1418 bis 1440 wurde am Standort der Sägerei Rütti eine «Sagi zu Ballstall» betrieben. Bis zur Ära der Rütti-Sägerei werden elf weitere Sagi-Besitzer erwähnt. 1886 erhielt Zimmermeister Bernhard Rütti nach einer Konkurssteigerung den Zuschlag für das Sägerei- und Zimmereigeschäft. 1908 übernahm sein Neffe Adolf Rütti den Betrieb. Dessen Söhne Willy und Paul erweiterten den Betrieb und gründeten 1936 die Aktiengesellschaft Adolf Rütti AG. 1948 zählte die Firma 40 Mitarbeiter. 1958 übernahm die Rütti AG die Bau- und Möbelschreinerei Benedikt Rütti AG. Diesem Zusammenschluss vorangegangen war eine Serie von Brandstiftungen zum Schaden der Benedikt Rütti AG. In den Sechzigerjahren übernahm Adolf Rütti jun. die Rütti AG und kämpfte gegen Strukturprobleme an. 1973 trat sein Bruder Max in die Firma mit ein und zwei Jahre später wurde eine Fensterproduktionsanlage in Betrieb genommen. Adolf Rütti verliess die Firma und ab 1990 begann der Aufbau des Bereichs «Türen». 2006 wurde die Fensterproduktion eingestellt. Ende September 2015 entschlossen sich Max und Lisa Rütti-Sieber, die bisherige Firma aufzugeben und die Rütti AG als Immobiliengesellschaft weiter zu führen. (frb)