Der Solothurner Chirurg Lukas Meier schreibt in einem offenen Brief gegen den umstrittenen Arzt und Psychotherapeuten Samuel Widmer an – und dieser hält dagegen.
«Ich bin überzeugt, dass Sie mit Ihrem jetzigen Vorhaben den grössten Teil der Gesellschaft (der Ärztinnen und Ärzte des Kantons Solothurn, Anm. d. Red.) vor den Kopf stossen.» Das schreibt Lukas Meier, Facharzt für Chirurgie am Kantonsspital Olten und Co-Präsident der Solothurner Ärztegesellschaft. Und zwar in einem offenen Brief an den Arzt und Psychotherapeuten Samuel Widmer sowie «die Anhänger der Kirschblütensekte». Diese haben letzte Woche publik gemacht, dass sich namentlich die Ärzte und Psychologen unter ihnen zunehmenden Problemen auf dem Arbeitsmarkt gegenübersehen – und aus diesem Grund eine Demonstration in Solothurn angekündigt.
«Äusserst sensibles Fachgebiet»
«Mit der Abgabe einer Petition gegen das vermeintliche Mobbing und einem Demonstrationszug durch die ehrwürdige Altstadt von Solothurn geben Sie sich und ihre Anhänger der Lächerlichkeit preis», hält Meier nicht mit Kritik an seinem Arztkollegen Widmer zurück, der wie er Mitglied der Gesellschaft der Ärztinnen und Ärzte des Kantons Solothurn (Gaeso) ist. Und: «Es ist tatsächlich so, dass das Gedankengut und die Praxis von Samuel Widmer mit den Wertvorstellungen und der geltenden Standesordnung der Ärzteschaft nicht vereinbar sind.» Damit nimmt Meier die Worte von Daniel Bielinski auf, Vizepräsident der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (SGPP), die dieser letzte Woche gegenüber dieser Zeitung geäussert hat. Nur eben, so Meier, «wo kein Kläger, ist kein Richter.» Bisher habe es noch nie Klagen von Patienten gegen die Widmerschen Therapien gegeben, muss Meier gestehen. Auch das kantonale Gesundheitsamt konnte keine Unregelmässigkeiten beobachten.
Der Brief stelle zwar seine persönliche Meinung dar, trotzdem schreibe er «vor allem» als Co-Präsident der Gaeso, unterstreicht Meier. Das, nachdem vergangene Woche der andere Co-Präsident der Gaeso, Florian Leupold, im Gespräch mit dieser Zeitung kein kritisches Wort gegen Samuel Widmer verlauten liess. In seinem offenen Brief unterstreicht Lukas Meier, dass es sich ein staatlicher Betrieb wie die Psychiatrischen Dienste der Solothurner Spitäler AG (soH) nicht leisten könne, «Anhänger einer dermassen umstrittenen Gemeinschaft anstellen zu müssen». Die Psychiatrie sei «ein äusserst sensibles Fachgebiet» und insbesondere der verantwortliche Chefarzt einer psychiatrischen Klinik müsse sich an wissenschaftlich abgestützte Therapieformen halten. Als privat praktizierende Ärzte indes dürften Mitglieder der Kirschblüten-Gemeinschaft ihre Überzeugungen ausleben, solange sie eine Berufsausübungsbewilligung des Kantons besitzen würden.
Verleumdungsklagen angedroht
Der offene Brief von Lukas Meier, den dieser an sämtliche Mitglieder der Gaeso verschickt hat, bleibt aufseiten der Kirschblütengemeinschaft nicht unbeantwortet. Allen voran äusserte sich Samuel Widmer – ebenfalls in einem offenen Brief – zu den erhobenen Vorwürfen. «Glauben Sie wirklich, ich würde seit über 25 Jahren ohne jede Klage im Kanton Solothurn praktizieren, wenn ich Probleme im Umgang mit Nähe und Distanz hätte, wenn ich tatsächlich gegen die Standesordnung verstossen würde?» Es sei doch sehr «eigenartig», wenn sich Fachkollegen in ihren Urteilen auf die «Gerüchteküche oder die unsachlichen Berichte der Medien» abstützen. «Deshalb habe ich mich als friedliebender Mensch auch schweren Herzens entschlossen, in Zukunft wegen Verleumdung gegen Kollegen vorzugehen, die Diffamierendes über mich verbreiten.»