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Eine verschärfte Rechtslage zwingt die Stadt Solothurn dazu, eine permanente Badeaufsicht am Aareufer zu platzieren. Sonst könnte sie bei einem Badeunfall in der Aare haftbar gemacht werden.
In der zweiten Junihälfte erreicht die Aare jeweils 18 bis 20 Grad und an heissen Tagen kühlen sich Hunderte von Badegästen entlang des 250 Meter langen «Badi»-Ufers ab. Doch nun hat die Stadt Solothurn als Schwimmbad-Eigentümerin ein Problem. Gaston Barth, Leiter Rechtsdienst: «Gemäss einem neuen Bundesgerichtsentscheid kann die Stadt als Grundeigentümerin bei einem Badeunfall in der Aare haftbar gemacht werden. Dies, weil sie Eintritt verlangt, also für ein Entgelt eine gewisse Sicherheit auch in der Aare suggeriert.»
Da die Stadt Treppen als Einstiegshilfen, drei Stege sowie Flosse auf der Aare unterhält, stelle sie auch den Badenden eine gewisse Infrastruktur zur Verfügung. Unter diesem Aspekt genügten die bisherigen Hinweisschilder, das Baden in der Aare erfolge auf eigenes Risiko, nicht mehr, meinten sowohl der Rechtsdienst wie das Stadtbauamt als behördlicher Betreiber der «Badi». Ausser, man verlange keinen Eintritt (mehr), wie beispielsweise das berühmte Berner Marzili-Bad, in dessen reissendem Aarelauf sich viele wagemutige Schwimmerinnen und Schwimmer austoben – ohne dass das Bad haftbar wäre.
«Dann wäre die Badi tot»
Nun, Umfragen bei anderen, eintrittspflichtigen Schwimmbädern mit Fluss- oder Seeanstoss sowie der Beizug der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) für ein Gutachten bestätigten eines: So wie bisher konnte es nicht weitergehen. «Wir müssen neu eine permanente Aufsicht des Aareraums während der Öffnungszeiten garantieren», so der Schluss für Gaston Barth wie auch Andrea Lenggenhager, Leiterin Stadtbauamt. «Sonst hätten wir den Zugang zur Aare absperren müssen», meint sie – ihr wie Barth ist allerdings bewusst: «Dann wäre die Badi tot.»
Die Sicherheit in der Aare ist ein Dauerthema. So wurden in den letzten Jahren grosse Warntafeln angebracht, eine Alarmsäule in der Mitte des Aarebereichs montiert und vor allem mit einer Bojen-Absperrung unvorsichtige Schwimmer an einer zu grossen Annäherung an die Aare-Kursschiffe gehindert. Baulich wurden die beiden Betonstege ihrer Auftreppungen beraubt, weil die beliebten Sprungpodeste ein Risiko durch unbedachte «Jumper» bedeuteten.
Ertrunken sei in seiner 20-jährigen Laufbahn als Badmeister niemand in der Aare vor der «Badi», so Chefbadmeister Alex Inglin. Ein 82-Jähriger, der allerdings nicht mehr hätte in der Aare schwimmen sollen, bekam dagegen Probleme und musste geborgen werden. Das grösste Badeunglück aller Zeiten ereignete sich noch in der alten «Badi», als das Frauen- und Männerbad zwei völlig getrennte, schwimmende Gebäudekomplexe unterhalb der heutigen Anlage waren. Am 25. Juli 1921 warteten rund 30 Kinder auf dem Steg zum Frauenbad auf den Einlass, als kurz vor 14 Uhr die kleine Holzbrücke unter der Last einbrach. Die Kinder stürzten vier Meter tief in die Aare, neun Mädchen und ein Knabe ertranken. 1926 wurde der Bau der neuen (heute alten) Badi an der Urne knapp abgesegnet, 1927 der damals immer noch nach Geschlechtern getrennte Komplex eröffnet. Die Baukosten beliefen sich auf 372000 Franken. (ww)
Gehen doch viele Gäste nur in der Aare schwimmen, weil die ideale Distanz mit den bequemen Treppen, Stegen und Ausruh-Plattformen im Fluss lockt. «Die Aufsicht ist auch mit Hilfspersonal möglich», betonen aber beide, und so soll nach einem GRK-Beschluss nicht nur zusätzliches Hilfspersonal, sondern auch ein zusätzlicher fünfter Chefbadmeister angestellt werden. Dies nicht zuletzt auch wegen der neu bei gutem Wetter bis 21 Uhr verlängerten Badi-Öffnungszeiten im Hochsommer.
Aufsicht auf dem Hochsitz?
Die Aare-Aufsicht, damit im Haftungsfall die Stadt aus dem Schneider ist, stösst bei Chef-Badmeister Alex Inglin zwar auf Zustimmung, aber auch eine gesunde Portion Skepsis. «Die Überwachung der Aare ist nur punktuell möglich, aber wir müssen diese Saison Erfahrungen sammeln.» Die Länge des Aareufers, aber auch der an heissen Tagen den Einsatz behindernde «Fleischmäret» in und an der Aare sind für ihn die Knackpunkte. «Wir müssten zwei zusätzliche Alarmsäulen zu derjenigen in der Mitte haben», glaubt Inglin, der sich auch einen Hochsitz auf dem Badi-Kiosk für eine bessere Rundumsicht vorstellen können. Die Aufsicht sei tatsächlich auch durch Hilfspersonal möglich, das einen Lebensretter-Ausweis gemacht und einen Herzmassagekurs absolviert haben muss.
Wohl verfügt Inglins vierköpfiger Badmeistertrupp schon über zehn Hilfspersonen, «doch die haben alle einen Job und sind erst abends oder am Wochenende verfügbar». Bei der jetzigen Ausdehnung der Präsenzzeiten brauche er aber Personal über den Mittag, damit seine Leute auch ausreichend Pause machen könnten. Und klare Vorstellung, wie das Hilfspersonal beschaffen sein sollte, hat Alex Inglin auch: «Kräftige männliche Wesen wären erwünscht!»