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Die Sozialen Dienste der Stadt Solothurn wehren sich gegen den Vorwurf, mehr Einnahmen als Ausgaben im Asylbereich generiert zu haben.
Der Vorwurf ist happig: In den vergangenen Jahren soll die Stadt Solothurn in den Bereichen der Asylbewerber- und Flüchtlingsbetreuung deutlich mehr Geld von Bund und Kanton entgegengenommen haben, als dann effektiv ausgegeben worden ist. Dies zumindest behauptet ein offener Brief von 45 Personen aus Stadt und Region.
Erstunterzeichner und Initiant ist Christian Baur, bekannt für seine wiederholten Vorstösse an vergangenen Gemeindeversammlungen. Bei diesen war er jeweils mit diversen Anliegen gescheitert: Einerseits sollte sich die Stadt dazu verpflichten, mehr Asylsuchende aufzunehmen, als es das Aufnahme-Soll vorsieht. Andererseits wollte er finanzielle Mittel für den Budgetposten «Hilfsaktionen im Ausland» mobilisieren.
Mit dem aktuellen Vorwurf gingen er und seine Mitstreiter und Mitverfasser den Weg einer Unterschriftensammlung, die er an die Sozialen Dienste richtete. Als Beleg beigefügt sind Ausschnitte aus vergangenen Laufenden Rechnungen.
Unter dem Rechnungsposten «Asylbewerberbetreuung» wird für die Jahre 2014 bis 2017 ein Plus von knapp 660'000 Franken aufsummiert, dem einzig im Jahr 2017 ein Minus von knapp 34 000 Franken gegenübersteht. Macht nach Adam Riese 626'000 Franken, die die Stadt mit Bundes- und Kantonsbeiträgen eingenommen haben soll.
Als «irritierend und beschämend» wird dieses Vorgehen im Schreiben bezeichnet. «Das ist für uns angesichts der ohnehin ausserordentlich guten finanziellen Situation der Stadt Solothurn nicht nachvollziehbar.» Die Gruppe hält es nicht für vertretbar, wenn sich die Stadt auf Kosten der betroffenen Menschen bereichere.
«Nicht nur der Kanton, sondern auch die Stadt Solothurn erweckt den Eindruck, dass beim Umgang mit Asylsuchenden und Flüchtlingen in erster Linie der ökonomischste Umgang mit den Ressourcen und nicht das Wohl der Menschen im Zentrum steht», so der Vorwurf. Für die Gesellschaft sei das Interesse vorrangig, dass Asylsuchende und Flüchtlinge rasch Teilhabe fänden, womit sich auch die berufliche Integration leichter gestalten solle. «Kurzfristige Sparziele auf kantonaler wie kommunaler Ebene stehen diesem Ziel im Weg.»
Konfrontiert mit den Vorwürfen von Baur und den Mitunterzeichnenden, äussert sich Domenika Senti als Leiterin der Sozialen Dienste. Sie betont: «Die Annahme, wonach sich die Stadt Solothurn an Einnahmen aus dem Asylbereich bereichern könnte, ist nicht zutreffend.» So werde der gesamte Asylaufwand an mehreren Rechnungspositionen abgebildet und nicht nur an der kritisierten Stelle unter dem Punkt «Asylwesen». Dort seien wohl zwar die Gesamterträge enthalten, nicht aber alle Aufwendungen. «Es sind dies zum Beispiel Infrastruktur- oder übergeordnete Personalkosten», erklärt Senti.
Die Dienststelle Asylwesen weise alleine in der Rechnung 2018 einen Nettoaufwand von rund 0,2 Mio. Franken aus. Auch erläutert Senti Änderungen des Systems, die eine Auslegeordnung erschweren. Während bis Ende 2015 Kosten und Auslagen auf der Basis bestehender Richtlinien mit dem Kanton effektiv abgerechnet wurden, gilt ab 2016 für Personen mit Asylstatus eine Monatspauschale in der Höhe von 820 Franken.
Diese soll sämtliche Aufwendungen für Kost und Logis, Integration, Mobilität, Zulagen oder Gesundheitskosten abdecken. Gerade die Kosten für Integration und Gesundheitsausgaben steigen laut Senti aber kontinuierlich. Zahnsanierungen oder Therapien schlagen sich zeitverzögert in der Rechnung nieder. Und Aufwendungen für Planung, Support oder stationäre Behandlungen werden unter anderen Kostenstellen erfasst, so die Leiterin der Sozialen Dienste.
Punktuell nimmt Senti insbesondere Bezug auf die Laufende Rechnung von 2014. Damals standen unter dem kritisierten Rechnungsposten 1,165 Mio. Franken Ausgaben 1,621 Mio. Einnahmen gegenüber, was einem Plus von rund 467'000 Franken entspricht.
Diese Kumulation sei laut Senti darauf zurückzuführen, dass auf Weisung der kantonalen Rechnungslegung auch noch ein Halbjahr der Vorjahresrechnung aufgenommen worden sei. Ab 2015 seien hingegen jeweils wieder zwei Semester erfasst. «Die Korrekturbuchungen wurden sowohl im Verwaltungsbericht als auch zweimal an der Gemeindeversammlung erläutert.»
Wenig zufrieden zeigt sich über die Antwort der Sozialen Dienste auf Anfrage Christian Baur: «Man kann nicht einfach ins Blaue hinaus irgendwelche Kosten erwähnen, ohne sie deutlich zu beziffern und transparent zu machen, wo diese aufgeführt sind.» Demgegenüber wird seitens der Sozialen Dienste versichert, dass die Stadt allen hilfesuchenden Menschen respektvoll und professionell begegne.
«Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass sich nicht alle Wünsche, Erwartungen und Visionen der zugezogenen Menschen erfüllen», so Senti weiter. «Wir sehen es als unsere tägliche Aufgabe, immer im Rahmen unserer rechtlichen Möglichkeiten, Menschen in diesem herausfordernden und anspruchsvollen Prozess zu begleiten und zu unterstützen.»