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2020 soll es Solothurn seit 2000 Jahren gegeben haben. Dieses Stadtjubiläum soll gefeiert werden. In welcher Form ist allerdings noch völlig offen.
Eine exakte Wissenschaft ist sie nicht, die Solothurner Stadtgeschichte. Denn eine schriftliche Urkunde zur Gründung von Solothurn existiert nicht, wie in den mittelalterlichen Städten. Aber alles spricht dafür, dass der Stadtboden seit den Anfängen eines römischen Vicus ständig besiedelt gewesen ist. Und da die ältesten römischen Keramikscherben im damaligen Salodorum einer Fertigungsphase zwischen 15 und 25 n. Chr. zugeordnet werden können, ist es nun amtlich: 2020 soll es Solothurn seit 2000 Jahren gegeben haben.
Erster konkreter Schritt: «Neben verschiedenen noch zu planenden Feierlichkeiten und Festivitäten soll auch eine Jubiläumsschrift erscheinen», so die Botschaft seitens der Gemeinderatskommission GRK an den Gemeinderat, der nächsten Dienstag tagt.
In welcher Form dann 2020 das Stadtjubiläum gefeiert wird, ist noch völlig offen. Stadtschreiber Hansjörg Boll bestätigt auf Anfrage lediglich, dass die Planung der Festlichkeiten in der nächsten Zeit beginnen werden. «Wir müssen ein Ok zusammenstellen, damit wir dann auf 2019 budgetieren können», sieht er einen wohl einmaligen Posten im nächsten Budget auf die Stadt zukommen. Offenbar geistern auch schon erste Ideen herum, so möchten Musikreise aus der Stadt schon seit längerem ein grösseres Konzert auf der St.-Ursentreppe realisieren.
Noch bei vielen Solothurnerinnen und Solothurnern präsent ist das Jahr 1981, als der Kanton der 500-jährigen Zugehörigkeit zur Eidgenossenschaft gedachte. Obwohl es sich dabei um eine kantonale Angelegenheit gehandelt hatte, fanden doch die Schwerpunkte in der Kantonshauptstadt statt. So ein grosser Festumzug, der rund zwei Stunden lang an der Ehrentribüne auf dem Amtshausplatz vorbeiführte oder ein speziell von Silja Walter verfasstes Schauspiel, das mehrmals auf der St.- Ursentreppe gespielt wurde.
Vor allem im damaligen Festumzug wurden viele klassische Bilder aus der 500-jährigen Geschichte bemüht – vom Auszug in die Schlacht von Dornach bis zu den Ambassadoren kamen Mittelalter und Barock reichlich zum Zuge. Jetzt soll als erstes Element der 2000-Jahr-Feier eine Jubiläumsschrift vor allem die jüngere und teilweise recht lückenhafte Stadtgeschichte aufarbeiten.
Denn vom 13. Jahrhundert bis zum Einmarsch der Franzosen am 2. März 1798 war Solothurn ein Stadtstaat gewesen, erst danach wurde mit der «Munizipalität» die Vorgängerin der heutigen Einwohner- und Bürgergemeinde geschaffen. Deshalb kommt man zum Schluss: «Alle unsere Institutionen, Behörden, Körperschaften, alle Gewerbe- und Industriebetriebe, das ganze Kulturleben und unser Brauchtum wurzeln im 19. und 20. Jahrhundert. Diese Dinge prägen unser heutiges Leben als Einwohner und machen unsere Stadt so lebenswert. Mit den Strukturen des Ancien Régimes vor 1798 verbindet uns abgesehen von der tollen Architektur eigentlich nichts mehr», so die Botschaft an den Gemeinderat. Wenn man also die Wurzeln des heutigen Lebens in Solothurn verstehen wolle, müsse man sich nicht in erster Linie mit Römern, Heiligen, Patriziern, Söldnern und Ambassadoren beschäftigen, sondern mit den heutigen Strukturen und Bräuchen, die alle im 19. und 20. Jahrhundert entstanden seien.
Bisher habe niemand die Energie aufgebracht, sich systematisch mit dieser jüngern Stadtgeschichte zu befassen. Viele Einzelthemen seien zwar aufgearbeitet und in Einzelpublikationen zumindest in Bibliotheken verfügbar. Aber: «Eine Gesamtsicht fehlt.» Mit der geplanten Schrift möchte man diese Lücke nun schliessen, so wird dieses «Geburtstagsgeschenk» als «sinnvoll und nachhaltig» beurteilt.
Das sahen im Grundsatz auch die GRK-Mitglieder so und beurteilten das geplante 400-Seiten-Werk (vgl. Kasten unten) durchaus positiv. Ein Punkt in der Diskussion waren – und dürften es auch im Gemeinderat sein - die Kosten. Man rechnet mit Bruttokosten von 540'000 Franken, wovon 60'000 Franken als Eigenleistung der Zentralbibliothek abgezogen werden. Dazu will die Stadt mit der Zentralbibliothek einen Generalunternehmer-Vertrag abschliessen, und diese wiederum arbeitet Unterverträge mit den vier vorgesehenen Autorinnen und Autoren aus.
Ein ähnliches Werk hatte in Grenchen 540'000 Franken gekostet, wobei das dortige Projekt extern vergeben worden war. Man rechnet jedoch mit einem Beitrag des Lotteriefonds im gleichen Rahmen wie in der Nachbarstadt, also mit rund 75'000 Franken. Der Verkaufserlös wird auf 10'000 Franken veranschlagt, und weitere Gesuche sollen an die Bürgergemeinde, die Däster-Schild-Stiftung sowie weitere potenzielle Geldgeber gestellt werden.
Zur Finanzierung soll nun der Gemeinderat einen Nachtragskredit zur Rechnung 2018 in der Höhe von 240'000 Franken sprechen, die gleiche Summe soll dann nochmals im Budget 2019 aufgenommen werden.
Bei reinen Herstellungskosten von 400'000 Franken ergibt sich ein Preis von 1000 Franken pro Seite. «Es handelt sich um einen mittelhohen Preis pro Seite für eine Publikation dieser Art», gab Verena Bider Auskunft auf eine entsprechende Frage aus dem GRK-Plenum. Ein weiterer Punkt, der mehrfach angeschnitten wurde, ist die Digitalisierung der Jubiläumsschrift, die als unumgänglich erachtet wurde. Allerdings – das war bei dieser Forderung allen bewusst – müsste mit der Digitalisierung von einigen Mehrkosten ausgegangen werden, zumal laut Bider bei Dokumenten, die digital zur Verfügung stehen, strengere Richtlinien gälten. Doch wird die Direktorin der Zentralbibliothek auf Antrag noch zusätzliche Offerten zur Digitalisierung einholen.
Fragen betrafen weiter das Layout – es soll in Köln erstellt werden – oder den Druck, bei dem ein Solothurner Unternehmen berücksichtigt wird. Auch wurden Stimmen zum Autoren-Team laut: So sollen qualitative Präferenzen höher als die lokale Herkunft gewichtet werden. Und auch Verena Bider betonte: «Es ist wichtig, dass gute Autorinnen und Autoren gefunden werden, die ihre Arbeit zudem termingerecht abliefern.»
Total 400 Seiten soll das Werk «Stadtgeschichte Solothurns im 19. und 20. Jahrhundert» umfassen. Die Projektleitung hat Verena Bider, Direktorin der Zentralbibliothek Solothurn, inne. Fachlich begleitet wird sie von Erich Weber, Konservator des Museums Blumenstein. Vier Autorinnen und Autoren sollen auf Mandatsbasis und allenfalls unter Zuzug von Subautoren für die insgesamt neun Themenblöcke besorgt sein. Zu den 360 Textseiten kommen 40 Seiten Illustrationen, Grafiken, Karten und Register.
Die Themenblöcke gliedern sich in eine ereignisgeschichtliche Chronologie, ein Kapitel über die Aufgaben und Organisation der Stadt sowie die politische Entwicklung der Einwohner- und Bürgergemeinde. Diese drei Themenblöcke sollen dem ersten Autor zugeordnet werden. Eine weitere Autorin oder ein Autor befassen sich mit dem Thema «Wirtschaft und Finanzen». Zu jedem Thema sind auch Kästen geplant, in diesem Fall Firmenporträts oder Porträts von interessanten Persönlichkeiten aus der Wirtschaft. Mit 60 Seiten handelt es sich eines der umfangreichsten Kapitel. «Bevölkerung, Fürsorge und Gesundheit» mit Spezialthemen wie die Drogenszene der Neunziger-Jahre, dann aber auch das Kapitel «Sicherheit, Infrastruktur, Stadtentwicklung und Umwelt» werden ebenfalls dieser Autorin oder diesem Autor zugeordnet.
Über 120 Seiten soll sich ein drittes Themenfeld erstrecken. Ein erstes ist der Religion gewidmet und beleuchtet neben den verschiedenen Religionsgemeinschaften auch Solothurn als Bischofssitz. Unter «Erziehung und Bildung» wird die Entwicklung des Schulwesens aufgezeigt.
Ebenfalls mit 60 Seiten nimmt der neunte Themenblock «Kultur, Sport und Freizeit» breiten Raum ein. Neben der Entwicklung des städtischen Kulturlebens und dessen Infrastruktur wird auch der Sport thematisiert. Dazu aber auch ganz allgemein das gesellschaftliche Leben der Stadt mit der Geschichte von Beizen, Bars, Restaurants und Brauereien sowie der Genossenschaften.
Geplant ist eine Auflage von insgesamt 800 Exemplaren, die Ende 2019 erscheinen sollen. (ww)