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Der grosse Trip ist beendet: Roland Grädel und Tom Wälti hatten zwei Monate die USA durchquert. Auf E-Bikes, entlang der Route 66, der Traum-Route vor allem bei der Harley-Community. Befahren aber will sie Roland Grädel nie mehr.
«Die Verarbeitung ist schwierig.» Am Freitagabend war er aus den USA von seinem grossen Abenteuer zurückgekehrt: 66 Tage lang befuhr Roland Grädel mit seinem Kollegen Tom Wälti die legendäre Route 66, mehr als 4600 Kilometer haben die beiden auf ihren E-Bikes zurückgelegt. «Es geht mir gut», sagt der 65-Jährige, der trotz eines fehlenden Lungenflügels alle Strapazen überstanden hat. «Nur einmal hatte ich Fieber, Halsweh und einen bösen Husten. Aber ich bin weitergefahren - Tom hätte vielleicht sonst vier Tage in einem einsamen Motel auf mich warten müssen.»
Es kam einiges zusammen auf dem Trip: «Das Wetter war keineswegs wie im Westen der USA bekannt stets stahlblau und heiss.» Das Duo musste gegen starken Gegenwind kämpfen, wegen Tornado-Warnungen länger pausieren, einmal sogar wegen Überflutungen umkehren und einen langen Umweg fahren – «alle Motel lagen am anderen Ufer des Flusses, der über die Ufer getreten war». Einen Hurrikan, nein, den hätten sie nicht erlebt – dafür ein Erdbeben.
Akribisch hatte sich Grädel ein Jahr lang auf die Bike-Tour vorbereitet, jede Etappe im Computer abgefahren. «Doch dann bist Du einen Tag lang unterwegs und siehst 100'000 Sachen!» Und erlebt allerhand, auch von der unangenehmen Sorte. Wie Platten am Pneu. Tom Wälti hatte es gleich anfangs zweimal erwischt, dann nie mehr. Dafür plagte sich Roland Grädel tagelang mit Luftverlust herum, ehe er den kleinen, bostitch-artigen Partikel fand, der perfiderweise stets zuschlug, wenn das Bike belastet war. «Aber da habe ich mich nie aufgeregt. Am Velo rumzuflicken machte mir Spass.» Ständige Ärgernisse waren die oft inexistente Internet-Verbindung sowie die stets wacklige Stromversorgung – für die beiden existenziell wichtig, mussten doch nachts die Batterien der E-Bikes aufgeladen werden. In dieser Beziehung jedenfalls kann Grädel dem Hightech-Land USA gar keine guten Noten ausstellen.
Kein Problem sei es dagegen gewesen, eine neue Etappe in Angriff zu nehmen, auch wenn die Wüsten-Etappe über 120 Kilometer mit nur einer Tankstelle dazwischen und bei 47 Grad als «sehr anstrengend» bewertet wurde. «Wir fragten uns oft am Abend, wie schaffen wir das nur am andern Morgen? Doch kaum sassen wir wieder auf dem Velo, war die ganze Besorgnis weg.»
Positiv erlebten Grädel und Wälti die Menschen unterwegs. Hilfsbereit und gastfreundlich mutierten einige sogar zu richtigen Fans, wie Ramona von der Universität Illinois, die sogar grosse Transparente für die zwei Abenteurer anfertigte. Und sehr rücksichtsvoll waren gegenüber den Bikern die Autofahrer. «Velos sind in den USA eine Seltenheit, E-Bikes ausser im Westen weitgehend unbekannt.» Hier in der Schweiz sei Velofahren viel gefährlicher, «in den Staaten hatten die richtiggehend Angst vor uns.»
So sei es mehrfach vorgekommen, dass die beiden einsamen Schweizer auf ihren Bikes eine längere Autokolonne im Rücken hatten. «Sie trauten sich nicht zu überholen. Und es gab auch kein Hupen oder Hässele.»
Sieben Kilo hat er auf dem Road-Trip abgenommen – zurückzuführen auch auf die Versorgungslage in den USA. Roland Grädel: «Goggi kann ich nicht mehr ansehen, weder light, noch zero.» An den Tankstellen und Motels gabs oft Fast Food, auch Hamburger oder vier Tage lang haltbare Dreieck-Sandwiches seien Erinnerungen der eher unschönen Art. «Als ich heimkam, freute ich mich auf ein Müller-Brot, richtigen Käse und Mostbröckli.» Und: «Morgens um 8 Uhr musste ich wieder aufs Velo!»
Unbedingt. Trotz weisser, schrundiger Handflächen, die immer noch öfters wie eingeschlafen wirken – die eigentliche Problemzone des Bikers Roland Grädel. «Das kam von den täglich zehn Stunden Druck auf die Hände an den Griffen.» Nein, grosse Pläne hat er nicht schon wieder. «Warum nicht etwas in der Schweiz?» Die USA hat er gesehen: «Die Route 66 mach ich nie mehr. Auch nicht mit der Harley oder dem Auto!»