Einsprachen
Zwei Gutachten, zwei Meinungen: Stadt Solothurn will Bäume auf dem Postplatz fällen – Pro Natura wehrt sich dagegen

Der Gemeinderat und die Gemeindeversammlung gaben grünes Licht, die Umgestaltung des Postplatzes gibt dennoch weiter zu reden. Drei Einsprachen sind gegen das Baugesuch eingegangen. Eine ist von Pro Natura Solothurn: Die Naturschutzorganisation will die Bäume retten.

Fabio Vonarburg
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Blick auf die Bäume auf dem Postplatz.

Blick auf die Bäume auf dem Postplatz.

Fabio Vonarburg

Für einige ist es die Achillesferse des Projektes: Im Zuge der Umgestaltung des Postplatzes in Solothurn sollen die bestehenden Bäume gefällt werden. Dabei handelt es sich um drei mittelgrosse Linden und einen grossen Spitzahorn auf dem Postplatz sowie zwei Spitzahorne westlich davon.

Was den Schmerz der Skeptiker etwas linderte, war die Aussage von Seite der Stadt an der Gemeindeversammlung im Juni, an der das Projekt traktandiert war. Alle Bäume seien im Wurzelbereich beschädigt und würden von daher nicht mehr lange leben, hielt Andrea Lenggenhager, Leiterin des Stadtbauamts, fest und verwies auf ein eingeholtes Gutachten. In diesem sei festgehalten, dass das Pflanzen von 16 neuen Bäumen sinnvoll sei, weil die bestehenden Bäume auch ohne Projekt zurücksterben würden.

Doch nun präsentiert Pro Natura Solothurn ihrerseits ein Gutachten eines Baumpflegespezialisten, der auf den gegenteiligen Schluss kommt. Im Bericht, der dieser Zeitung vorliegt, heisst es:

«Die Bäume haben eine mittlere bis lange Lebenserwartung. Es gibt keinen Grund, die Bäume zu fällen. Der Erhalt sei dringend empfohlen.»

Speziell zu erwähnen seien die Spitzahorne, die oft im städtischen Raum Mühe hätten, hier aber in einem guten Allgemeinzustand und vital seien.

Auf Grundlage des Gutachtens hat Pro Natura Solothurn Einsprache gegen das Baugesuch Postplatz eingelegt. Dieses widerspreche der Aussage von Frau Lenggenhager in der Gemeindeversammlung, heisst es in der Einsprache, die von Ariane Hausammann unterschrieben ist, der Geschäftsführerin von Pro Natura Solothurn. «Alle Bäume haben eine mittlere (50 bis 100 Jahre) bis lange Lebenserwartung (100 Jahre und mehr)», heisst es darin.

Grau und unattraktiv anstatt grüner

Weiter betont Pro Natura Solothurn, dass die Beschreibung des Projektes reine Augenwischerei sei. Die Bürgerinnen und Bürger würden mit dem Titel «Der Postplatz wird grüner» und der Darstellung von vielen grossen Bäumen auf dem Postplatz getäuscht. Denn:

«In Tat und Wahrheit würde der neue Postplatz erst einmal für viele Jahre grau, unattraktiv und kümmerlich aussehen.»

Aus der Erfahrung in vielen Städten und Gemeinden sei es sehr schwierig, junge Bäume im Siedlungsraum erfolgreich anzupflanzen und nachhaltig gross werden zu lassen. Auch sei die geplante Anordnung der neuen Bäume viel zu dicht. Pro Natura Solothurn kritisiert weiter die geplante Pflanzung von 12 exotischen Blumeneschen. Das Vorhaben stehe im Widerspruch zum aktuellen Bestreben, einheimische Pflanzen zu fördern.

Als Fazit schreibt Pro Natura in ihrer Einsprache: «Wir lehnen dieses Projekt entschieden ab und fordern den Erhalt der bestehenden drei Linden und der drei Spitzahorne.» Das Bauprojekt sei zu überarbeiten, die bestehenden, wertvollen und gesunden Bäume in die Planung der Umgestaltung des Postplatzes zu integrieren.

Drei Einsprachen sind eingegangen

Was sagt die Stadt zur Einsprache von Pro Natura Solothurn? Noch einmal führt Lenggenhager aus, dass die Bäume im Wurzelbereich beschädigt seien und nicht mehr lange zu leben haben. Das entsprechende Gutachten der Stadt liegt dieser Zeitung nicht vor. «Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, können wir keine Unterlagen dazu versenden», so das Stadtbauamt.

Dafür verweist Lenggenhager auf den Nutzen des Projektes. «Die Umgestaltung des Postplatzes bringt den Bewohnern einen zusätzlichen Aufenthaltsort. Ebenso wird mit den Bäumen ein flächiges Baumdach geschaffen, welches Aufenthaltsqualität schafft und zu einem angenehmen Stadtklima beiträgt.»

Insgesamt sind drei Einsprachen gegen das Bauprojekt eingegangen, für das der Gemeinderat und die Gemeindeversammlung bereits grünes Licht gegeben haben. Lenggenhager betont: «Seitens der Stadt würden wir es sehr begrüssen, wenn wir zeitnahe den Postplatz realisieren könnten.»