Jetzt ist Stefanie Ingold Stadtpräsidentin von Solothurn. Kurt Fluri hat ihr symbolisch die Verantwortung für die Stadt übergeben.
Schon vor 28 Jahren stand Kurt Fluri mit dem grossen Schlüssel vor dem Baseltor. Und schon damals hing eine Schriftrolle an einem rot-weissen Band daran.
Doch sonst ist bei der jüngsten Schlüsselübergabe alles anders: Neben Kurt Fluri (FDP) steht nicht dessen Vorgänger Urs Scheidegger, sondern seine Nachfolgerin, Stadtpräsidentin Stefanie Ingold (SP) und Fluri ist derjenige, der den Schlüssel weitergibt. Der Herbstwind bläst durch das Baseltor, vereinzelte Regentropfen fallen vom Himmel – nicht wie vor fast 30 Jahren, als der Anlass im Juni stattfand.
«Dieser offizielle Akt ist nicht unbedingt historisch, ausser wenn man 28 Jahre als historisch anschaut», sagt Kurt Fluri zur Begrüssung. Als Zuschauende haben sich Vertreterinnen und Vertreter der Stadt eingefunden.
Die windige Schlüsselübergabe im Video:
«Das Stadtpräsidium von Solothurn hat zwei wunderbare Eigenschaften», schwärmt Fluri. Zum einen habe man mit allen politischen Fragen zu tun, die nicht ausschliesslich dem Bund vorbehalten seien und man komme dank der Gemeindeordnung mit Vielen in Kontakt. «Es ist ein faszinierendes Amt, das aber sehr intensiv beschäftigt.»
Doch nicht nur die Aufgaben seien spannend und vielfältig, sondern auch die Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. «Etwas Besseres kannst du dir gar nicht wünschen.» Und in seiner gewohnten lapidaren Art beendet er seine Rede mit den Worten: «Ich freue mich, unter dir einfach ein Bürger zu sein.»
«Ich habe schon angefangen zu arbeiten und das funktioniert bestens», sagt Stadtpräsidentin Stefanie Ingold mit Blick zum Publikum. Sie freue sich auf die vielfältige Arbeit.
Als Geschenk übergibt sie Kurt Fluri ein Buch mit dem Titel «Projekt Schweiz 44 Porträts aus Leidenschaft». In diesem Buch finden sich Porträts von Persönlichkeiten, welche die Schweiz geprägt haben. «Für mich ist klar: Du hättest auch einen Platz in diesem Buch verdient. Du hast nicht nur viel Zeit und Engagement für Solothurn, sondern auch für die Schweiz aufgewendet», sagt Ingold. Und weiter: «Wir in Solothurn sind immer stolz gewesen, dass unser Stadtpräsident auch national tätig ist. Das kann ich definitiv nicht übernehmen.» Schmunzelnd meint Fluri: «Noch nicht.»
Und schon sind die nüchternen Feierlichkeiten vorbei und die Stadtpräsidentin und der ehemalige Stadtpräsident gehen wieder Richtung Baselstrasse zurück. Erstere um sich in die Dossiers einzuarbeiten, zweiterer um sein Büro leerzuräumen.
Sie müsse sich noch an die neue Funktion gewöhnen, sagt Stefanie Ingold im Interview:
Doch bevor der Schlüssel wieder ins Stadtpräsidium kommt, wird das Geheimnis um die Schriftrolle gelüftet: «11 Thesen der Stadtverwaltung an den neuen Stadtpräsidenten», steht auf dem dreiseitigen Dokument geschrieben. Unterzeichnet von Urs Scheidegger am 27. Juli 1993. Dabei erinnert Scheidegger etwa an die Zentrumsfunktion der Stadt, dass ein zeitgemässes Schulwesen und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet sein muss.
Beim elften Punkt «Integration statt Polarisierung» ermahnt er, sich um den Wengigeist zu kümmern: «Für die Lösung der immer schwieriger werdenden Probleme ist auch in Zukunft der den Solothurner nachgesagte Wengigeist von grosser Bedeutung. (...) Nur mit Toleranz und gegenseitigem Verständnis lassen sich dauerhafte Lösungen für die Allgemeinheit erzielen.»
Die Wichtigkeit des Wengigeistes für Solothurn hat Kurt Fluri oft betont, ein Bild von Niklaus von Wengi hing in seinem Büro. Am Rand des offiziellen Anlasses erklärt die neue Stadtpräsidentin: «Klar, der Wengigeist ist wichtig für diese Stadt.» Welches Bild bei ihr über den Schreibtisch kommt, das weiss Stefanie Ingold aber noch nicht. Sie lacht und sagt: «Zuerst muss ich mal ins Büro einziehen können.»