Gemeinderat
Solothurn schluckt die Kröte des Polizei-Knebelvertrags

Dem Vertrag zwischen dem Kanton und der Stadt zur Zusammenarbeit der Kantons- und Stadtpolizei wurde auch in Solothurn fast einstimmig zugestimmt. Dies trotz der als ungenügend taxierten Abgeltung der Stadtpolizei, was erneut für Kritik sorgte.

Wolfgang Wagmann
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Die Stadtpolizei Solothurn bleibt an einen Vertrag gekettet, der in Solothurn auf keine Freude stösst.

Die Stadtpolizei Solothurn bleibt an einen Vertrag gekettet, der in Solothurn auf keine Freude stösst.

ZVG

Das Geschäft beanspruchte im Gemeinderat schon viel Redezeit, und es kam auch diesmal keine Euphorie im Saal auf: Fast zeitgleich mit der Nachbarstadt Grenchen wurde der neue Vertrag zwischen der Stadt- und Kantonspolizei behandelt. Hauptthema: die von beiden Städten als unzureichend gesehene Abgeltung der Stadtpolizei-Leistungen durch den Kanton. Nach einer Begrüssung durch den «amtierenden Stadtpräsidenten» Peter Studer, Ober der Narrenzunft Honolulu, konnte jedenfalls Gaston Barth als Rechtsvertreter der beiden Städte gleich einmal vermelden: «Grenchen hat den Vertrag einstimmig angenommen.»

Inhaltlich bringe der Vertrag nichts Neues, so Barth, und auch künftig würden beide Korps auf einen gemeinsamen Schalter verzichten. Der Vertrag tritt rückwirkend auf den 1. Januar 2020 in Kraft, nachdem der Gemeinderat die Vereinbarung zwischen der Stadt und dem Kanton 2017 gekündigt hatte. Der neue Vertrag sieht eine Entschädigung des Kantons von jährlich 1,050 Mio. Franken für die Dienste der Stadtpolizei vor und gilt für drei Jahre. Vorher hatte die Stadt 817'000 Franken erhalten, aber eine neue Abgeltung von 2,5 Mio. Franken als angemessen betrachtet.

Haben die Verhandlungsführer der Stadt versagt?

Nun, ganz ohne Gegenstimme wurde das Vertragswerk in Solothurn dann doch nicht durchgewinkt. Scharfe Kritik übte aus der FDP-Fraktion Urs Unterlerchner: «Unsere Verhandlungsführer haben versagt», griff er die beiden Stadtpräsidenten sowie Gaston Barth wegen des aus seiner Sicht ungenügenden Resultats an. Und weiter meinte Unterlerchner, dass mit diesem Ergebnis die Stadt nie eine Chance vor Gericht hätte, jemals etwas am Vertragswerk zu ändern. Die Stadt hatte bekanntlich den regierungsrätlichen Vorschlag abgelehnt, mit dem Vertrag auch einem Klageverzicht zuzustimmen.
Gegen die Vorwürfe wehrten sich sowohl Stadtpräsident Kurt Fluri wie auch Gaston Barth vehement. «Wenn jemand nichts geben will, dann ist halt auch nichts mehr zu machen», so der Tenor zum Verhalten insbesondere von SP-Polizeidirektorin Susanne Schaffner, die ihre Machtposition ausgespielt habe.

Zusammenarbeit der Korps funktioniert

Pragmatischer sahen es etwa SP-Sprecher Näder Helmy, der betonte, die Zusammenarbeit von Stadt- und Kantonspolizei sei sehr gut – «die Solothurnerinnen und Solothurner können sich sicher fühlen.» Bestimmt könne man bei diesem Geschäft nicht sagen, «was lange währt, wird endlich gut», meinte pointiert Pascal Walter (CVP). Für FDP-Votant Markus Jäggi habe man mit dem Vertrag eine Kröte schlucken müssen, «der Kanton hat seine Macht ausgespielt». Stossend für ihn wie Unterlerchner ist zudem, dass die Stadt noch Bussgelder von 870'000 Franken pro Jahr an den Kanton abliefern muss.

Für die Grünen wollte Marguerite Misteli wissen, warum bei den Kompetenzen die Stadtpolizei für «friedliche», die Kantonspolizei für «unfriedliche» Anlässe verantwortlich sei. Stapo-Kommandant Peter Fedeli erklärte dazu, dass sein Korps bei Eskalation eines zuerst friedlichen Anlasses die Kantonspolizei beiziehe. Zu den kritisierten bescheidenen Kompetenzen ergänzte er, die Stadtpolizei wolle gar nicht vermehrt für Verkehrsunfälle herangezogen werden ‐ «da bräuchten wir mehr Leute.»

Personelle Rotationen auf vielen Ebene

Einmal mehr hatte sich der Rat mit etlichen Personalgeschäften zu befassen. Bei der SP hat Damjan Gasser nach drei Jahren als Ersatzgemeinderat wegen eines Wohnortswechsels demissioniert. Als neues zweites Ersatzmitglied rückt nun Konrad Kocher nach, als drittes Jonathan Sollberger und als viertes Felix Epper.

Für die FDP wurde Franziska von Ballmoos neu in den Ausschuss für Geschäftsprüfung gewählt, in der Finanzkommission ersetzt Andrea Obi den zurückgetretenen Kurt Ledermann. Die GLP schickt Martin Gygax als Ersatz von Matthias Michel in die Sportkommission, und zwei Vakanzen von Ersatzmitgliedern im Wahlbüro besetzen die Grünen neu mit Andrei Meier und Louis Stemmer.