Kosciuszko-Gesellschaft
Seit 75 Jahren eine Kulturbrücke Richtung Polen

Festlich begeht die Vereinigung der Kosciuszko-Gesellschaft am 27. September ihr 75-Jahr-Jubiläum. Sie ist neben dem Andenken an den polnischen Freiheitskämpfer Kosciuszko auch um die Kontaktpflege zwischen Polen und der Schweiz bemüht.

Andreas Kaufmann
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Solothurner Zeitung

Für Solothurn war er bedeutsam genug, um gar dem Amtshausplatz für eine Zeit lang seinen Namen zu leihen. War «Kosciuszko-Platz» den meisten etwa zu schwer zum Buchstabieren, da man wieder zum alten Namen zurückkehrte? So oder so: Für das Vermächtnis Tadeusz Koscuiszkos an Solothurn lohnt es sich allemal, das Buchstabieren zu üben.

Schliesslich wäre da noch das Zeltnerhaus an der Gurzelngasse, an dessen Fassade der Name des polnischen Unabhängigkeitskämpfers prangt, und das als dessen letzter Wohnsitz bekannt ist. Das Gebäude beherbergt ein entsprechendes Museum und wurde so zum Pilgerort all jener, die sich mit Kosciuszkos Lebenswerk auseinandersetzen – im Jahr sind es zwischen 500 und 700 Besucher. Und tatsächlich ermöglicht das Gästebuch des Museums den Blick durch ein Fenster in die weite Welt: Es sind Einträge von Besuchern rund um den Globus zu finden. Das kommt nicht von ungefähr, wie auch Kustos Benedykt Drewnowski andeutet: «In Polen selbst gibt es beispielsweise kein Museum, das sich ausdrücklich Kosciuszko widmet.»

Wer war Tadeusz Kosciuszko?

En passant wird sein Name oft mit Solothurn in Verbindung gebracht: Doch wer war Tadeusz Kosciuszko? Und was verband ihn mit der Stadt Solothurn? In seinen Ansichten war er durch das aufklärerische Frankreich vor der Revolution geprägt worden. Nachhaltig in Erinnerung blieb Kosciuszkos Einsatz im Dienste der Kontinentalarmee, die im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg für die Loslösung vom Königreich Grossbritannien kämpfte. Im Nachgang des Unabhängigkeitskriegs setzte er sich dort unter anderem für die Freilassung von Sklaven ein.

Nach seiner Rückkehr nach Europa engagierte sich Tadeusz Kosciuszko im Kampf um die Einheit Polens, das in der Geschichte schon vorher unfreiwillig entzweit worden war. Reformversuche des modern ausgerichteten polnischen Königs Stanislaus August Poniatowski wurden von Preussen und Russland bekämpft. In diesem Kampf gegen eine erneute Teilung Polens unterlag Kosciuzsko 1792 zusammen mit vier anderen Generälen den beiden Grossmächten. Auch der nach ihm benannte Aufstand gegen Russland und Polen schlug letztlich fehl. Nach Gefangennahme durch die Russen und anschliessender Begnadigung ging er in die eben gegründeten Vereinigten Staaten ins Exil. Seine Pläne, unter Mithilfe von Napoleon Bonaparte Polen zu befreien, blieben unerreicht. Später gelangte er infolge eines Angebots des Solothurners Franz Xaver Zeltner, helvetischer Gesandter in Paris, nach Solothurn, wo er seine letzten Lebensjahre verbrachte. Nach seinem Tod 1817 im Alter von 65 Jahren wurde Kosciuszko an mehreren Orten bestattet: sein Herz in Warschau, die Knochen in Krakau und die Eingeweide beim Polendenkmal in Zuchwil. (ak)

Kosciuszko-Gesellschaft feiert

Fürs Museum verantwortlich zeichnet die Kosciuszko-Gesellschaft, die vor genau 75 Jahren unter dem Patronat des Regierungsrates und der Stadt Solothurn ins Leben gerufen wurde. Entsprechend präsidiert heute alt Regierungsrat und Historiker Thomas Wallner die Gesellschaft.

Neben der Betreuung des Museums an der Gurzelngasse obliegt der Vereinigung auch der Unterhalt der Gedenkstätte in Zuchwil, wo Kosciuszkos Eingeweide bestattet sind. Weiter ist die Gesellschaft – unabhängig vom historischen Erbe Kosciuszkos – um die Kontaktpflege zwischen Polen und der Schweiz bemüht. Doch zuguterletzt ist die Gesellschaft bestrebt, den Solothurnern den Freiheitskämpfer, der hier Exil fand und schliesslich 1817 auch hier starb, immer wieder neu in Erinnerung zu rufen. «Es geht darum, das Museum und seinen Namensgeber in Solothurn wieder ein wenig bekannter zu machen», sagt Drewnowski.

Am 27. September findet im Konzertsaal ein Festprogramm statt, um die vergangenen 75 Jahre der Gesellschaft zu feiern. Nach einem Kurzfilm über das Leben des Freiheitskämpfers und Grussworten, unter anderem von Landammann Christian Wanner und Stadtpräsident Kurt Fluri, wird der ehemalige polnische Aussenminister Wladyslaw Bartoszewski die Festansprache halten.

Umrahmt wird der Anlass durch Klänge aus der Feder des halb-polenstämmigen Frédéric Chopin. «Mit dem ganzen Festanlass feiern wir nicht in erster Linie die Person Tadeusz Kosciuszko, sondern die Gesellschaft, die seinen Namen trägt», verdeutlicht Thomas Wallner: «Ausserdem wollen wir die Solothurner Polentradition wieder ins Bewusstsein rufen.»

Weltgeschichte vor der Haustür

Dass es sich bei der würdevollen Erinnerung an Kosciuszko in der Tat um eine hier ansässige Tradition handelt, beschreibt Wallner in einem selbst verfassten Rückblick. Dabei zeigt er auf, wie sich die Weltgeschichte und das Schicksal Polens im Mikrokosmos von Solothurn widerspiegeln. Wallner spricht von einem politisch aufgeheizten Klima zur Gründungszeit der Gesellschaft anno 1936. Dabei deutet er auf Hitlers Absichten hin, Lebensraum im Osten zu «erschliessen» und Polen einzunehmen.

Gerade zu dieser Zeit fand das humanistische Erbe Kosciuszkos besonderen Anklang und somit auch die ihm gewidmete Gesellschaft in Solothurn. Später sei die Beziehung der Gesellschaft zum damals kommunistischen Heimatland auch eher zwiespältig gewesen, da das damalige Regime nicht den Freiheitsidealen Kosciuszkos entsprochen hatte. Spätestens seit der Öffnung Polens ab 1989 erlebt auch unter Mithilfe der Kosciuszko-Gesellschaft die Freundschaft zwischen der Schweiz und Polen eine neue Blütezeit.

Die öffentliche Jubiläumsfeier findet am 27. September, 17 Uhr, im Konzertsaal statt. Infos: www.kosciuszkomuseum.ch