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Der Diskussionsnachmittag zur zweiten Gotthardröhre bewegte die Gemüter. Das Thema wurde breit diskutiert und analysiert. Wir haben einen Augenschein genommen und fassen das Wichtigste zusammen.
Die Diskussionskultur bei den Grauen Panthern besitzt einen hohen Wert, auch wenn zum Thema «Röhre am Gotthard» die Meinungen temperamentvoller als üblich aufeinanderprallten. Da der Abstimmungskampf für den Urnengang am 28. Februar schon länger läuft und in allen Medien dazu viel zu lesen und zu hören ist, vertraten Anwesende in der Aussprache sehr gefestigte Positionen. Zur Einleitung gaben die Impulsreferate von Kantonsrätin Barbara Wyss Flück, Co-Präsidentin des Solothurner Komitees «Nein zur zweiten Gotthardröhre», und als Befürworter Andreas Gasche, langjähriger Geschäftsführer des Kantonal-Solothurnischen Gewerbeverbandes und früherer Kantonsrat, einen Überblick über ihre gegensätzlichen Standpunkte.
Für die Lösung von wirklichen Verkehrsproblemen in den Agglomerationen sei mit diesem Bau kein Geld mehr vorhanden. Ob sich das Contra-Komitee auch deshalb von zahlreichen Stadtpräsidien unterstützt weiss, die den Verlust von Bundesmitteln für ihre regionale Verkehrsinfrastruktur fürchten? Der Bau des zweiten Tunnels setze völlig falsche Anreize und torpediere die Verlagerungspolitik, befand Wyss Flück.
Andreas Gasche legte den Finger auf das eigentliche Problem am Gotthard, dessen 17 km lange Tunnelanlage in der bestehenden Form heute nicht mehr gebaut werden dürfte, weil sie im Gegenverkehr ein hohes Sicherheitsrisiko darstelle. Bei Unfällen, die seit der Eröffnung im Jahre 1980 zu 36 Toten geführt haben, seien Rettungsmassnahmen ausserordentlich schwierig. Zudem zerpflückte er die von der Gegnerschaft vorgeschlagenen Verladeprovisorien, die mit Kosten von 1 Mrd. Franken auf Arealen in der Grösse von 22 Fussballfeldern noch gebaut werden müssten, um nicht als Folge der Gotthard-Schliessung einen Verkehrskollaps auf anderen Alpenstrecken zu verursachen.
Das Projekt biete eine nachhaltige Lösung und keine Basteleien, unterstrich Gasche, der vor allem die richtungsgetrennte Verkehrsführung als wesentlichen Sicherheitsgewinn betonte. Das Hochgebirge dürfe nicht zum Nadelöhr werden, sondern mit Bahn- und Strassenlösung zum nationalen Zusammenhalt mit dem Tessin und zum Handelsaustausch beitragen.
Am heissen Thema «Mobilität» entzündeten sich die Pro- und Kontra-Argumente. Während «Bauchgefühl» darin zum Ausdruck kam, dass man hierzulande den internationalen Warenhandel und Transitbauten «mit 3 Mrd. Franken für die EU» doch gar nicht brauche, verwiesen andere Sprecher auf die ebenso hausgemachte Zunahme des Binnenverkehrs, die nicht zu verhindern sei. Wichtig sei eine Verflüssigung des motorisierten Verkehrsgeschehens, um extreme CO2-Ausstossmengen zu vermeiden. Etliche Pro-Votanten hatten sich intensiv mit der Materie beschäftigt und widerlegten in der Diskussion zitierte Gutachten von Verkehrsfachleuten kurzerhand als «Märlizügs». Ein insgesamt spannender Nachmittag, der zur individuellen Meinungsbildung viel beigetragen hat.