Zuchwil
Rentner gründet PC-Firma und berät Senioren

Nach dem Tod seiner Frau hat für den Rentner Marcel Haefelin aus Zuchwil ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Er gründete eine Firma und berät Senioren bei der PC-Anwendung. Er will mit dem PC länger jung blieben.

Anderas Toggweiler
Drucken
Länger jung bleiben

Länger jung bleiben

Schweiz am Sonntag

Nicht viele gründen im Alter von 74 Jahren noch eine Firma. «Ich fühle mich fit, interessiere mich für Computer und möchte auch als Rentner eine sinnvolle Tätigkeit ausüben», erklärt Marcel Haefelin aus Zuchwil. Finanziell absolut nötig hätte der aktive Senior eine zusätzliche Erwerbstätigkeit vermutlich nicht. Er hat eine «anständige» Berufskarriere hinter sich, bis er vor 9 Jahren in Pension ging.

Doch dann kamen für ihn zuerst schwierige Jahre. Seine Frau Greti, mit der er seit 1959 verheiratet war und mit der er drei inzwischen erwachsene Kinder grossgezogen hat, war während Jahren gesundheitlich angeschlagen - am Ende immer schwerer. Zuletzt war sie ein ganzes Jahr lang ans Bett gefesselt. Da sie keine Spitex im Haus wollte, kümmerte er sich die ganze Zeit um sie und führte den Haushalt. «Am Schluss, als sie mehrere Krankheiten hatte, war es leider eine grosse Belastung», schaut Marcel Haefelin zurück.

In dieser Zeit war Haefelin froh, wenn er sich ab und zu an seinen Computer setzen konnte, den er nach seiner Pensionierung angeschafft hatte. «Die Zeit hinter dem Bildschirm war für mich Entspannung», berichtet er.

In seinem Berufsleben vorher hatte er allerdings kaum direkt mit Computern zu tun. Marcel Haefelin hat eine Berufslehre als Décolleteur bei der Firma Lanco gemacht, ging danach zur Weiterbildung in eine Firma nach Esslingen (Deutschland), um danach während 17 Jahren bei der Firma Bläsi (Solothurn) zu arbeiten. Die rasante technische Entwicklung in der Branche erforderte regelmässige Weiterbildung und Kurse. «Wir haben uns damals viele Dinge auch gegenseitig unter Kollegen beigebracht oder im Selbststudium», berichtet Haefelin. «Ich wollte aber alles, was ich auf dem Papier gelernt habe, auch in der Praxis anwenden können.»

1978 wechselte Haefelin zur Firma

Duap in Herzogenbuchsee, die Einspritzsysteme für Dieselmotoren herstellt. Dort konnte er sein erworbenes Wissen endlich anwenden, erhielt die Prokura und wurde Leiter der Décolletage und Härterei, die beide als Profit Center (Firma in der Firma) geführt wurden. Die Schweizer Metall- und Maschinenindustrie erlebte ihre Blütezeit. «Zwar gab es auch ab und zu schlechtere Jahre, aber in grösserem Abstand und längst nicht so intensiv wie heute», erklärt Haefelin.

Ein wichtiger technischer Einschnitt war die Einführung von CNC-Werkzeugmaschinen, die heute Standard darstellen. Die Bearbeitungsart der Werkstücke habe sich in den letzten Jahren nicht mehr stark verändert, wohl aber die Komplexität der Werkstücke und die Produktivität der Maschinen. «Für Jobs, wie ich sie ausgeübt habe, wäre heute eine höhere technische Ausbildung nötig», glaubt Haefelin. «Heute würde ich wohl Polymechaniker lernen, mich vielleicht an der Fachhochschule weiterbilden.»

Womit er auch sagt, dass er den Beruf wieder wählen würde und sein Berufsleben für ihn erfüllend gewesen sei - sowohl vom technischen Aspekt her als auch als Vorgesetzter. Dort lerne man auch noch etwas Psychologie für den Alltag. «Beispielsweise den Angestellten ein (Termin-)Problem schildern und sie fragen, was sie als Lösung vorschlagen. Das ist besser als einfach befehlen, dass alle am Samstag arbeiten müssen.»

Als er nach seiner Pensionierung einen Computer anschaffte, wusste er bald, dass er ein neues Hobby gefunden hatte. «Es hat mich einfach gepackt», berichtet er. Und weil hier die technische Entwicklung noch rasanter verlief, musste auch alle paar Jahre eine neue Hardware her, um immer up to date zu sein. Schnell sprach sich in seiner Umgebung herum, dass Haefelin ein «Computerfreak» ist. Allerdings einer im AHV-Alter. Zunehmend wurde um Rat gefragt oder er musste bei der Installation helfen.

«Ich habe festgestellt, dass viele Leute in meinem Alter nicht in den Laden gehen, um sich beraten zu lassen. Sie haben Angst, sie kämen nicht draus und es werde ihnen etwas aufgeschwatzt, das sie gar nicht benötigen.» Aber eigentlich würden sie gerne doch noch ins Computerzeitalter eintreten und im Internet kommunizieren.

Nach dem Tod seiner Frau hat Haefelin deshalb beschlossen, aus dem Hobby ein Geschäftsmodell zu machen. Er hat eine Firma gegründet, welche ältere Menschen beim Kauf von PC und Laptop berät, die Geräte mit allem nötigen Zubehör einkauft und auch gleich die Installation vornimmt. Um Platz für die Zurüstung der Geräte zu haben, hat er einen Hobbyraum zugemietet. Eine Erstberatung sei gratis, betont er.

Auch bei weiteren elektronischen Geräten des digitalen Zeitalters, wie Digi-Kamera, Handy oder Fernseher kennt sich Haefelin aus. «Als technisch versierter Mensch sagt mir das mehr zu als Besuchs- oder Chauffeurdienste», meint Haefelin, der älteren Menschen helfen möchte, sich in einer technisierten Welt besser zurechtzufinden. «Das Web ist ein ideales Mittel gegen die Vereinsamung», betont er. Der Kontakt zu Familie und Freunden kann leicht hergestellt werden. Dank Skype wird das Telefonieren um die ganze Welt fast gratis.

Sohn Manfred hilft jetzt in der noch jungen Firma mit, die aber schon über eigenes Präsentationsmaterial und Logo verfügt. Diese soll jetzt bekannter gemacht werden. «Leider hat die Zusammenarbeit mit einschlägigen Institutionen nicht den erhofften Erfolg gebracht», meint Haefelin. So müsse er mehr auf Flyer oder Mund-zu-Mund- Propaganda setzen. Ein Präsentationsstand soll öffentliche Auftritte ermöglichen. Ein erster hat diese Woche am «Herbstbuffet» im «Läbesgarte» in Biberist stattgefunden.
Die ganze Freizeit in die Firma stecken, möchte er hingegen nicht.

Jetzt, wo er seinen Tagesablauf wieder freier gestalten kann, seien erst mal Ferien angesagt. Und auch Reisen möchte Marcel Haefelin wieder. In seinem Beruf ist er zwar weit in der Welt herumgekommen, für Messen und Firmenbesuche. «Ich habe aber jeweils nur die Flughäfen und Hotels gesehen. Jetzt möchte ich auch noch die dazugehörigen Städte sehen.»