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Der Organisator der Solothurner Biertage Alex Künzle zum Kleinbrauereien-Boom und zur Craft-Beer-Szene im Speziellen.
«Wer hätte das gedacht.» Alex Künzle weiss auch nicht mehr genau, warum er den Anlass vor 15 Jahren gleich nummerierte und ihn damals die «1. Solothurner Biertage» nannte. «An die Zukunft haben wir nämlich gar nicht gedacht.» Und das ist gut so. Denn aus den 15 Ausstellern von 2003 sind 47 geworden, die 3000 Besucher der Premiere haben sich inzwischen vervierfacht und der Platz für alle ist knapp geworden. «Da jeweils zwei Brauereien sich einige Stände teilen, haben wir sogar 50 Brauereien im grossen Zelt hinter der Reithalle.»
Dieses wurde zwar nochmals um 5 Meter verlängert, doch damit ist das Platzvolumen ziemlich ausgereizt. «Und wir wollen den offenen Biergarten sowie den Standort mitten in der Stadt behalten», verrät der Inhaber der organisierenden «Öufi»-Brauerei, dass künftig wohl nicht mehr alle interessierten Brauereien einen Stand auf sicher haben könnten.
Ohnehin ist die eigentliche Belastungsgrenze für die «pro-bierende» Gastig längst überschritten: Da jede Brauerei mit durchschnittlich vier bis fünf Biersorten aufwartet – das «Öufi» sogar mit acht –, sind an den drei Tagen vom 27. bis und mit 29. April zwischen 200 und 300 Biere zu verkosten. «Das geht in Stangen natürlich nie», lacht Künzle – aber viele Brauereien bieten deshalb auch kleine Degustier-Becherchen an. Und wer sich nicht durch die Stände «trinken» mag, hat eine Auswahl von fast allen Brauereien an der langen Rythalle-Bar. «Wer von den Ausstellern dort einen Zapfhahnen wollte, bekam einen.»
Allmählich mit gemischten Gefühlen beobachtet Alex Künzle die Kleinbrauer-Szene in der Schweiz, die immer noch boomt und sich mittlerweile gegenseitig tüchtig Konkurrenz macht. «1990 zählten wir noch 35 Brauereien. Inzwischen sind es 750, die hierzulande Biersteuer zahlen.»
Und so tauchen nebst altbekannten Brauereien wieder etliche neue Namen hinter der Reithalle auf: Aus der Region «Mein Teil» aus Hersiwil oder die Oltner Brauerei Dünnern, dann «Soorser» aus Sursee oder die Brauerei Schützenhouse in Burgdorf von Ypsomed-Begründer Willy Michel – nicht zu verwechseln mit dem Burgdorfer Bier. Mit Egger Bier zeigt aber auch eine grössere Brauerei der Kategorie 50'000 Hektoliter pro Jahr hinter der Reithalle Flagge, und die starke welsche Fraktion an den Biertagen erhält Zuwachs mit «La Nèbuleuse» aus Renens.
Aus dem Tessin, dem Engadin, dem Simmental, dem Glarnerland, ja sogar dem «Ausland» Liechtenstein stammen die Aussteller, arrondiert natürlich mit den hiesigen Platzhirschen aus dem Bucheggberg, Wasseramt, aus Oberdorf und Grenchen. Und immer wieder gibts die unvermeidlichen Diskussionen um die Bezeichnung «Craft beer», respektive die Zugehörigkeit im hinteren Zeltbereich, zum sogenannten «Craftbeer corner», wo sich die «wilden Experimentierkünstler» tummeln. «Nach US-Definition gehören zu den Craft-Brewerys schon Betriebe mit einem Ausstoss von jährlich 5 Mio. Hektolitern – also auch Feldschlösschen.»
Eine Definition, die für Alex Künzle so nicht gilt. «Für mich geht es dabei um wirklich handwerklich gemachte Biere.» Doch ist sich der «Öufi»-Brauer bewusst, dass sein Betrieb trotz Erfüllen dieses Kriteriums nicht zur Hardcore-Szene der Craftbeer-Brauer gehört. «Für die sind wir zu normal, zu gesellschaftsfähig.» Auch wenn die Brauerfamilie Künzle, vertreten auch durch Alex’ Söhne Moritz und Florian, durchaus für Experimente zu haben ist. So gibts an den Biertagen im Whisky-Eichenfass ausgebautes «Öufi»-Bier zu verkosten. «Wobei, Bier ist es eigentlich nicht mehr. Es schmeckt eher nach Sherry ...»
Zwar haben in Bern, Basel, Zürich und Lausanne ebenfalls kleinere Biertage versucht, Fuss zu fassen. Doch für die Szene ist Solothurn immer noch das Original. Dem wachsenden Zuspruch ist Alex Künzle mit einem ständigen Ausbau der Infrastruktur gefolgt. So wurde die Toiletten-Situation nochmals verbessert und das vor zwei Jahren breiter abgestützte gastronomische Angebot sorgt wieder dafür, dass neben dem Durst auch der Hunger gestillt wird.
«Nur die Currywurst können wir nicht mehr bieten», dafür neu Raclette und Chäsprägu, neben Deftigem wie Hamme und Gnagi, Brezn gefüllt oder nature, dem Schnitzelbrot, indischen Leckereien oder auch Hot Dogs in verschiedenen Variationen. Zumindest die Eröffnungsgäste werden auch geistige Kost serviert bekommen: Schauspieler Jens Wacholz übernimmt dieses Jahr den Eröffnungsspeak am Donnerstagabend.
Geöffnet: Donnerstag, 27. April, 16 bis 0.30 Uhr, Freitag, 28. April, 16 bis 1.30 Uhr, Samstag, 19. April, 14 bis 1.30 Uhr. www.biertage.ch