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Eine grosse Besucherzahl wohnte der Neuherausgabe des Romans «Meister Putsch und seine Gesellen» von Alfred Hartmann in der Zentralbibliothek bei.
Im Beisein von Nachkommen des bekanntesten Solothurner Schriftstellers des 19. Jahrhunderts, konnte Verena Bider die Herausgeber begrüssen und betonen, dass der Nachlass Hartmanns seit 2014 in der Zentralbibliothek ist und nun wissenschaftlich aufgearbeitet werden kann. Mit der Neuherausgabe dieses Werkes wird ein Sittenbild des politischen Lebens in Solothurn vor der Gründung des Bundesstaates lebendig. Stadtpräsident Kurt Fluri würdigte denn in seinem Grusswort die Errungenschaften des Bundesstaates, in welchem mit dem Ständerat ein Gremium geschaffen worden ist, das den Kantonen Einfluss ermöglicht und bei Verfassungsänderungen auch die Mehrheit der Kantone, ungeachtet ihrer Grösse, zustimmen muss.
Die Herausgeber, Christian von Zimmermann und Patricia Zihlmann-Märki, stellten Hartmann in den Kontext seiner Zeit. Der Roman in sechs Büchern erschien erstmals 1858 und schildert die Ereignisse zwischen 1840 und 1848, also die Zeit der Freischarenzüge und des Sonderbundskrieges. Dabei werden reale Ereignisse mit fast fotografischer Genauigkeit geschildert, während die Handlung dem damaligen Zeitgeist entsprechend Liebesgeschichten und das Vertauschen von Kindern beinhaltet. Der Roman beginnt mit dem Eidgenössischen Schützenfest 1840 in Solothurn. Alle führenden Köpfe der damaligen Zeit nahmen daran teil und Hartmann skizziert sie ziemlich genau und öfters auch recht ironisch. Die Leserschaft von 1858 konnte sie an Hand der Beschreibungen leicht erkennen, obwohl Hartmann keine Namen nennt. Deshalb ist der Neuauflage ein entsprechendes Verzeichnis beigelegt.
Der «Pastor von Lützelflüh» und sein Zechkumpan, ein Zeichner von Karikaturen, können auch heute noch als Albert Bitzius und Martin Disteli erkannt werden, aber andere Personen sind heute kaum mehr nur durch Anspielungen zu identifizieren.
Hartmann schreibt im Vorwort, dass er nicht aktiv in einer Partei mitgewirkt habe, dass er aber vom sicheren Ufer aus das Schlingern des eidgenössischen Schiffleins im bewegten Gewässer aufmerksam verfolgt habe. Seine höchst lebendig geschilderten Romanfiguren sind Abbilder ihrer Zeit. Einer Zeit des Übergangs von der patrizisch-aristokratischen Herrschaft zur Demokratie. Mit der Hauptfigur, dem als Bauernsohn eingeführten Waldmann, wird die Leserschaft mitgenommen in die Freischarenzüge der Jahre 1843 und 1844. Nachdem herauskommt, dass er eigentlich von adeliger Abstammung ist, wird er von seinen vorherigen Kumpanen ignoriert und muss beweisen, dass auch ein Junker seinen Platz in einem demokratischen Staatswesen findet. Er wird damit gleichsam zur Versöhnungsfigur zwischen dem Ancien Régime und dem neuen Bundesstaat, der keine Vorrechte mehr duldet.
Hartmann, selber patrizischer bernischer Abkunft und ins Solothurner Patriziat hinein verheiratet, war dieser Umstand bestens bekannt. Der Roman wurde im ganzen deutschen Sprachraum gelesen, was sich aus Besprechungen in deutschen «Intelligenzblättern» ergibt. Uns Heutigen wird das bunte Bild einer bewegten Zeit auf dramatisch-spielerische Art nahe gebracht.
ISBN 978-3-0340-1368-0 Chronos-Verlag