Die neue Gastkünstlerin im Alten Spital heisst Katrin Wegemann und kommt aus Deutschland. Ihre Arbeiten leben vom Verfall und tragen bereits zu Beginn den Faktor Vergänglichkeit in sich.
Die zierliche Künstlerin mit den warmen Augen versteht es, Menschen anzuziehen – lange bevor man sich mit ihren Objekten und Rauminstallationen auseinanderzusetzen beginnt. Katrin Wegemann wurde 1982 im westfälischen Recklinghausen geboren und begann ihr Studium der Bildhauerei in Münster. Dort steht auch ein Glaspavillon, den sie 2006 auf der Innenseite mit Tapetenkleister beschichtete. Innerhalb von drei Wochen löste sich der ausgetrocknete Kleister wie bei einer Häutung ab und rollte zu Boden.
Die Dias dieser faszinierenden Rauminstallation versetzten die Gäste am Begrüssungsapéro in Staunen. Doch damit nicht genug: Die nächsten Bilder zeigten einen schwarzen Metalltisch mit einem hübsch aufgedeckten Kaffee- oder Teeservice samt Gabeln und Kuchen in Weiss. Darüber hingen sechs Wärmelampen. Sobald die Lampen eingeschaltet wurden, begann das Gedeck aus weisser Schokolade zu schmelzen. Dasselbe passierte mit einem Stadtmodell, das unter dem Licht in sich zusammenfiel und seltsame Formen hinterliess.
Schwerkraft in Kunst umgesetzt
Der Faktor Zeit ist für Wegemann enorm wichtig: «Alles verändert sich mit der Zeit und löst sich auf.» Diese Lebensweisheit begleitet die junge Künstlerin bei all ihren Unternehmungen, die theatralisch aufgezogenen Happenings gleichen. Das gilt auch für die 250 weissen Ballone, die in der Kunstakademie Düsseldorf mittels Helium an die Decke befördert wurden und in den nächsten vierundzwanzig Stunden wie Schnee herabrieselten oder -schwebten.
Schnee könnte auch während des dreimonatigen Aufenthalts im Künstlerinnenatelier des Alten Spitals für Wegemann ein Thema werden. «Ich habe den Zeitpunkt für meinen Aufenthalt bewusst ausgewählt», sagt sie. «Ich möchte die Schweiz in einer ihrer besonderen Eigenarten kennen- lernen.» Und: «Der Schnee interessiert mich. Er ist unberechenbar, wird fest oder wässerig und tropft.» Ein Naturereignis, das auf die junge Künstlerin zugeschnitten ist. Doch es könnte auch anders werden: «Ich arbeite spontan, und meine Rauminstallationen sind immer auf einen Ort und dessen Geschichte oder Architektur bezogen.»
Lernen, Materialien zu verstehen
Wohl deshalb liebt Wegemann das Reisen, das sie schon in verschiedene Länder geführt hat. «Normalerweise geht man an einen Ort, weil man dort Freunde hat, studiert, beruflich tätig ist oder auch der Liebe wegen. Mich aber interessieren die Kulturen, die Traditionen und die Landschaften.» Letztlich sei es wie mit der künstlerischen Arbeit: «Man arbeitet immer mit neuen Materialien und muss lernen, diese zu verstehen und zu durchschauen.»
Bevor sie ihre Entscheidung trifft, wird Katrin Wegemann noch während einer Woche auf dem Heidelberger Weihnachtsmarkt Spiele verkaufen. «Kunst ist schwer zu verkaufen, deshalb braucht man immer wieder einen Nebenjob», lächelt sie.
Info: Die entstandenen Objekte werden am 24. Februar im Künstlerhaus S11 zu sehen sein. www.katrinwegemann.de