Solothurn
Kampf ums Stadtpräsidium: Franziska Roth greift an, Kurt Fluri fährt die Konter

In der Kulturfabrik Kofmehl kam es am Donnerstagabend zum Direktduell der Solothurner Stadtpräsidiumskandidaten Kurt Fluri und Franziska Roth.

Wolfgang Wagmann
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SP-Herausforderin Franziska Roth und Stadtpräsident Kurt Fluri stellten sich den Fragen von Moderator Marco Jaggi.

SP-Herausforderin Franziska Roth und Stadtpräsident Kurt Fluri stellten sich den Fragen von Moderator Marco Jaggi.

Hanspeter Bärtschi

Am 2. Juli steht fest: Bleibt Stadtpräsident Kurt Fluri nach 24 Jahren Amtsdauer im Amt, oder wird die SP-Herausforderin Franziska Roth seine Nachfolgerin? Eine Frage, die in der Kulturfabrik Kofmehl ein gut durchmischtes Publikum interessierte wobei doch einige der 200 Stühle leer geblieben waren.

«Habt ihr noch ein Geheimnis, etwas, das man von Euch noch nicht weiss?», versuchte Moderator Marco Jaggi den lockeren Einstieg. «Meine Privatsphäre bleibt meine Privatsphäre», gab Kurt Fluri diesbezüglich nichts her – während von Franziska Roth immerhin zu erfahren war, dass sie täglich 60 Kilometer auf dem Velo unterwegs ist.

Wieviel Stadt darf es sein?

«100 Prozent» will Franziska Roth Stadtpräsidentin sein und so kamen als erster Hauptpunkt die 34 Mandate von Kurt Fluri aufs Tapet. Sie würde manches Amt an Gemeinderatsmitglieder abtreten, und überhaupt: «Der Nationalrat bringt der Stadt nichts», so die SP-Kandidatin.

Fluri rechtfertigte sich einerseits, dass bei manchen Mandaten von den entsprechenden Gremien eben der Einsitz des Stadtpräsidenten erwünscht sei, und er wiederum nur als Nationalrat das Präsidium des Städteverbandes bekleiden könne, der immer wieder auch Interessen von Solothurn vertrete. «Auch sitze ich nicht die ganze Zeit in Bern, sondern bin die meistens in Solothurn. Und in Bern bin ich stets über das I-Pad mit Solothurn verbunden», konterte Fluri den Vorwurf Roths, er sei zu wenig nah «am Volk» oder er reagiere erst, «wenn es brennt.»

Die asoziale Sackgebühr

Nächstes Hauptthema: das liebe Geld. Von dem Solothurn ja so viel hat. Steuern senken oder nicht? Für Kurt Fluri nicht undenkbar. Man könnte durchaus die an der letzten Gemeindeversammlung noch abgelehnten 110 Prozent in Erwägung ziehen. «Aber nur, wenn wir kein rotes Defizit haben.» Nun, sie sei nicht grundsätzlich gegen Steuersenkungen», meinte Franziska Roth.

«Aber es stehen 300 Mio. Franken Investitionen für unsere Infrastruktur an, darunter der Stadtmist.» Und hier wurde die SP-Frau erstmals emotional, als Fluri seine Vorstellungen zur Finanzierung der Sanierung präsentierte. Nein, eine Erhöhung der Kehrichtsackgebühr, das komme für sie nicht infrage, «das ist asozial. Die Sanierung muss über die Steuern gehen.»

Hickhack ums Nachtleben

Das Thema durfte natürlich nicht fehlen, und es wurde auch hier emotional: die Einschränkungen des Solothurner Nachtlebens. Kernsatz Fluri: Man müsse endlich zur Kenntnis nehmen, dass der Stadtpräsident und der Gemeinderat hier keine Entscheidbefugnis hätten, sondern allein die Baubehörden.

Auch eine juristisches Lehrstück des Stadtpräsidenten brachte Franziska Roth nicht vom Vorwurf ab, man habe nicht rechtzeitig den Kontakt mit den Nachtlokalbetreibern gesucht, als das neue Arbeits- und Wirtschaftsgesetz in Kraft getreten sei. «Man hätte bereits am 1. 1. 2016 mit allen Betreibern zusammensitzen sollen.» Damit wäre das jetzige Hickhack zu vermeiden gewesen – worauf Fluri entgegnete: «Niemand ist zu mir wegen einer Verlängerung gekommen.»

Das Wörtchen «Pro aktiv»

Ob Förderung der Sportvereine und Ausbau ihrer Infrastruktur, zur Frage, wie sich die Stadt weiter entwickeln soll und wie Investoren angelockt werden könnten - zu all diesen Themen wiederholte Franziska Roth eloquent ihr Credo: Man müsse an einen Tisch sitzen, und «pro aktiv auf die Leute zu gehen.» Ruhig und nüchtern hielt der Stadtpräsident dagegen, wo was möglich sei und wo was nicht, stellte klar, warum die Stadt beispielsweise nicht im Gemeinderat öffentlich einem Privaten ein Kaufangebot für Land unterbreiten könnte.

Einmal gabs sogar Szenenapplaus für sein verblüffendes Erinnerungsvermögen: Rahmenbedingungen für die Wirtschaft seien wichtig – aber gegen die Westumfahrung und das Seminarhotel waren die SP. Als Roth wegen letzterem widersprechen wollte, fuhr Fluri ungerührt fort: «Doch, am 6. Juni 2002.»

Die SP stellt nach dem Podium fest, dass sie laut Gemeinderatsprotokoll vom 28. Mai 2002 damals sehr wohl die Seminarmeile befürwortet hat.