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Michael Daum aus Süddeutschland ist ab dem 1. Oktober der neue Bewohner der Einsiedelei. Er freut sich auf die Aufgabe. Bruder Michael möchte der 55-Jährige nicht genannt werden.
Nach den zwei Einsiedlerinnen Verena Dubacher und Schwester Benedikta wird nun wieder ein Mann die zuvor jahrhundertelange Tradition von Einsiedlern in der Klause fortsetzen. Der 55-jährige Michael Daum wird sein Amt als Einsiedler am 1. Oktober in der Verenaschlucht antreten, nachdem ihn der Solothurner Bürgerrat gewählt hat.
«Es gab übrigens schon immer deutsche oder auch Elsässer Einsiedler, die in der Verenaschlucht lebten», verwies Bürgergemeindepräsident Sergio Wyniger nach der Wahl auf Bruder Romanus aus Bayern in den Achtzigerjahren oder auf den berühmtesten aller Einsiedler, Arsenius, der von 1652 bis 1709, also volle 57 Jahre, in der Schlucht gewirkt hatte.
«Ich freue mich auf die neue Aufgabe, habe aber auch Respekt davor», bekannte der neu gewählte Einsiedler, der nicht Ordensbruder ist, also kein Gelübde abgelegt hat und deshalb auch nicht Bruder Michael genannt werden möchte.
«Reden Sie mich an, wie es aus Ihnen herauskommt», erklärt er auf diese Frage freimütig. Seinen spirituellen Weg möchte er in der Klause fortsetzen, Michael Daum hat «seit meiner frühesten Jugendzeit» Kontakt zu verschiedenen Klöstern gehabt. Sein künftiges Zuhause, das er noch diese Woche bezieht, hat er bereits bei einem Besuch mit Sergio Wyniger kennen gelernt.
«Am Morgen hörte ich das Konzert der Vögel, dann kommen immer mehr Menschen.» Auf sie will er zugehen und für sie da sein, aber andererseits ist der neue Einsiedler auch überzeugt, die innere Einkehr finden zu können. «Wenn mein innerer Gong ertönt, bin ich in der Stille.»
Bei der Bürgergemeinde ist man überzeugt, nach den letzten Erfahrungen nun mit der Besetzung der Einsiedelei richtig zu liegen. Sergio Wyniger: «Wir haben mit Michael Daum eine charismatische Persönlichkeit gefunden, die für uns die richtige Wahl für den Einsiedlerposten ist.»
Aus 22 Bewerbungen wurde nur jene von Daum in der Einsiedelei-Arbeitsgruppe der Bürgergemeinde Solothurn weiterverfolgt. Warum sich Michael Daum für die Einsiedelei bewarb, erklärt er folgendermassen: «Ich habe mich 27 Jahre nach aussen gewendet für mich, dann habe ich mich 27 Jahre um meine Familie und meine Kinder gekümmert. Sie sind jetzt aber so gross, dass sie ihren eigenen Weg gehen können. Nun kam der Ruf an meine Seele, mich aufzumachen und zu schauen, was für mich wichtig ist und da kam die Einsiedelei. Da folgte in mir ein Ruf hierhin. Ich wurde bei meinem Namen genannt und wurde quasi hierhin geführt. Hier möchte ich sein und hier möchte ich wirken können.»
Wie schon bei den zwei Vorgängerinnen setzt die Bürgergemeinde Solothurn mit der Wahl von Michael Daum auf eine Person mit «christlichem Hintergrund». Das war nicht ganz selbstverständlich, denn der Abgang von Schwester Benedikta im Februar dieses Jahres hatte die Grundsatzdiskussion befeuert, wie die Bürgergemeinde den Posten in der Waldklause künftig besetzen sollte.
Schwester Benedikta, die sich direkt von Gott inspiriert gefühlt hatte, war vor gut einem Jahr ins Kreuzfeuer interner Kritik geraten. Einerseits hatte sie sich über den Rummel in der Verenaschlucht beklagt, der ihr ein Leben als Einsiedlerin nach ihrer Vorstellung verunmögliche. Andererseits war sie keineswegs öffentlichkeitsscheu, wenn es um einen TV-Auftritt bei Aeschbacher oder die Vernissage ihres autobiografischen Buches ging. Ihre Vorgängerin, Verena Dubacher, hatte es gut drei Jahre länger in der Einsiedelei ausgehalten, jedoch wegen gesundheitlicher Probleme den Posten aufgegeben.