Solothurner Fasnacht
Fasnachtszeitungen spotten über «Pfuusion» und Rehschnitzel

Die Narrenpresse in Solothurn war auch schon scharfzüngiger und frecher. Highlights gibt es dennoch einige.

Andreas Kaufmann
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«Topseich», «SoloZuchu» oder die «infusionierte Grossgemeinde Zuluthurn» – logisch, dass an diesem dominanten Thema kein Narr mit Feder vorbeischreiben konnte. Auch jene aus den Kreisen der Fasnachtsblätter «Dr Hudibras» und «Postheiri» nicht, die seit gestern Donnerstag gekauft werden können.

Das «Sorganigramm» im «Postheiri» zeigt grafisch dicht, welcher Wulst an Verwaltungsapparat an den Zitzen der schlafenden Sau namens Grosssolothurn hängen und ihr die Energie rauben wird. In kompakter Form gehalten ist, was der «Hudibras» an Indiskretionen zum Schulterschluss ausplaudert. Beispielsweise, dass Marie-Christine Egger ihre historischen Stadtführungen nun auf die Kebag ausdehnt; oder dass der Hauptbahnhof neu zur Haltestelle Zuchwil wird.

Schelmerei über die Einsiedelei

Die Frontgeschichte ist beim «Hudibras» aber eine andere: Hier gerät Schwester Benedikta gar mehrseitig in den Fokus. Ein Highlight ist der benediktinische Kalender, der eine typische Woche im Leben der Einsiedlerin Revue passieren lässt. Tägliche Medienkonferenzen, Lohnforderungen und mehrfache TV-Auftritte.

Kein Wunder wünscht sich Benedikta vor der Kamera Einsamkeit und Stille. Ebenso wenig um Spott sorgen muss sich Bea Heim – dank ihres gephotoshoppten Wahlkonterfeis. Während der «Postheiri» die Nationalrätin beim Fotogeschäft «Pixelzauber» gesehen haben will, weiss der «Hudibras» schon jetzt, dass sie mit kindlichem Engelsgesicht 2031 für den «National Council» antreten wird.

Beschäftigt hat 2015 auch die Schliessung der Obach-Geburtenabteilung – entsprechend wird der Entscheid beim «Postheiri» närrisch aufs Korn genommen – und so sind für die Dienstleistungen der «Obachlosen» bald Alternativen gefunden. Chris von Rohr stellt Kopfwindeln zur Verfügung und Oetterli-Kaffee bietet eine Aromatherapie an. Der «Hudibras» stellt demgegenüber klar, dass Angaben zur Klinik Obach «ohne Gebähr» seien.

Bratwurst und Rehschnitzel

Fleischwaren gaben den Schreibernarren ebenfalls genügend Stoff für spöttische Inhalte. Gerade das städtische Verbot, Würste unter freiem Himmel zu verkaufen, hat die Eugenspiegels Honolulus inspiriert: So wursteln sich Hilarius Immergrün und Tochter Elisi im traditionellen Stadtspaziergang im «Postheiri» an diversen Fleischwaren vorbei. Mit kulinarischen Genüssen verlustiert sich im «Hudibras» der altbekannte diensthabende Polizeidackel Waldemar.

Er frisst sich wortwörtlich durch die lokalen Köstlichkeiten, während sein Herrchen, Gefreiter Rogenmoser, darüber sinniert, wie sich sein Bussenblock noch füllen liesse.

Andere Fleischdüfte stiegen dafür aus dem Ratskeller hoch, als beim Empfang der alt Regierungsräte beim Rehschnitzel-Braten der Brandmelder losging. «Dr Hudibras» mutmasst, es könne daran liegen, dass Regierungsrat Fürst endlich mal eine zündende Idee hatte oder Straumann mit einem tüchtigen Brand erschien. «Füürio im Rothuus» titelt dafür der «Postheiri» und erkennt die Moral der Geschichte: «Wirds bränzlig mou, herrscht höchschti Gfahr, de macht d’Regierig sich schnäu rar, verschlüüft sich i ne Chäller abe, um sich a Wy und Wild z’erlabe.»

Layout in Schieflage

Gerade beim Verslischmieden und in Sachen Wortspielereien zeigt der «Postheiri» heuer seine Stärken, weniger aber durch eine allzu hohe Pointendichte. Dicht ist dafür das Layout und somit leider auch ein wenig überladen. Bei aller Verspieltheit: Wer in den teils senkrecht stehenden Textkasten schmökern will, hat seine tägliche Nackenübung auch gleich mitabsolviert. Schön illustriert kommt dafür die Doppelseite daher, die sich dem Tempo 30 widmet und dazu die Szenerie einer Rennbahn wählt.

«Dr Hudibras» seinerseits besticht durch thematische Schwerpunktseiten, wie den Ausflug in die kantonale Politmanege oder aufs Gondeli und den Weissenstein. Ein Blickfang sind die Comics, die die Seiten stellenweise auflockern. Was Nichteingeweihten dafür etwas dröge erscheinen mag, sind die gehäuften Interna der «Hudibras Chutzen» oder der allgemeinen Narrengemeinschaft. Fazit: Überblickt man den närrischen Blätterwald als Ganzes, so scheinen die Vorjahre weitaus mehr Schiesspulver für die Witzkanonen geliefert zu haben als das Jahr 2015.