Die bildlich dargestellte Weihnachtsgeschichte fasziniert ungebrochen: Herodes der Fiesling, Jesus der Retter, die orientalischen Könige und natürlich die Tiere ziehen Jung und Alt in den Bann.
Herodes brüllt seine Tochter an. Um sich warmzulaufen. «Sonst ist er das pure Gegenteil», beruhigt Pfarrer Urs Dummermuth. Doch für fast drei Stunden schlüpft Jürg Meier in die Rolle des Königs der Juden, der plötzlich von einem neugeborenen Büblein Konkurrenz erhält. «Herodes war arrogant und herrschsüchtig, ein richtiger Fiesling.»
Und den spielt Meier vor St. Ursen mit Hingabe. Schickt arglistig die drei Weisen aus, ihm zu berichten, wo der neugeborene König steckt. Lässt, als er ihn nicht findet, alle Kleinkinder von Bethlehem ermorden - auch hier und jetzt in Solothurn. «Kinder sind manchmal schockiert, Erwachsene nachdenklich», meint Urs «Herodes» Meier. «Aber wir wollen zeigen, in welchem Umfeld Jesus damals zur Welt gekommen ist.»
Der Mathematiker Kaspar
Trost in dieser tristen Zeit spendet einer der drei Weisen, Peter Meier, wie sein böser «Auftraggeber» Herodes schon zum siebten Mal und von Anfang an dabei. «Immerhin schlug Herodes' Absicht fehl und Gottes Plan ging auf - Jesus überlebte», erklärt Meier, der ansonsten an der Kantonsschule Mathematik unterrichtet. Was gar nicht so weit von der Astronomie entfernt ist, denn Könige waren es nicht, die damals ins Morgenland zogen, sondern Sterndeuter. «Auch die Namen Kaspar, Melchior Balthasar stehen nicht in der Bibel, sondern sind im Mittelalter entstanden. Und nirgends ist auch aufgeführt, dass es drei Weisen waren.»
Hier in Solothurn sind es aber drei, welche unter den rund 100 Mitspielenden der Landes- und Freikirchen eine zentrale Rolle einnehmen.
Alle drei gehören zum harten Kern, den «Melchior» gibt Joel Equagoo, den «Balthasar» Rolf Weyermann. Das Kindermassaker ist für Peter «Kaspar» Meier auch nicht so zentral. «Überall in der Bibel wird betont, dass damals bei allen, die beim neu geborenen Jesus waren, grosse Freude herrschte», streicht der Mathematiker in seinem Prachtgewand die positiven Seiten der Weihnachtsgeschichte heraus, die für ihn «eine starke Geschichte» ist, «die auch sonst viele Leute anspricht.»
Maria, die Schreinerin
Von all den Wirren um seine Person bekommt der kleine Hauptdarsteller Yannis Marmet am wenigsten mit. Vor der reformierten Kirche trägt ihn Vater Andreas gut eingepackt auf der Brust, Yannis «Jesus» wird seinen grossen Auftritt auf dem Märetplatz mehrheitlich verschlafen. Die Krippenszene ist zentral, aber da haperts jetzt mit den historischen Tatsachen ein bisschen. Nicht Joseph, also Andreas Marmet, ist Schreiner, sondern seine Frau Angela, was wiederum übersetzt Engel heisst.
Eindeutig fehlt neben der Krippe - der Ochse. «Wir hatten schon an ein schottisches Hochlandrind gedacht», so «OK-Chef» Urs Dummermuth, doch das sei zu gefährlich, genauso wie die anfänglich eingesetzten Pferde. Dafür gibts zwei gleichmütig dahintrottende Kamele aus Huttwil, die die von der Mongolei her ganz andere Temperaturen als hier in Solothurn gewöhnt sind, und neben Eseln auf dem «Söilimäret» jede Menge schwarze Schafe bei den
Hirten.
Die eigentlichen Stars aber sind die Legionäre. Besonders stilecht: die 15-jährigen Samuel Neuhaus und Lucas Renfer von der reformierten Kirchgemeinde. Die Metallrüstung mit Helm und ein Kettenhemd haben sie im Internet beschafft. «Jetzt stehen wir beim Bieltor Wache» - sie zählen erstmals das Volk. Und an Volk herrscht an jenem Nachmittag in Salodurum gar kein Mangel.