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Pervez Mody gastierte in Solothurn. Mit dem Stadtorchester Solothurn spielt er das Klavierkonzert von Beethoven 5.
Innerhalb von vierzehn Tagen kam Solothurn zweimal in den Genuss von Beethovens 5. Klavierkonzert: mit dem Solothurner Stadtorchester und dem in Deutschland lebenden, indisch stämmigen Pianisten Pervez Mody, davor mit der Solothurner Solistin Evelyne Grandy und der Philharmonie Baden-Baden aus Deutschland. Zweimal Beethovens «Emperor», zwei Klavierwelten mit radikalem Unterschied. Beides Virtuosen, die keine technischen Hürden kennen, sich interpretatorisch jedoch fundamental unterscheiden. Mody zelebriert eine Individualität, die oft bis ins Kokette reicht, Grandy eine Unaufdringlichkeit, die von Verinnerlichen zeugt. Keine Frage: Pervez Mody bot nicht nur akustisch, sondern auch optisch Ungewöhnliches, avancierte zum Musikdarsteller par excellence. Wie geteilt dies honoriert wurde, zeigte der Schlussapplaus: Die Hälfte des Publikums erhob sich zur stehenden Ovation, die andere Hälfte blieb demonstrativ sitzen.
Pervez Mody macht als Skrjabin-Interpret europaweit Furore, heimst Preise ein und war für den «Preis der deutschen Schallplattenkritik» nominiert. Gegenwärtig widmet er sich dem kompletten Klavierwerk von Beethoven, welches er in einem Konzertzyklus in Berlin und Zittau vorstellt. Da passte der Solothurner Auftritt mit dem Es-Dur-Konzert perfekt ins Programm. In der Orchestereinleitung des ersten Satzes öffneten Harald Siegel und das Stadtorchester Solothurn mit den Anfangsakkorden dem Klavier ein Portal für kühne Improvisationen. Ein Pianist kann selbst aus einem so bekannten Werk wie dem Emperor noch Neues heraushören.
So besitzt das Ungestüme in Pervez Modys Spiel durchaus seinen Reiz, den Charme donnernder Heroik. Doch es hat auch seinen Preis, wenn er da beschleunigt, wo der Effekt es gebietet und schnelle Läufe nicht ganz sauber gelingen. Andererseits entgeht Mody der Gefahr, bei allzu langsamem Spiel ins Routinierte abzugleiten. Im Gegenteil. Bei diesem Pianisten ist keine Minute langweilig. Er hält den Spannungsbogen aufrecht, ja entfacht eine fast schon «nervöse» Elektrizität. Während der Orchesterpassagen wiegt er sich im Rhythmus der Musik, bringt nicht nur den Körper, sondern auch den Klavierhocker zum Schwingen.
Ohne Zweifel Beethoven, zweifellos ein wenig «Zirkusshow». Diese setzte sich bei der Zugabe, des von Pervez Mody bearbeiteten Schubert-Lied «Wohin» aus «Die schöne Müllerin» fort. Rasant, stupend, mitreissend wie ein Schlager.
Der Exzentriker am Flügel vermochte den Dirigenten Harald Siegel nicht aus dem Konzept zu bringen. Siegel leitete das vor allem bei den Streichern sehr gut disponierte Stadtorchester in gewohnt souveräner Manier durch die beiden Monumentalwerke des Abends. Neben dem Klavierkonzert von Beethoven erklang zudem die erste Sinfonie von Brahms. Dramaturgisch gut durchdacht, hat sich Brahms doch als Sinfoniker als Beethovens eigentlichen Nachfolger etabliert. Bei der ersten Sinfonie spannt der Bogen von finsterem c-Moll zu lichtem C-Dur, ergreift bis zum heutigen Tag. Das Stadtorchester zeigte sich der Herausforderung gewachsen: Obschon der Kopfsatz noch ein bisschen arg «wackelte», gelang es den Musikern sich zu steigern, die «Stretta» im Finale zum mitreissenden Erlebnis werden zu lassen. Ein würdiger Saisonschluss, der einmal mehr die Fortschritte des Solothurner Stadtorchesters aufzeigte.