Knapp 20 Aussteller lassen sich an den Solothurner Handwerktage noch bis Sonntag in der Reithalle über die Schulter schauen.
Totgesagte leben länger – so verhält es sich auch mit dem Handwerk, das sich durch Wegwerfmentalität und Förderbandlärm nicht aus dem Konzept bringen lässt.
Dies darf auch der Besucher der 14. Handwerktage erfahren, wenn er von der Aussenwelt der Massenfertigung in die Reithalle gelangt. Dort reibt er sich zunächst mal die Augen – erstaunt darüber, was sich mit blossen Händen alles schaffen lässt. «Nicht ein kommerzieller Aspekt steht im Vordergrund.
Es geht darum, zu zeigen, dass es uns noch gibt und dass unsere Türen offen stehen», betont auch Kuno Schaub, der die Handwerktage mitorganisiert hat. Er selbst lässt in sein Schaffen als Geigenbauer blicken.
Werbung ist der ganze Anlass dennoch, aber nicht für die einzelnen Aussteller, sondern fürs Handwerk an und für sich. Oder wie es Vergolderin Gabriela Knuchel-Menziger aus Solothurn ausdrückt: «Für einen Kunden ist es auch mal spannend zu sehen, was zwischen dem unfertigen Holzrahmen und dem blattvergoldeten Endprodukt passiert.»
Keine Stände im Baukastensystem
Hier blicken Besucher der Fachfrau und dem Fachmann über die Schultern. Patricia Müller aus Bibern schöpft vor neugierigen Augen Papier und kann damit nur einen Ausschnitt ihres zeitintensiven Hobbys präsentieren: Die Arbeit beginnt für sie schon früher, beim Flachs, den sie selbst erntet – als Rohstoff für ihr Papier.
Nebendran, beim Solothurner Buchbinder Bruno Schwägli, fände das Papier dann seine endgültige Form. Zusammenarbeit unter allen Ausstellern wird nicht nur bei der Planung grossgeschrieben. Hier reihen sich Stände nicht penibel genau nebeneinander: Die Handwerks-Oasen gehen fliessend ineinander über.
So ist Teamwork auch zwischen der Kunstschaffenden Rosa Gasche aus Kriegstetten und dem Floristik-Team von «Blattwerk» aus Derendingen Programm. Zwischen den Blumengebinden ragen Gasches grazile Tänzerinnen als Gartenskulpturen empor. Derweil bringt Knuchel eine Goldverzierung auf einer Tambourentrommel an.
Das Instrument stammt seinerseits vom Standnachbarn, dem Antik- und Instrumentenschreiner Ulrich Bucher aus Biberist. Fast wie Prozessmanagement, eines, das natürlich gewachsen ist: Betriebe, und mögen sie noch so unterschiedlich sein, greifen wie Uhrräder ineinander.
Zwischen Handwerk und Kunst
Den weitesten Weg zu den Handwerktagen hat Heinz Kirchhofer aus Büron LU auf sich genommen: «Holzbildhauer sind rar. Und obwohl das Metier den Leuten erfahrungsgemäss Freude bereitet, muss man oft weit reisen.» Kirchhofer zeigt schwerpunktmässig seine Holzarbeiten.
Was früher eine Astgabel war, wurde zum dreidimensionalen Standbild zweier Raubvögel im Flug – als ob die beiden Tiere bloss tief im Holz versteckt gewesen wären. Gleich nebendran ein Holz-Schatz in Form eines filigran gearbeiteten Hirschs. Ob Kirchhofers Arbeit Kunst ist? Diese Frage könnte man wohl bis zur Erschöpfung erörtern. Tatsache ist: An den Handwerktagen ist das ganze Spektrum zwischen Kunst und Handwerk abgedeckt, ebenso zwischen beruflicher Leidenschaft und Hobby sowie zwischen Ästhetik und Funktion.
Die goldene Mitte hat Felix Gerber aus Pieterlen gewählt. In seinem Schreinereibetrieb mit konventionellen Aufträgen behält er auch Energie für anderes zurück. Dann nämlich belässt er das Holz in seiner sturen Eigenwilligkeit, akzeptiert seine «Chnörz», Spalten, Verbiegungen und Verfärbungen. So wie Kunden oft individuelle Wünsche haben, sei eben auch das Holz individuell.
Tritt man wieder raus in die Aussenwelt, so mag man sich nur eines wünschen: dass das totgesagte Handwerk ewig lebt. Schliesslich rostet alte Liebe nicht, Förderbänder schon.
Öffnungszeiten: 21. bis 24. Oktober; Donnerstag und Freitag, 14 bis 21 Uhr, Samstag und Sonntag, 10 bis 18 Uhr.