Die Verlierer vom 20. Februar haben im Solothurner Gemeinderat wieder gesiegt: Sie versenkten die FDP-Motion zur Verkleinerung des Rats und setzten ihre Ideen für das Vorgehen der neuen Arbeitsgruppe zur Gemeindeordnung durch.
Schon nach dem hauchdünnen Sieg der FDP und SVP am 20. Februar hatten die Zeichen auf Sturm gestanden, nun ist er im Gemeinderat ausgebrochen: Die damals unterlegenen Befürworter-Parteien der ausserordentlichen Gemeindeorganisation, die SP, CVP/GLP und Grünen, zeigten ihre Muskeln. Sie lehnten die FDP-Motion und damit den Alternativ-Vorschlag zur Reduktion des Gemeinderats auf noch 11 Mitglieder rundum ab und gaben genaue Richtlinien durch, wie eine neu zu bildende Arbeitsgruppe in Sachen Revision der jetzigen Gemeindeordnung vorzugehen habe.
Claudio Hug (GLP) eröffnete mit der Ansage: «Wir haben uns zwei Jahre lang intensiv mit dem Vorgehen befasst. Wir sollen nicht wieder von vorne anfangen und völlig ergebnisoffen arbeiten.» Stattdessen schlug er vor, drei Stossrichtungen zu verfolgen: die Einführung eines Ressortsystems in der Gemeinderatskommission GRK, die Optimierung der Prozesse im Gemeinderat und eine bessere Einbindung der Kommissionen. Hug erging sich in einem viertelstündigen Vortrag zu lauter Details, die nach seiner Meinung die Arbeitsgruppe beachten müsste.
Am Schluss der Ratssitzung thematisierte Stadtpräsident Kurt Fluri die teilweise gut geheissenen Beschwerden gegen seine Führung der Gemeindeversammlung. Der Entscheid des Volkswirtschaftsdepartements sei nun rechtskräftig, da er nicht weitergezogen worden ist. «Wäre ich persönlich betroffen, hätte ich ihn zweifellos mit Erfolgsaussichten weiter gezogen», so Fluri. Denn vorgängig habe das Departement, vor allem aber der Chef des Amtes für Gemeinden, Andrè Grolimund, Signale ausgesandt, die dem jetzigen Entscheid entgegen stünden. «So ist keine Klarheit geschaffen worden, und es gibt noch viele Fragen mit dem Kanton zu besprechen», tönte der Stadtpräsident Unsicherheiten bei Themen wie Nachtragskrediten oder beim Teuerungsausgleich an. (ww)
Düpiert kam sich die FDP vor. Marco Lupi meinte sichtlich enerviert: «Wir haben euren Antrag bis heute nie gesehen.» Tatsächlich räumte nicht nur Hug ein, dass man den Antrag kurzfristig erarbeitet habe. Doch zeigte sich rasch, dass es sich um eine konzertierte Aktion handelte, denn auch die anderen Parteien stiessen ins gleiche Horn. So Anna Rüefli für die SP: «Am 20. Februar gabs einen Zufallsentscheid, es war eine verpasste Chance.» Die Motion der FDP bedeute einen Demokratieabbau, deshalb unterstütze man den gemeinsamen Antrag für das Vorgehen der Arbeitsgruppe. «Wir wehren uns gegen jeden Versuch einer Verschlimmbesserung.»
Support erhielt sie von den Grünen. Christof Schauwecker erklärte, das knappe Resultat des Urnengangs bedeute, dass Veränderungen erwünscht seien, auch seine Partei stehe hinter dem Antrag. Beat Käch (FDP) wiederum konterte: «Die Verlierer haben ihre Niederlage nicht verdaut. Deshalb sollen die Sieger nicht einbezogen werden.»
Gemeint war damit auch ein nicht unwichtiges Detail im Antrag der SP, CVP/GLP und Grünen: Sie forderten einen Einsitz von Stadtpräsident Kurt Fluri nur als FDP-Mitglied, nicht aber als zusätzlicher Leiter der Arbeitsgruppe, wie das zuvor der Fall gewesen war. Damit wäre die FDP nur mit zwei statt drei Mitgliedern vertreten.
Nun, die FDP musste diese und sämtliche andern Kröten schlucken. Zuerst hatte Marco Lupi noch versucht, dem Rat beizubringen, dass man auf die FDP-Motion an diesem Abend gar nicht eintreten müsse. Doch angesichts der klaren Position der Gegner-Parteien, sich überhaupt nicht auf die Idee eines Elfer-Gemeinderates einzulassen, kapitulierte der Freisinn vor den Realitäten und zog seine Motion zurück.
Zwar hatte auch Marianne Wyss für die SVP den Antrag mit den drei Stossrichtungen als «sehr einschränkend» kritisiert, doch wurde ihm zuletzt mit 20 gegen 9 Stimmen bei einer Enthaltung von Kurt Fluri klar zugestimmt.
Etwas erstaunt hatte sich zuvor noch der Stadtpräsident über den Hickhack gezeigt: «Dabei wäre es so einfach. Die neue Arbeitsgruppe prüft einfach die Alternativen, die neben der ausserordentlichen Gemeindeorganisation vorher nicht zum Zug gekommen waren.» Und er prophezeite dem Detailkatalog von Claudio Hug bereits: «95 Prozent davon haben in einer Gemeindeordnung nicht Platz. Denn bei den Vorschlägen handelt es sich um ein Geschäftsreglement.» Nun, die Arbeitsgruppe begann sich schon an diesem Abend zu formieren. Als auswärtiges Expertenteam soll wiederum das Büro Bolz + Partner beigezogen werden. Nicht näher eingegangen wurde dagegen auf den Vorschlag der Stimmbürgerin Doris Katzenstein, in der Arbeitsgruppe mitwirken zu wollen.