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Die bitterböse Komödie wurde bereits 1995 geschrieben. Ihren Siegeszug auf deutschsprachigen Bühnen hat sie erst in den letzten Jahren angetreten.
«Er hätte ruhig einen grösseren Penis haben können,» meint Phillis zu ihrer Besucherin Carol und zeigt auf die am Boden liegende zerbrochene Figur eines Apollo. Wurde er wohl deswegen zerschlagen? Nein, denn in der Folge stellt es sich heraus, dass sein Zerschmettern die Folge eines Ehekrachs gewesen ist. Gleich zu Beginn kippt sich Phillis aus der bereitstehenden Bar ein volles Glas Wein ums andere in den Mund. Es klingelt und Carol erscheint. Phillis habe sie mehrmals angerufen und nun will sie wissen, was los ist. Auch Carol ist nicht abgeneigt, sich einen Drink zu genehmigen. Der Eindruck, zwei Freundinnen treffen sich zu Klatsch und Tratsch vergeht bald, denn auf etwas verschlungenen verbalen Pfaden enthüllt Phillis, dass ihr Gatte Sam, sie kurz zuvor wegen Carol verlassen hat.
Was jetzt folgt, lässt sich umschreiben mit «da werden Weiber zu Hyänen», denn was die beiden Frauen, der gebildeten besseren Gesellschaft New Yorks zugehörig, sich gegenseitig an den Kopf werfen, unterbietet das Niveau von Waschweibern. «Metze» und «Hure» sind noch die druckreifsten Wörter. Sam hat die Scheidungspapiere mitgebracht, damit Phillis sie unterzeichnet. Sie denkt nicht daran und zerreisst sie in Carols Gegenwart in tausend Stücke. Es klingelt erneut und Howard, Carols Ehemann, tritt auf. Phillis konfrontiert ihn gleich mit der ihm bis jetzt nicht bekannten Tatsache, dass seine Ehefrau ihn mit seinem Freund Sam betrügt.
Die Komödie, welche wie Woody Allens Filme, vom Dialog lebt, stellt die Schauspieler vor anspruchsvolle Aufgaben. Denn dieser vertrackte Text und der schnelle Schlagabtausch erfordern höchste Konzentration. Die fünf Ausführenden sind derart in ihre Rollen hineingewachsen, dass es ein – manchmal durchaus amüsanter – Genuss ist, ihnen zuzuschauen. Zora Drieghe-Helier kann als Phillis das ganze Repertoire von der besten Freundin bis zur rachsüchtigen Gegnerin nahtlos ausspielen. Sie übertreibt ihr Spiel auch nicht, wenn sie die Angetrunkene mimt.
Mit einem zeitweise etwas gekünstelten Tonfall wird Franziska Bussmann der Rolle der Carol gerecht. Wenn die Masken fallen, ist von ihrem oberflächlichen Geplauder nichts mehr übrig. David Gnägi als ihr Ehemann Howard, gescheiterter Schriftsteller und manisch-depressiv, überzeugt sowohl als todessüchtiger gehörnter Ehemann wie später auch als fast euphorischer Träumer. Seine erste grosse Rolle spielt der syrischstämmige Thair Alsaadi als Sam. Seine Sprache ist präzis und sein schauspielerisches Talent offensichtlich. An der Premiere wirkte sein Sam fast etwas zu brav. In den folgenden Vorstellungen darf er ruhig noch etwas zynischer werden.
Wie in der klassischen Dramaturgie als Deus ex Machina erscheint Dominique Lysser als Juliet gegen Stückende. Elegant gekleidet platzt sie in die Szenen zweier kaputter Ehen hinein. Sie ist in dieser Komödie die einzige positive Figur und versteht eigentlich die Welt nicht mehr, in welche sie hineintappt. Sie war total gehemmt und bei Phillis, einer Psychoanalytikerin, in Behandlung, die ihr das Selbstwertgefühl vermittelt hat, das sie nun in fast naiver Weise ausspielt. Langanhaltender Applaus belohnte die Akteure für ihre ausgezeichneten Leistungen.
Freitag/Samstag, 28./29. Juni, je 19.30 Uhr, Sonntag, 30. Juni, 17.30 Uhr, Freitag, 5. Juli, 19.30 Uhr und Sonntag, 7. Juli 17.30 Uhr. Bei schlechter Witterung kann im Schloss gespielt werden.