Theater im Uferbau
«All you can essen»: Ein Theaterstück, das durch den Magen geht

Im aktuellen Stück des «Theaters im Uferbau» geht es um die Esskultur. Das Theater wurde in ein Bankett verwandelt und auf der Bühne gibt es sogar eine Kochinsel, auf der alles von Mammutfleisch bis zur futuristischen Molekularküche gekocht wird.

Andreas Kaufmann
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Gusti Egli (Hanspeter Bader) und Dr. Rolf Zander (Jens Wachholz) kreuzen auf dem gastronomischen Schlachtfeld die Kochlöffel.

Gusti Egli (Hanspeter Bader) und Dr. Rolf Zander (Jens Wachholz) kreuzen auf dem gastronomischen Schlachtfeld die Kochlöffel.

Zur Verfügung gestellt

Mit der Regelmässigkeit einer Ostertaube oder einer Fasnachtspastete dürfen sich Solothurns Theaterfreunde alljährlich auf ein Bühnenstück des «Theaters im Uferbau» freuen. Auch in diesem Jahr serviert die Truppe rund ums Schauspieler-Duo Hanspeter Bader und Jens Wachholz und um Regisseur Pedro Haldemann wieder Amüsant-Geistreiches auf dem Silberteller. Sinnigerweise steht die Produktion diesmal ganz im Zeichen der Esskultur. «Gegessen wurde schon immer», bringt es Wachholz im Gespräch auf den Punkt.

Für einmal macht die Nahrungsbeschaffung des Höhlenmenschen anderen Fleischeslüsten den Titel als ältestes Gewerbe der Welt streitig. Das Stück «All you can essen» reicht übers Gaumensegel ebenso tief in den Verdauungstrakt hinein, wie es den Theaterbesucher zeitlich zur ersten Mammut-Grillade führt und zurück in die Zukunft zum blubbernden Kochtopf der Molekularküche.

Essen als Themengenerator

Entsprechend erwies sich das Thema für die Gruppe des «Theaters im Uferbau» als ergiebig: «Essen als Lebenshaltung birgt eine Vielzahl von Möglichkeit zur Satire und Komik», so Pedro Haldemann. Begonnen bei der medialen «Ratschlagindustrie» mit Kochsendungen und Kochbüchern, mit der volatilen Vorstellung dessen, was gesund ist und was nicht. Studien widerlegen Studien, widerlegen Studien...

Und nichts was heutzutage über den Gaumen gleitet, kommt ungeschoren an der kulinarischen Gesinnungsprüfung vorbei. Der Sinn fürs Gastronomische ist somit aus der Triebzone im Stammhirn in vergeistigte Gehirnsphären ausgewandert. «Es ist enorm kompliziert geworden, Freunde zu bekochen, wenn man Glutenallergien, Laktoseintoleranzen und Pudding-Aversionen, sowie koscher und halal berücksichtigen muss», so Wachholz’ Beobachtung. Auch Veganismus und Vegetarismus kommen am theatralen Fleischwolf nicht vorbei.

Auf humoristisch-provokante Weise tritt die Frage in den Vordergrund, wann Ernährung eigentlich zur Religion geworden ist – dort, wo sie es nicht schon immer war. «Doch wir vertreten keine konkrete politische Haltung in nur eine Richtung», verdeutlicht Wachholz. «Wir holen zum Rundumschlag aus. Da ist für jeden was dabei.» Klar ein Berufsrisiko, wenn man damit jemandem auf den Schlips tritt. Eins, das das Bühnenteam jedoch lässig in Kauf nimmt. «Wir haben die Freiheit, Dinge auf der Bühne überspitzt zu meinen», sinniert dazu Wachholz. Schliesslich habe man im letztjährigen Stück, dem «Kleinen Welttheater», auch den eigenen Berufsstand durch den Kakao gezogen. «Auch damals haben sich bei uns deswegen keine Kollegen beschwert», sagt Theatermann Wachholz schmunzelnd.

Auf den Leib geschneidert

Im Zentrum von «All you can essen» stehen die beiden Protagonisten, zwei so genannte «Cook-Consultants». Gusti Egli führt als Metzgerssohn eine gutbürgerliche, provinzielle Beiz. Dr. Rolf Zander hingegen kennt das Kulinarik-Fach eher von der theoretischen Seite. Die beiden, einander gegenüberstehenden Charaktere sind Bader und Wachholz auf den Leib geschneidert. Pedro Haldemann führt wie eh und je Regie, die Produktionsleitung hat Barbara Low inne, und die Technik verantwortet Max Aeschlimann. Irène Roth-Kradolfer, von der auch Requisiten und Kostüme stammen, hat sich ein besonderes Raumkonzept ausgedacht. So wird der Zuschauerraum durch einen langen Esstisch im Schlossbankett-Stil zerteilt – und die Bühne enthält das, was sich jeder Hobbykoch insgeheim wünscht: eine Kochinsel.

Nachdem im Sommer 2016 Kollege Bader, selbst begnadeter Spitzenhobbykoch, die Idee eingeworfen hatte, die Essensfrage theatralisch auszubreiten, ging das Team vor, wie es Jahr für Jahr vorgeht: Durch ein Brainstorming werden Ideen generiert, die verworfen oder weiterentwickelt werden. Seit dem 6. Februar wird geprobt und gefeilt – auch an musikalischen und choreografischen Einlagen. Und auch wenn kein durchgehender Handlungsbogen vorliegt, wie Bader sagt, ergibt sich doch das eine Thema aus dem vorhergehenden.

Kulinarik war aber nicht nur wegen ihrer Vielseitigkeit als Pointengenerator ergiebig. So lädt das vielfältige Kochvokabular dazu ein, mit bunte Metaphern und Wortspielen zu jonglieren. Und der schöpferische Elan der Macher gestattet auch mal szenische Absurditäten: So stehen beispielsweise TV-Köche auf der Anklagebank, um für ihren drangsalierenden Umgang mit Gemüse vor Kartoffel, Spargel und Co. Rechenschaft abzulegen. Doch deswegen wird dem Theaterbesucher der Appetit nicht vergehen...

«All you can essen»: Uferbau am Ritterquai 10. Vorstellungen: 23./24./30./31. März/1./6./7./8. April, jeweils 20 Uhr. Matinée: So, 9. April, 11 Uhr. Kartenreservierung: 078 824 94 12.