Am Mittwoch wurde eine vermeintliche Sozialhilfebetrügerin vom Vorwurf frei gesprochen, bis zu 50 000 Franken unrechtmässig bezogen zu haben.
Das Sozialamt Grenchen hatte Simona R.* verdächtigt, über ein Jahr lang 25000 bis 50000 Franken bezogen zu haben, auf die sie eigentlich keinen Anspruch hatte. Das Amt hegte den Verdacht, die 33-jährige Frau aus der Dominikanischen Republik arbeite als Prostituierte in einem Etablissement, ohne dies zu deklarieren. Simona R. bestritt aber, in diesem Zeitraum in irgendeiner Form erwerbstätig gewesen zu sein.
Sozialamt schreitet zur Tat
2007 heuerte das Sozialamt eine private Ermittlungsfirma an, welche den angeblichen Sozialhilfemissbrauch aufdecken sollte. Diese Strategie war am Ende nicht von Erfolg gekrönt: Unter anderem scheiterte sie am bescheidenen Beweiswert des privaten Ermittlungsberichts, was nach der gestrigen Verhandlung nicht weiter erstaunte. Denn der auf die vermeintliche Sozialbetrügerin angesetzte Detektiv hinterliess einen eher unprofessionellen Eindruck. Der 31-jährige Michel F.* hatte zum Zeitpunkt der Untersuchungen gerade einen Berufswechsel hinter sich gebracht: vom McDonald’s-Schichtkoordinator zum Detektiv. «Frisch ab Presse» und deshalb zu wenig routiniert sei er, meinte Simona R.s Verteidiger und sprach damit dem Amtsgerichtspräsidenten von Solothurn von der Seele.
Dieser hatte vergeblich versucht, die schwammigen Aussagen von Michel F. auf einen klaren Punkt zu bringen. Denn Michel F. hatte erhebliche Schwierigkeiten, sich die Zeugin und den Fall in Erinnerung zu rufen. Mal war er sich «sehr sicher», mal erinnerte er sich «nur vage». Laut eigenen Angaben könne eine Verwechslung «nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden», der Fall sei schliesslich «über drei Jahre her» und er habe inzwischen «Hunderte» Gesichter» gesehen. Michel F. erklärte ausserdem, er arbeite nur mit einem Foto der Zielpersonen. Da er ja keine Ausweise prüfe, könne er nicht mit letzter Sicherheit sagen, dass er die richtige Person im Visier hatte. Im Bericht der Ermittlungsfirma sitzt denn Simona R. auch mal am Steuer eines Mercedes, obwohl sie nach eigenen Angaben nicht einmal Auto fahren kann. Auch will der Ermittler «in gebrochenem Deutsch» mit ihr gesprochen haben, obschon sie ausschliesslich Spanisch versteht.
«Keine Schuldanerkennung»
Spanisch kamen all diese Widersprüche auch dem Verteidiger vor. Die von ihm als «nebulös» bezeichneten «Lücken» in dieser Angelegenheit hinderten die Staatsanwaltschaft jedoch nicht daran, eine Strafverfügung wegen Betrugs zu stellen. Simona R. wurde aufgefordert, 25000 Franken zurückzuzahlen und man erlegte ihr eine Busse von 2500 Franken sowie eine bedingte Geldstrafe auf. Laut eigenen Angaben unterschrieb sie darauf ein Dokument, mit dem sie den Schuldvorwurf anerkannte und sich zur Rückzahlung in Raten bereit erklärte. «Man sagte mir, ich solle es machen», erklärte sie diesen Widerspruch schulterzuckend. Die Naivität seiner Mandantin erklärte der Verteidiger damit, dass man in dem Land, aus dem Simona R. stamme, einer Zahlungsaufforderung von Behörden nachkomme, ohne sie zu hinterfragen. «Das ist nicht als Schuldanerkennung zu werten», war er überzeugt.
Fehlende Beweisgrundlage
Der Richter bestätigte, dass die «nötigen Beweise» nicht erbracht seien, um den Verdacht zu erhärten. «Der Detektivbericht ist keine taugliche Grundlage für einen Schuldspruch.» Statt also Geld einzusparen, handelte sich die öffentliche Hand zusätzliche Kosten mit der Verhandlung ein. Zwar wurde Simona R. die von der Verteidigung verlangte Entschädigung abgesprochen, dennoch muss der Staat die Verfahrens- und Anwaltskosten in der Höhe von rund 4200 Franken aus der Gerichtskasse bezahlen.
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