Im 19. Jahrhundert wandelte sich Solothurn vom Agrarkanton zu einem führenden Zentrum der Schweizer Industrie. Zeitlich und örtlich verlief die Industrialisierung im Kanton unterschiedlich.
Die Industrialisierung setzte im Vergleich zu anderen Kantonen erst spät, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein, dafür aber umso intensiver: Die Zahl der Betriebe stieg von 89 im Jahr 1888 auf 284 vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914. Es entstanden Fabriken, die sich schweizweit und international mit ihren Produkten einen Namen machten:
Ludwig von Roll’sche Eisenwerke (gegründet 1810), Schuhfabrik Bally (1851), Papierfabrik Biberist (1862), Zementwerke Vigier (1871), Kammgarnspinnerei Derendingen (1872), Uhrenfabrik Lanco (1873), Sphinxwerke Müller&Cie. (1876), Cellulose Attisholz (1882) oder die diversen Uhrenfabriken im Thal und in der Region Grenchen. Viele der Gründer waren innovative und risikofreudige Auswärtige oder Ausländer. Zeitlich und örtlich verlief die Industrialisierung im Kanton unterschiedlich, wie Autor Thomas Wallner im Band 4.2 der neuen Kantonsgeschichte zeigt: In den Regionen Thal und Olten gab es bereits um 1830 industrielle Ansätze, im Wasseramt und in Lebern erst nach 1860, die Hauptstadt folgte ab 1870 und das Schwarzbubenland erst um die Jahrhundertwende.
Arbeiter beginnen sich zu wehren
Die meisten Solothurnerinnen und Solothurner arbeiteten Ende des 19. Jahrhunderts im Industriesektor. Bis 1877 gab es für die Fabrikarbeit keine gesetzlichen Schranken: Lange Arbeitszeiten, wenig Lohn, Kinderarbeit und gesundheitliche Schäden waren die Folgen. Nach 1860 begann sich die Arbeiterbewegung im Kanton zu organisieren. Das Kapitel von Peter Heim zeigt die Entwicklung von den Grütlivereinen der Handwerksgesellen zu den ersten linken und christlichsozialen Gewerkschaften und den grossen Streiks in der Schuh- und Uhrenindustrie. (sff)
Information: Geschichte des Kantons Solothurn 1831–1914, Band 4.2. Bestellungen unter www.lehrmittel-ch.ch