Lostorf
Einsatz für Behinderte in der Ukraine: «Buechehof»-Leiter übernimmt Vereinszepter

Andreas Schmid vom «Buechehof» in Lostorf hat ehrenamtlich das Präsidium des Vereins Parasolka übernommen. Der Verein setzt sich für Menschen mit Behinderung in der Ukraine ein.

Kelly Spielmann
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Andreas Schmid mit seiner Vorgängerin im Präsidium des Vereins Parasolka, Monika Fischer aus Reiden LU.

Andreas Schmid mit seiner Vorgängerin im Präsidium des Vereins Parasolka, Monika Fischer aus Reiden LU.

Astrid Bossert Meier

«Uns geht es in der Schweiz so saumässig gut, da kann man ruhig mal etwas an diejenigen, die es schlechter haben, weitergeben», äussert sich Andreas Schmid überzeugt. Der 53-Jährige ist Heimleiter der sozialtherapeutischen Einrichtung Buechehof in Lostorf und hat soeben das Präsidium des Vereins Parasolka übernommen, welcher sich für Menschen mit Behinderung in der Ukraine einsetzt.

Selbstlosigkeit und Mitgefühl schweben beim Gespräch mit Schmid durch den Raum, und das alles begleitet von einer Selbstverständlichkeit, wie man sie selten erlebt. Seit 1996 leitet der in Lostorf wohnhafte diplomierte Heimleiter und Ingenieur-Agronom HTL den Buechehof. Auf die Frage nach seiner Motivation, bei seinem jetzigen Arbeitspensum noch ein Präsidium im Ehrenamt zu übernehmen, zögert er nur kurz. Der leicht verdutzte Blick in seinen Augen, welcher für eine knappe Sekunde auftaucht, scheint zu sagen: «Das ist doch selbstverständlich.» Es steht schnell fest, dass er mit Herzblut bei seiner Sache ist, es ernst meint.

Trotzdem habe er sich gut überlegen müssen, ob er das Präsidium übernehmen könne. «Es ist ja nicht so, dass ich hier nicht genug zu tun hätte», lacht Schmid. Daher hatte er eine Bedingung an den Verein: Das Ressortsystem müsse im Vorstand eingeführt und die Aufgaben klar verteilt werden. Seine Bedingung wurde angenommen, und Schmid wurde zum Nachfolger der Präsidentin Monika Fischer gewählt, welche Parasolka zehn Jahre lang führte.

Buechehof als Vorbild

Doch wie es dazu kam, das sie das Zepter an Andreas Schmid übergab, hat eine längere Vorgeschichte. Der Verein Parasolka – auf Deutsch Regenschirm – setzt sich seit zehn Jahren dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen in der Ukraine ihr Leben in einem würdigen, geschützten Rahmen leben können, indem er gemeinsam mit der Partnerorganisation Comité d’Aide Médicale Zakarpattya (CAMZ) verschiedene Projekte organisiert.

Das Pilotprojekt des Vereins ist ein Wohnheim, das sich in Tjachiv im Oblast Transkarpatien befindet. Vor rund sieben Jahren wurde Schmid vom Verein angefragt, eine Führung des Buechehofs für den Vorstand des Vereins zu organisieren, da das Modell des Hofs als Vorbild betrachtet wurde. Das System, dass die Betreuten auf dem Hof wohnen und arbeiten können, sei auch in der Ukraine ein Ziel gewesen. Die Führung wurde sodann von Schmid organisiert. Das Wohnheim in Tjachiv, welches ebenfalls den Namen Parasolka trägt, funktioniert mittlerweile ähnlich wie der Buechehof und ist das Zuhause von rund 25 Menschen mit einer Behinderung.

Seit der Führung vor sieben Jahren stand Andreas Schmid immer wieder mit dem Verein in Kontakt. Alle zwei Jahre organisiert der Verein in der Ukraine eine Weiterbildung, bei welcher Fachleute aus der Ukraine und der Schweiz ihr Wissen an die Betreuer vor Ort weitergeben.

Vor sechs Jahren hat Schmid den Vorstand zum ersten Mal auf diese Reise begleitet. Was ihn besonders schockiert habe, sei das praktisch nicht vorhandene Angebot für Menschen mit einer Behinderung gewesen. «Es beginnt schon bei der Ausbildung der Betreuungspersonen», so Schmid. «Ausser in Kiew gibt es im ganzen Land kaum sozialpädagogische Ausbildungsmöglichkeiten.» Vor drei Jahren ist Andreas Schmid schliesslich dem Vorstand des Parasolka-Vereins beigetreten. So kam es, dass Monika Fischer sich für ihn als ihren Nachfolger entschied.

Das Lachen nie verlieren

«Die Ukraine ist ein heikles Thema. In den Nachrichten hört man immer nur das Schlechte, aber es gibt dort auch Gutes», so der Buechehofleiter. Während seiner Arbeit im Verein bekam er dies immer wieder zu spüren. Momentan ist ein Projekt von CAMZ mit der Unterstützung von Parasolka ein Kinderwaisenheim in der ostukrainischen Ortschaft Vilshany, in welchem die Lebensqualität für Kinder mit Behinderung verbessert werden soll. «Die Menschen dort haben so wenig und machen daraus so viel. Und trotzdem verlieren sie nie ihr Lachen», so Schmid.

Er habe zwar nicht nach dieser Stelle gesucht, sie habe ihn einfach angesprungen. Und doch ist er motiviert, seine Zeit zu investieren, um zu helfen. Die Arbeit sei anstrengend, aber er erhalte immer wieder etwas dafür zurück: «Da ist eine Lebensfreude zu spüren, von der sich jeder Schweizer eine Scheibe abschneiden könnte.»