Die Diskussionen um den Mitteldamm des Aare-Kraftwerks der Eniwa gehen in eine neue Runde. Der Streit dürfte intensiver werden – wegen des Vereins «Rettet den Mitteldamm».
Anfang Jahr lief das Mitwirkungsverfahren für den faktischen Neubau des Wasserkraftwerks in Aarau. Es gab damals 42 Eingaben und eine «Petitio»-Petition, die von 3366 Personen unterstützt wurde. Am kommenden Montag will die Eniwa darüber orientieren, wie sie auf die vielen Änderungswünsche zu reagieren gedenkt. Für das Unternehmen hat das Kraftwerk grösste Priorität. Darum werden neben CEO Hans-Kaspar Scherrer auch Verwaltungsratspräsident Beat Huber und Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker (als Vertreter des Eniwa-Mehrheitsaktionärs) auftreten.
Bereits am vergangenen Freitag präsentierte sich ein vor zwei Wochen gegründeter Verein «Rettet den Mitteldamm». Co-Präsidenten sind Peter Gloor (Buchs) und Leo Keller (Aarau). Weiter gehören dem Vorstand an: Bettina Diem (Aarau, Werner Nussbaum (Küttigen), Wilhelm Boner (Aarau) und Elia Meierhofer (Aarau).
Der Verein will mächtig Druck machen. Es ist die Rede von «Vorbereitung von möglichen Einsprachen gegen Bau- und Konzessionsgesuche in den Kantonen Solothurn und Aargau». Und es wird abgeklärt, wie die Stadt Aarau mittels einer Volksinitiative dazu gebracht werden könnte, von der Eniwa den Verzicht auf die Mitteldamm-Entfernung zu verlangen.
Wie auch immer der Verein vorgehen wird, er dürfte eine Verzögerung wenn nicht gar eine Verhinderung des Projektes bewirken. Das kommt der Eniwa ungelegen, erhofft sie sich doch bis im nächsten Jahr die nötigen Bewilligungen, damit sie ein Gesuch um Subventionen einreichen kann. Das Unternehmen möchte in Bern die maximale Summe von Fördergeldern abholen. Die Rede ist von einem Betrag von etwa 40 Millionen Franken. Nach bisheriger Darstellung gibts die Millionen nur, wenn die durch den Neubau ausgelöste Produktionssteigerung über 20 Prozent beträgt. Das ist technisch nur mittels einer 6,3 Millionen Franken teuren Entfernung des Mitteldamms möglich.
«Unser Ziel ist es, den Mitteldamm als Erholungsraum zu erhalten», erklärt Leo Keller. Peter Gloor spricht von «einem unverhältnismässigen Eingriff, der nicht nötig ist». Und das, obwohl der Mitteldamm aus naturschützerischer Sicht nicht wirklich wertvoll sei. Aber die Menschen würden ihn vermissen, wie die grosse Resonanz auf die Petition gezeigt habe. «Man hat die Menschen vergessen», betonte Gloor. Für den Anwalt Wilhelm Bohner ist der Mitteldamm ein Stück Heimat. Er bezeichnete das Entfernungs-Projekt als «Irrsinn» und sprach von «verfehlter Politik».
Leo Keller ist überzeugt, dass sich das Projekt der Eniwa nicht rechnen wird: «Es ist nicht wirtschaftlich.» Und es sei energiewirtschaftlich widersinnig. Mit den 6,3 Millionen könne man etwa im Bereich der Photovoltaik viel interessantere Sachen machen. «Man produziert sauteuren Strom, den man andernorts billiger bekäme», so Keller.
Die Bürgerbewegung, die bisher faktisch aus einer Petition bestand, hat nun mit dem Verein «Rettet den Mitteldamm» eine organisierte Form bekommen. Die Initianten wollen Gas geben, planen eine Informationsveranstaltung bereits am 27. Juni und ein «Mitteldamm-Fest» am 17./18. August. Logischerweise hoffen sie, unter den sommerlichen Kanal-Schwimmern viele Mitglieder zu gewinnen.
Für den Verein ist klar: «Die schweizweit einzigartige Schwimmstrecke und der Kanal als kulturhistorisch bedeutendes Bauwerk, das über die Jahrzehnte zu einem naturnahen Erholungs- und Naturschutzgebiet geworden ist, soll der kurzsichtigen Produktionsstrategie der Aktiengesellschaft Eniwa, die zu 95 Prozent der Stadt Aarau gehört, geopfert werden.» Und: «Auch ohne Zerstörung des Mitteldamms und ohne Umbau des wertvollen Naherholungsraums und der naturnahen Flusslandschaft kann die Kraftwerkleistung bei der Renovation auf 117% erhöht werden.»