Däniken
Auch gegen «unmoralische Angebote»...

Der bevorstehende Stromnetz-Verkauf elektrisierte den Gewerbe- und Industrie-Apéro im Kernkraftwerk Gösgen.

Christian von Arx
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Vor grossem Publikum am Däniker Gewerbe- und Industrieapéro (von links): sbo-VR-Präsident Ernst Zingg, Gemeindepräsident Gery Meier, Kernkraftwerkleiter Herbert Meinecke Bruno Kissling

Vor grossem Publikum am Däniker Gewerbe- und Industrieapéro (von links): sbo-VR-Präsident Ernst Zingg, Gemeindepräsident Gery Meier, Kernkraftwerkleiter Herbert Meinecke Bruno Kissling

Bruno Kissling

Die Spannung vor dem Verkauf des Alpiq-Anteils von 96,7 Prozent an der Alpiq Versorgungs AG (Avag) steigt. Just in diesem Moment war Ernst Zingg, Verwaltungsratspräsident der Städtischen Betriebe Olten (sbo) und der von Avag und sbo gemeinsam getragenen Betriebsgesellschaft Aare Energie (a.en), als Referent zum 7. Däniker Gewerbe-und Industrieapéro ins Kernkraftwerk Gösgen geladen. Der Aufmarsch von 140 Gästen aus der Region hatte auch mit diesem Thema zu tun.

«Nächste Woche erhalten die Bewerber das Verkaufsdossier von Alpiq, dann haben sie vier bis fünf Wochen Zeit, um ihre Angebote einzureichen», umriss Zingg die Dringlichkeit des Geschäfts. Wie rasch Alpiq entscheiden werde, wisse er nicht. Die sbo setzten alles daran, den Alpiq-Anteil an Avag zu erwerben, bekräftigte er und betonte: «Aufseiten der sbo entscheidet allein der Verwaltungsrat, nicht die Politik.» Es gehe darum, das funktionierende Unternehmen a.en mit seinen 120 Arbeitsplätzen zu sichern, aber auch die regionale Versorgungssicherheit.

Mit industrieller Logik

Einfach sei das nicht, denn es gehe um einen Wert von 200 bis 300 Millionen Franken. Die sbo hätten darum intensive Gespräche mit möglichen Partnern geführt: «Mit Finanzpartnern, also Banken, und mit industriellen Partnern – und zwar gemäss einer industriellen Logik.» Die Zuhörer konnten sich damit ausrechnen, dass es um Partner aus der Energiebranche geht. Namen und Zahlen dürfe er keine nennen, bat Zingg um Verständnis.

Zingg rechnet sich für das Angebot der sbo gute Chancen aus. Denn die a.en sei in der Region verankert und nahe an den Kunden wie auch an den politischen Parteien und Entscheidträgern. Alpiq wisse, wie die a.en funktioniere. Erfreut zeigte sich Zingg über die öffentliche und einhellige Unterstützung der Regionsgemeinden für eine Lösung mit den sbo. Alpiq-Verantwortliche hätten ihm versichert, dass neben den finanziellen Kriterien auch der regionale Aspekt von Bedeutung sei.

Er vertraue darauf, dass dies nicht blosse Lippenbekenntnisse seien. Darum äusserte der VR-Präsident die Hoffnung, dass die sbo mit ihrer Offerte an Alpiq «auch gegen mögliche unmoralische Angebote reüssieren» könne. Damit, so konnte sich das Publikum ausmalen, waren finanziell überhöhte Angebote von branchenfremden oder ausländischen Investoren gemeint, die nach einem Kauf nur darauf aus wären, ihr Geld auf kurze Sicht wieder aus dem regionalen Stromnetz herauszuholen. «Mehr kann ich Ihnen heute nicht sagen!», schloss Zingg, und dabei blieb es.

Kernenergie als Zukunftsoption

Als Hausherr des Versammlungsorts stellte Kraftwerksleiter Herbert Meinecke das Kernkraftwerk Gösgen vor: Mit über 500 Mitarbeitern liefert es etwa 11,5 Prozent des schweizerischen Stromverbrauchs und deckt den Bedarf von rund einer Million Menschen. Die Kosten bezifferte Meinecke aktuell auf 348,6 Mio. Franken pro Jahr, was einem Strompreis von 4,32 Rappen pro Kilowattstunde entspreche. «Das ist sehr billig, trotzdem haben unsere Aktionäre an uns zurzeit keine Freude», sagte Meinecke. «Unser Problem sind die billige Kohle, die den Markt überschwemmt, und der Strom aus alten Kraftwerken.»

Dennoch: «Kernenergie aus Gösgen wird es langfristig geben», zeigte sich der Kraftwerksleiter überzeugt. Seit der Betriebsaufnahme 1979 seien 1,469 Milliarden Franken in die ständige Erneuerung des KKG investiert worden – und es würden weitere Investitionen fliessen. Für Gösgen gelte immer die Priorität «Sicherheit und Qualität vor Zeit und Geld». Das Wort «Atomausstieg» sei einzig im deutschsprachigen Raum bekannt, spottete Meinecke. Weltweit hingegen seien 439 Atomkraftwerke in Betrieb, 66 im Bau, 158 geplant, und für 330 weitere gebe es Absichtserklärungen. «Kernenergie ist kein Auslaufmodell, sondern eine Zukunftsoption – auch für die Schweiz», so das Fazit.

10 Jahre Standortförderung

Gemeindepräsident Gery Meier zog eine positive Bilanz über 10 Jahre Standort- und Wirtschaftsförderung in Däniken. Seit der Gründung der gemischten Arbeitsgruppe 2006 seien 200 neue Arbeitsplätze geschaffen worden, heute seien in der Gemeinde rund 200 Firmen mit über 2000 Arbeitsplätzen ansässig. Dabei seien die tiefen Gemeindesteuern zwar gut, aber nicht entscheidend. «Bei Ansiedlungen geht es primär um die Frage: Habt ihr Land, wo wir uns entwickeln können?» Eine schwierige Herausforderung sei die Übernahme des SBB-Industriegleises durch die Gemeinde gewesen, ebenso der Rückkauf des Stromnetzes 2007 – der sich aus heutiger Sicht als prophetisch erweist.