Verein Second@s-Plus
Migranten eine positive Stimme geben

Sie sagen dem negativen Image, das Migrantinnen und Migranten in der Schweiz vielfach haben, den Kampf an. Die Mitglieder des schweizweit tätigen Vereins Second@s-Plus. Heute Abend wird in Olten die Sektion Solothurn aus der Taufe gehoben.

Elisabeth Seifert
Drucken

Solothurner Zeitung

«Wir wollen dazu beitragen, dass Menschen mit Migrationshintergrund nicht immer nur in Zusammenhang mit Problemen wahrgenommen werden», hält Tvrtko Brzovic im Gespräch mit dieser Zeitung fest. Der 29-jährige Solothurner mit kroatischen Wurzeln ist in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Seit vielen Jahren wohnt er in der Stadt Solothurn. Hier hat er die Schulen

Politisch Aktiv: Verein will bei Wahlen Mitmischen

Mittlerweile zählt der Verein Second@s-Plus Schweiz ungefähr 350 Mitglieder. Sie verteilen sich auf - bisher - sechs kantonale Sektionen: Luzern, Aargau, Basel-Stadt, Bern, Zürich und Thurgau. Heute Abend kommt Solothurn als siebte Sektion hinzu. Die Mitglieder stammen aus vielen Ländern. Die allermeisten sind hier geboren und aufgewachsen, viele haben die Schweizer Staatsbürgerschaft erworben. «Als Mitglieder willkommen sind nicht nur Secondos, sondern wie das Plus schon verrät, stehen die Türen unserer Organisation allen offen, die unsere Anliegen teilen und diese auch aktiv vertreten wollen», betont Tvrtko Brzovic, Mitinitiant der Solothurner Sektion. «Wir wollen nicht separieren, sondern integrieren.» Ein wichtiges Anliegen ist es dem Verein, dass Ausländer mit Niederlassungsbewilligung - zumindest auf kommunaler Ebene - das aktive und passive Stimm- und Wahlrecht erlangen können. Weiter setzt sich der Verein für die erleichterte Einbürgerung bei der zweiten und dritten Ausländergeneration ein. Um ihren Anliegen Nachdruck zu verschaffen, wollen verschiedene Sektionen bei den eidgenössischen Wahlen 2011 mitmischen. Brzovic: «Möglicherweise wird das auch im Kanton Solothurn der Fall sein. Sicher aber werden wir bei den übernächsten Wahlen mit einer eigenen Liste antreten.» (esf)

Kampf gegen zweierlei Recht

Damit ist klar: Der Verein im Interesse der Migrantinnen und Migranten versteht sich nicht einfach als unverbindlicher Debattier-Club, sondern vertritt klare politische Standpunkte – nicht nur bei der aktuellen Ausschaffungsdebatte (siehe Text rechts). Tvrtko Brzovic, der selber ein Mitglied der SP ist, sieht den Verein aber nicht etwa als Sprachrohr der Linken: «Bei uns finden Menschen aus verschiedenen politischen Richtungen ein Forum, neben den linken Parteien auch solche der Mitte.» Was die Ausschaffungsinitiative und den Gegenvorschlag betrifft, kennen Brzovic und Second@s-Plus Schweiz allerdings kein Pardon.

«Sowohl die Ausschaffungsinitiative als auch der Gegenvorschlag differenzieren nicht, ob jemand in der Schweiz geboren und aufgewachsen ist oder nicht», begründet Brzovic die doppelte Nein-Parole. Und: «Wir wehren uns dagegen, dass Ausländer der zweiten und dritten Generation in ein für sie völlig fremdes Land abgeschoben werden.» Auch wenn mit dem Gegenvorschlag das Prinzip er Verhältnismässigkeit zur Anwendung kommt, so gelte künftig doch, dass die Ausschaffung für bestimmte Delikte zur Regel werden soll. «Das ist für uns nicht akzeptabel.»

«Wenn ein Ausländer straffällig wird, dann soll er nach den gleichen Rechtsgrundsätzen wie ein Schweizer verurteilt werden.» Und besteht eine echte Gefahr für die öffentliche Sicherheit, dann gebe es schon heute die Möglichkeit, den Betreffenden auszuweisen. «Es darf aber nicht sein, dass mit der Ausschaffungsinitiative und mit dem Gegenvorschlag zwei verschiedene Rechtsmassstäbe für Schweizer und Ausländer geschaffen werden.» Sämtliche Integrationsbemühungen würden damit zur Farce.

Das Selbstbewusstsein stärken

Vor allem aber führe die Abstimmungskampagne einmal mehr dazu, dass alle Ausländer zu potenziellen Kriminellen erklärt werden. «Dem wollen wir entgegenhalten», betont Brzovic. «Die vielen Ausländerinnen und Ausländer, die tagtäglich einen positiven Beitrag zum Funktionieren der Schweizer Wirtschaft leisten, sollen durch uns eine Stimme bekommen.» Und: «Wir wollen das Selbstbewusstsein der Migranten fördern.»

Tvrtko Brzovic verschliesst aber auch nicht die Augen davor, dass junge Ausländer immer wieder für negative Schlagzeilen sorgen. «Die Ausschaffungsinitiative wird für diese aber nicht abschreckend wirken», ist er überzeugt. Das Problem lasse sich nur lösen, wenn die Ursachen der Ausländerkriminalität behoben werden. Diese ortet der angehende Berufsschullehrer unter anderem im vergleichsweise tiefen Bildungsniveau vieler jugendlicher Ausländer. «Unser Ziel ist es deshalb, die Chancengleichheit in Schule und Beruf zu fördern.» Second@s-Plus will sich zum Beispiel dafür starkmachen, dass anonyme Bewerbungen für Lehrstellen eingeführt werden.

Ausländer in der Pflicht

Auch die jugendlichen Ausländer und ihre Familien sollen in die Verantwortung genommen werden. «Es macht mich wütend, wenn durch die kriminelle Tat eines Einzelnen die ganze Gruppe in Verruf gerät», so Brzovic. Und: «In meinem Umfeld vertrete ich die Schweizer Rechtsgrundsätze gegenüber allen und fordere die Menschen auf, nach diesen zu handeln.» Zudem verstehe sich der Verein als Ansprechpartner sowohl der politischen Parteien also auch der Ausländerorganisationen. «Wir hoffen, dass wir mit solchen Kontakten die Prävention verbessern können.»