Riedholz
Kiesofenhalle wird zur Eventhalle

Die Besitzerin des Areals Attisholz Nord hat für die sogenannte Kiesofenhalle eine Zwischennutzung angezeigt. Die Halle wurde gerade erst im Februar vom Regierungsrat unter Schutz gestellt und in das Verzeichnis der geschützten historischen Kulturdenkmäler eingetragen.

Urs Byland
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Die Kiesofenhalle ist ein Zeugnis der hohen Qualität der Schweizer Betonherstellung.

Die Kiesofenhalle ist ein Zeugnis der hohen Qualität der Schweizer Betonherstellung.

Michel Lüthi

Wie der Baupublikation zu entnehmen ist, will die Grundeigentümerin Halter AG die Kiesofenhalle umbauen zu einer Eventhalle für einzelne, kommerzielle Veranstaltungen mit einer hohen Belegung. «Nachdem der bisherige Nutzer der Halle im Hiag-Areal in Biberist Platz gefunden hat für den Umschlag von Aushubmaterial, haben wir uns überlegt, welche Nutzung die frei gewordene Halle erhalten soll», erläutert Patrick Senn, Projektleiter der Immobilienfirma Halter AG.

Möglich sollen grössere Generalversammlungen für maximal 2000 Personen werden, oder Anlässe mit Festbestuhlung. Die Halle soll aber auch für diverse Sportarten zur Verfügung stehen, beispielsweise für Turniere. Noch in Abklärung ist eine Nutzung der Halle als Trainingshalle für Fussballer im Winter. Und möglich werden sollen kulturelle Nutzungen wie Theater, Konzerte, Märkte und Ausstellungen. Ausserhalb der Anlässe und einer allfälligen Winternutzung soll die Kiesofenhalle der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen und als erweiterter Freiraum neben dem Boulevard, der Arena und dem Spielplatz dienen.

Wir haben an der Eröffnung des Uferparks gesehen, wie interessiert die Öffentlichkeit an den Gebäuden auf dem Areal ist», erklärt Senn. Die Halle soll deshalb als erweiterter Freiraum beispielsweise auch bei schlechter Witterung ausserhalb der kommerziellen Nutzung zur Verfügung stehen.

Rund 750 000 Franken will Halter AG in den Umbau investieren. Insbesondere müssen Fluchttreppen und Fluchttüren in der Fassade gebaut werden. Das Eternitdach muss ersetzt sowie Glasschäden repariert werden. Der Hallenboden soll ergänzt und nivelliert werden. Nicht vorgesehen ist der Einbau einer Heizung. Dies mache wenig Sinn, weil eine Isolation des Gebäudes hohe Kosten verursachen würde. Zudem sei nicht sicher, ob die Dachkonstruktion für ein höheres Gewicht ausgelegt sei, so Senn.

Längere Zwischennutzung

Die Halter AG will die Kiesofenhalle externen Veranstaltern für Anlässe vermieten. Diese sorgen selber für die Infrastruktur wie Bühnen, Bestuhlung, Beleuchtung, Abschrankungen, temporäre WC-Anlagen etc. Bereits wurden Vorabklärungen zum Schutzstatus mit dem Amt für Denkmalpflege geführt. Vorgespräche zu den Anforderungen an den Brandschutz fanden mit der Solothurner Gebäudeversicherung statt.

Zur Frage, ob die Ausführung als Eventhalle nun die definitive Lösung für die Kiesofenhalle sei, erklärt Senn: «Es ist sicher eine längere Zwischennutzung.» Die definitive Ausgestaltung der Halle werde sich erst abzeichnen, wenn man wisse, was in der Umgebung entsteht.

Unter Denkmalschutz

Feingliedrige Betonsprossenfenster und filigrane Fachwerkträger

Die lange und hohe Kiesofenhalle ist das grösste Gebäude der Cellulosefabrik Attisholz. Sie wurde 1951 bis 1953 unmittelbar westlich des Säureturms als Maschinenhalle der Kiesofenanlage erbaut. In den Fassaden öffnet sich zwischen den Wandpfeilern das Gitternetz der feingliedrigen Betonsprossenfenster, wie sie auch für andere Bauten auf dem Areal typisch sind. Angeschrägte Wandpfeiler gliedern die westliche Schmalseite, über der sich das schwach geneigte Satteldach abzeichnet. Im Innern öffnet sich eine weite Halle unter filigranen Fachwerkträgern. Bei diesen handelt es sich nicht um Stahl-, sondern um Eisenbetonkonstruktionen mit einer Spannweite von 33 Metern. Sie wurden teilweise vorfabriziert, teilweise mittels eines auf Schienen montierten Lastenkrans geschalt und an Ort gegossen. Da der Eisenbeton in Attisholz den aggressiven Schwefelgasen der Zelluloseproduktion ausgesetzt war, musste er eine möglichst hohe Dichte aufweisen. Aufgrund des Mangels an geeigneten Rohstoffen hatte sich in der Schweiz vor und während des Zweiten Weltkriegs eine hochqualifizierte Betonherstellung entwickelt. Die Kiesofenhalle belegt als Industriedenkmal das hohe Niveau, das die Schweiz damals in diesem Bereich erreicht hatte. Die Halle überzeugt nicht nur durch bautechnische, sondern auch durch gestalterische Qualitäten. Die Giebelfronten sind klassisch proportioniert, die südliche Längsfront ist durch Pfeilerfolgen und Gitterwerk harmonisch strukturiert. Im hell erleuchteten Inneren setzen die Reihen der massiven, sich nach oben verjüngenden Wandpfeiler einen eindrücklichen Akzent, auf den die Sprossenfenster und die Fachwerkträger feingliedrig antworten. Aufgrund ihrer Dimension und Gestaltung bildet die Kiesofenhalle einen Hauptbestandteil des einmaligen Industrieensembles an der Aare. (Aus dem Regierungsbeschluss zur Unterschutzstellung)