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An der Waldeggstrasse in der Gemeinde Zuchwil erstellt die Borer Chemie AG einen neuen Verwaltungsbau.
Das Gebäude der Firma Borer Chemie AG im Gewerbegebiet nahe Derendingen fällt nicht mehr oder weniger auf als andere Gewerbebauten. Wäre da nicht das überdimensionierte, silberne Objekt auf dem Grasstreifen zwischen Strasse und Firmengebäude. Die glänzende Skulptur an der Luzernstrasse stammt vom Künstler Carlo Borer. Sein Bruder Markus Borer ist Mehrheitsaktionär und Geschäftsführer der Borer Chemie AG. Carlo Borer hat dem Betrieb zu weiteren Glanzpunkten verholfen – Markus Borer nennt sie «Eyecachter» – etwa mit der futuristischen Besucherplattform im Fabrikationsteil des Gebäudes oder dem gestylten Bistro. «Wir sind bestrebt, uns als einen modernen Betrieb darzustellen», sagt Markus Borer.
Der dritte und jüngste Bruder, Patrik Borer, unterstützt die Firma in Familienbesitz ebenfalls. Als Architekt plant er gerade das neuste grosse Firmenprojekt, einen Neubau für Verwaltung und Vertrieb. Der neue Verwaltungssitz wird einige hundert Meter entfernt an der Waldeggstrasse gegenüber dem Schützenhaus entstehen.
«Es ist ein mutiges Unterfangen», sagt Markus Borer. Ein mutiges Unterfangen in einer Zeit, in der die Firma, wie alle Firmen, die exportieren, mit dem starken Franken schwer zu kämpfen haben. Die Firma produziert in Nischen. «Die Borer Chemie AG darf nicht ins gewöhnliche Geschäft rutschen. Dort wären wir verloren. Unsere Produkte müssen spezialisiert sein und wir müssen alles daransetzen, eine hohe Marktdurchdringung zu erreichen.»
Markus Borer glaubt an seine Mannschaft und an seine Produkte. Das zeigen nicht nur der Neubau, sondern auch die in China und vor kurzem in Deutschland aufgebauten Vertriebsgesellschaften, die je mit etwa 15 Mitarbeitern die in Zuchwil hergestellten Produkte vermarkten. In der Schweiz zählt die Borer Chemie AG 85 Mitarbeiter, davon gut ein Dutzend in der Entwicklung. Der mit seiner Familie im Raum Solothurn lebende Unternehmer glaubt an den Industriestandort Schweiz. «Ich bin von hier, ich lebe hier, gehe mit dem Bus zur Arbeit. Ich bin mit unserer Region tief verwurzelt.»
Borer Chemie AG hat drei Standbeine – die Geschäftsbereiche Medical, Industry und Life Sciences. Im medizinischen Bereich sind es Anwendungen für Instrumentenaufbereitung, Flächendesinfektion und Händedesinfektion. «Wir gehören, mit den Regularien, die wir erfüllen müssen, eigentlich zum Medtech-Cluster in der Region», erklärt Markus Borer. In der Industrie geht es um die Präzisionsteilereinigung. Hier ist die Uhrenindustrie ein wichtiger Kunde. Die beiden Bereiche seien mittlerweile ähnlich gross. Und das dritte Standbein Life Sciences bietet Lösungen für die rückstandsfreie Reinigung in der Pharmaindustrie an. Im medizinischen Bereich ist Borer AG der einzige rein schweizerische Hersteller. Je nach Verwendung und Region steht das Unternehmen mit multinationalen Konzernen im Wettbewerb.
Bekannter als der Firmenname ist in den Kundenkreisen das Firmenprodukt Deconex®. Seit 1967 verkauft die Firma ihr Hightech-Reinigungsprodukt, inzwischen in über hundert Varianten, aber eben immer unter diesem Markennamen. Diese Produkte werden in Reinigungsprozessen, die von Borer Chemie AG für Kunden entwickelt werden, eingesetzt. Darin sieht Markus Borer auch das heutige Potenzial seiner Firma, in der Entwicklung spezifischer Prozesslösungen für verschiedenste Kundsegmente.
Als Beispiel sei eine Anwendung im Spital beschrieben: Nach einer Operation im Spital muss das ganze Operationsbesteck gereinigt, desinfiziert und sterilisiert werden. Die Firma Borer Chemie AG hat dafür unter der Marke deconex® Produkte und Prozesse entwickelt, die in speziellen Maschinen, den sogenannten Reinigungs- und Desinfektionsgeräten, die einer High-Tech-Geschirrspülmaschine ähneln, zum Einsatz kommen. Nachdem die chirurgischen Instrumente darin gereinigt, desinfiziert und getrocknet worden sind, werden sie zu operationsspezifischen Sets zusammengestellt, verpackt und im Dampfsterilisator oder Autoklaven sterilisiert, bevor sie für die nächste Operation eingesetzt werden können.
Ein Teil des Betriebs ist bereits ausgelagert worden. In einem benachbarten Gebäude konnte ein Stockwerk gemietet werden. Nun wird ein neuer Verwaltungsbau erstellt für Geschäftsleitung, Marketing, Kommunikation und Vertrieb. Über 10 Mio. Franken will Borer Chemie AG in den Neubau investieren. Die Produktion und Entwicklung werden weiterhin an der Gewerbestrasse 13 ansässig bleiben. Am neuen Standort wird unter anderem ein Kompetenzzentrum eingerichtet, in dem Reinigungsprozesse entwickelt und Dienstleistungen angeboten, sowie Kunden und Distributoren geschult werden.
Gegründet wurde die Firma Borer Chemie AG vor 52 Jahren von Anton Borer, der in der Elektronik tätig war. Das Gebäude, in dem heute in Biberist Fahnen Keller wirkt, wurde von ihm gebaut. Dort beherbergte er seine Firma, die Borer Electronics, die zu besten Zeiten beinahe 400 Mitarbeiter hatte. Die Firma war auf elektronische Zutrittssysteme und die Instrumentierung für die Nuklearforschung spezialisiert. Diesen Betrieb verkaufte er 1977. Zwölf Jahre zuvor, 1965, schlug die Geburtsstunde der späteren Borer Chemie AG. «Über einen englischen Geschäftsfreund erfuhr er von einem Rezept eines belgischen Chemikers. Mit diesem ‹Wässerchen› sollte die Reinigung von Laborglas mit der hoch toxischen Chromschwefelsäure ersetzt werden können», erzählt Sohn Markus Borer. Anton Borer kaufte die Rezeptur dem Belgier ab und legte damit den Grundstein für die Firma Borer Chemie AG. «In den ersten 15 Jahren stellte er Reinigungsprodukte für Laborglas in der chemischen Industrie her. Das alles begann in einer Doppelgarage im Gebäude in Biberist.» Das unter der Marke «deconex® 11» vertriebene Reinigungsmittel entpuppte sich als Verkaufsschlager. Noch heute wird das Ursprungsprodukt verkauft. 1979 bezog die Firma den Neubau am heutigen Standort in Zuchwil, der inzwischen trotz diversen Anbauten schon wieder zu klein geworden ist. (uby)