Tourismus
Der Balmberg ist abhängig vom grossen Bruder Weissenstein

Spätestens seit Asylsuchende ins frühere Kurhaus gezogen sind, ist klar: Auf der Tourismusdestination Balmberg liegt einiges im Argen. Wie kam es so weit? Spurensuche – und Ausblick – mit Tourismusdirektor Jürgen Hofer.

Lucien Fluri
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Von Günsberg aus ist es nicht mehr weit bis auf den Balmberg.
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Der Balmberg
Der Balmberg zieht zahlreiche Sonnenhungrige an.
Dort oben ist man über dem Nebelmeer.
Der Balmberg ist auch ein Skigebiet
Auch einen Seilpark gibts
Im Kurhaus Balmberg leben momentan Flüchtlinge

Von Günsberg aus ist es nicht mehr weit bis auf den Balmberg.

Bastian Heiniger

Hinter der prächtigen Fassade bröckelt der Putz. Die pastellgelben Wände des Kurhauses strahlen alten Glanz aus, aber der Lack ist trotzdem ab. Viel mehr als Kosmetik ist vom einst imposanten Kurhaus nicht mehr übrig. Das stattliche Gebäude liegt seit Jahren brach. Und mit ihm leidet der Berg.

Es ist nicht so, dass sich Touristen auf dem Balmberg langweilen müssten. Lama-Trekking, Seilpark, Wandern, zwei Restaurants und eine regelmässige Postautoverbindung: Das Angebot ist da.

Und trotzdem scheint etwas nicht zu funktionieren. «Ohne Kurhaus fehlt ein wenig das Herz», sagt der Solothurner Tourismusdirektor Jürgen Hofer.

Die erste Diagnose des Fachmanns: «Der Balmberg ist ein prominentes Opfer des Klimawandels. Die Anlagen gehen dem Ende ihrer Lebensdauer entgegen.» Die Anzahl der Schneetage ging permanent zurück. «Und das wirkt sich auf die Reinvestitionen aus.»

Die Skianlagen leben heute vom Einsatz vieler Freiwilliger und dem finanziellen Engagement einer Familie, die die Lifte in Schuss hält. Der lange Röti-Lift musste bereits geschlossen werden, weil der Hang wegrutschte.

«Die Schneesicherheit ist weg.» Vorbei sind die Zeiten, als in der Region noch «Derbys» ausgetragen wurden. Die Attraktion Skilift hat in den vergangenen Jahren an Strahlkraft verloren.

Für Hofer ist deshalb seit längerem klar: «Das Kurhaus in seiner jetzigen Form entspricht dem Bedürfnis nicht mehr.» Statt der «Riesenhütte» würde «ein gutes Restaurant mit einigen Zimmern» für Sommerwanderer und Seminargäste reichen.

Kleiner, dafür effizienter ist die Devise. Denn eines sei klar: «Der Margendruck in der Branche ist extrem.» Ohne attraktiv und effizient betriebenes Haus «kommt niemand auf den grünen Zweig».

«Leidvolle Vergangenheit»

Dass das Kurhaus nicht mehr funktioniert, liegt für Hofer auch an dessen «leidvoller Vergangenheit». «Seit langer Zeit hat das Kurhaus keine Gastroprofis gesehen.» Mit dem Haus wurde spekuliert, die Investitionen waren ungenügend.

Zwar baute ein früherer Besitzer eine Sauna ein. «Das war gut gemeint», sagt Hofer. Unter all den Wellness-Angeboten heute könne man aber nur mit einer richtigen Anlage bestehen. «Und das kostet richtig Geld.» Mit einem durchschnittlichen Wellnessangebot sind weder Geld noch Lorbeeren zu holen.

Doch würde das Gastrangebot mit dem Vorderen und dem Mittleren Balmberg nicht auch reichen? Dass es zu viele Restaurants geben könnte, glaubt Hofer nicht und zieht den Vergleich zum Weissenstein: Dort bestehen zwei gute Bergbeizen mit einem Kurhaus.

«Gute Betriebe befruchten sich an einem solchen Ort gegenseitig», ist er überzeugt. Ein grösseres, drittes Haus mit Zimmer schade nicht, so Hofer; eben weil das Zentrum des Bergs beim Kurhaus liegt.

«Seilpark ist eine Perle»

Wo liegen die Perspektiven der Destination? Hofer weiss: «Der Balmberg steht im Windschatten des Weissensteins.» Der Erfolg hängt vom grossen Bruder im Westen ab, der dank seiner einmaligen Aussicht auch den Unterbruch der Seilbahn verkraften konnte.

«Wenn der Weissenstein funktioniert, profitieren alle – vom Grenchenberg bis zum Balmberg», sagt der Fachmann. Als die alte Seilbahn schloss, kam das erste Telefon vom Grenchenberg, der litt. «Langfristig ist es eine gute Nachricht für den Balmberg, dass die Gondelbahn wieder läuft», sagt Hofer.

Drei klare Stärken sieht Hofer auf dem Balmberg: «Der Seilpark ist eine Perle», sagt der Touristiker. Und ebenso Trumpf ist für ihn die ganzjährige Erreichbarkeit mit dem Postauto.

Dritter Punkt sind – trotz aller Abnützungserscheinungen – noch immer die Skilifte. Was es jetzt vermehrt brauche, so mahnt Hofer an, sei das Zusammenspannen – einerseits zwischen allen Akteuren auf dem Berg, andererseits auch zwischen den drei Bergen.

Dem Tourismusdirektor schweben Pauschalangebote vor, etwa zwischen der Seilbahn, dem Seilpark und dem Postauto.

Pläne 2016: Bistro im Kurhaus und neuer Winterwanderweg

Erste positive Nachrichten zeichnen sich ab: Vielleicht gibt es schon in der nächsten Wintersaison eine schneesichere Verbindung zwischen dem Balmberg und dem Weissenstein. «Das wird 2016 ein Schwerpunkt.» Vorerst stehen Verhandlungen mit den Landbesitzern an, die zum dritten Weg führen sollen.

Er wird zwischen der Kiesstrasse im Wald und der Röti-Route verlaufen.

Und nicht zuletzt tut sich auch im Kurhaus etwas, dort wo derzeit gegen 60 Asylsuchende untergebracht sind. «Fragen der WC-Benutzung und der Parkraumbewirtschaftung konnten einvernehmlich und zur Zufriedenheit aller gelöst werden», schreibt die Gemeinde Günsberg auf ihrer Homepage.

«Das grosse Anliegen des Skiliftbetriebs, dass im ehemaligen Restaurant ein kleiner Kioskbetrieb mit geheizter Aufenthaltsmöglichkeit geschaffen werden soll, wurde vom Kanton aufgenommen.»