Reisen bildet – keine Frage. Deshalb, so die offizielle Begründung, plant der fünfköpfige Verwaltungsratsausschuss der Kebag samt den drei Geschäftsleitungs-Mitgliedern der Zuchwiler Kehrichtbeseitigungs AG im Oktober eine dreitägige Bildungsreise.
So weit, so gut. Kritiker setzen allerdings hinter diese Pläne ein Fragezeichen. Denn dass dieser Trip nach London führen wird und die Übernachtungen dort im gehobenen 4-Sterne-Hotel erfolgen sollen, könnte durchaus Erinnerungen an das legendäre «Spanienreisli» der Solothurner Regierung wecken und den Verdacht nähren, dass der «geschäftliche Teil» hier wohl eher im Hintergrund stehen könnte.
Neue Anlage als Reiseziel
Dass da und dort hinter vorgehaltener Hand gar von einer «Vergnügungstour» die Rede ist, empfindet Markus Juchli dann allerdings schon als «böswillige Unterstellung», die er «in aller Form» zurückweist. «Hier geht es um Weiterbildung», unterstreicht der Kebag-Direktor. Reiseziel sei die Besichtigung der Anlage «Riverside» im Raum London. Laut Juchli «eine der neusten grossen Kehrichtbeseitigungsanlagen Europas», gebaut mit Von-Roll-Technologie. Im Mittelpunkt stehe das Interesse an dieser Grossanlage und damit die Erweiterung des fachlichen Horizontes der Teilnehmenden.
Im Hinblick auf den bei einem Zeithorizont 2023/24 fälligen Kebag-Neubau in Zuchwil hätten der Verwaltungsratsausschuss und die Geschäftsleitung «in den letzten Jahren verschiedene Weiterbildungsreisen unternommen», unterstreicht Juchli. Letztes Jahr waren Anlagen in Chur und im Tessin besucht worden, davor hatte die Reise einmal nach Frankreich geführt.
Information als Pflicht
Auch der designierte Kebag-Verwaltungsratspräsident Christoph Fankhauser – seine Wahl durch den Verwaltungsrat steht nächsten Mittwoch an – kann dem Vorhaben nichts Negatives abgewinnen. Im Gegenteil: «Es ist unsere Pflicht, uns über den neusten Stand der Technik zu informieren. Dieses Business ist massiv in Bewegung und es ist zwingend, dass unsere Entscheidungsträger über die nötigen Hintergrundkenntnisse verfügen.» Immerhin, so unterstreicht der ehemalige SVP-Gemeindepräsident von Herzogenbuchsee, werde es in den nächsten Jahren um eine Ersatzinvestition in der Grössenordnung von 300 Mio. Franken gehen. Laut Fankhauser unternehmen im Übrigen auch die Verwaltungsräte jährlich einen Weiterbildungsausflug.
Das Vorhaben «London-Reisli» kommt bei einer Nachfrage dieser Zeitung nicht bei allen Verwaltungsratsmitgliedern gut an. Dem Vernehmen nach hat denn auch mindestens ein Gemeindedelegierter dem Ausschuss postwendend einige kritische Fragen zukommen lassen. Ein anderer Kritiker sagt: «Weiterbildung ist gut und recht, aber doch nicht auf diese Art und in diesem Umfang.»
Im Besitz der Aktionärsgemeinden
Immerhin stehe die Kebag primär im Besitz der Aktionärsgemeinden, also der öffentlichen Hand. Und selbst wenn die Kebag durchaus gut wirtschafte, sei es angesichts des Kosten- und Spardrucks in den meisten Dörfern und Städten mehr als nur stossend, wenn sich die Verwaltungsratsspitze und das Management solche «Extravaganzen» leisten würden.
Dies umso mehr, als auch im VR-Ausschuss primär Delegierte ebensolcher Gemeinden sitzen: so wie Vizepräsident Richard Kaufmann als Vertreter der Stadt Grenchen; der designierte Präsident Christoph Fankhauser (Vertreter von Herzogenbuchsee) oder Stephan Schöni (Gemeinderat in Zuchwil). Prominentestes Ausschussmitglied ist schliesslich Felix Strässle, Direktor der Solothurner Regio Energie.
«Die Reisekosten werden von der Kebag bezahlt», erklärt Direktor Markus Juchli auf Anfrage. Ein Sponsoring seitens der auf Verbrennungsanlagen spezialisierten (einstigen Solothurner) Firma Von Roll – als Ausrüsterin des «Riverside»-Verbrennungsparks – gebe es nicht. Und da die Reise während der Woche erfolge, müssten die Teilnehmer ihrerseits von ihrer Arbeitszeit in die Expedition investieren.
Auf den Vorhalt, dass bei einem geplanten Abflug am Mittwochabend, 19. Oktober, und einer Rückkehr am Freitag, 21. Oktober, immerhin doch noch ein paar gemütliche Stunden in der Weltstadt London zur freien Verfügung stehen werden, räumt dann aber auch Markus Juchli ein: «Ja, das ist so.» (ums)