Podiumsdiskussion
Wirtschaft in Solothurn «grüner» als in andern Kantonen

Ja, es braucht eine «grüne Wirtschaft», darin waren sich in der Jugendherberge Solothurn alle Podiumsteilnehmer einig. Aber wie soll diese aussehen – und vor allem, wie schnell kann die Wirtschaft grün werden?

Stefan Frech
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In Solothurn wurde über den Rio-Gipfel diskutiert (v.l.): Daniel Wachter (Bundesamt für Raumentwicklung), Nick Beglinger (Präsident Swiss Cleantech), Marius Christen (Moderator, Lokale Agenda 21), Karl Brander (Kantonale Wirtschaftsförderung), Roland Fürst (Direktor Solothurner Handelskammer) und Josef Maushart (CEO Fraisa SA, Bellach).

In Solothurn wurde über den Rio-Gipfel diskutiert (v.l.): Daniel Wachter (Bundesamt für Raumentwicklung), Nick Beglinger (Präsident Swiss Cleantech), Marius Christen (Moderator, Lokale Agenda 21), Karl Brander (Kantonale Wirtschaftsförderung), Roland Fürst (Direktor Solothurner Handelskammer) und Josef Maushart (CEO Fraisa SA, Bellach).

Hansjörg Sahli

Da gingen die Meinungen auseinander. «Ein Unternehmen, das rote Zahlen schreibt, kann nicht grün handeln», sagte Josef Maushart, CEO der Fraisa SA und Präsident des Industrieverbands Solothurn und Umgebung, vor rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörern.

Die Wirtschaft müsse also wachsen. Und ganz wichtig: «Eine grüne Wirtschaft soll über die Preise und nicht über Gesetze erreicht werden.» Maushart sprach sich deutlich dafür aus, dass die natürlichen Ressourcen einen realen Preis erhalten müssen. «Wenn die Kosten für den Rückbau eines AKW oder den jahrhundertelangen Betrieb eines Endlagers berücksichtigt würden, dann wäre der Atomstrom viel teurer.»

Rio in Solothurn

Was bedeutet die UNO-Nachhaltigkeitskonferenz von Rio im Juni 2012 für die Solothurner Wirtschaft? Zu dieser Frage veranstaltete die kantonale Nachhaltigkeitsfachstelle «Lokale Agenda 21» eine Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Wirtschaft und Verwaltung. Zugleich feierte die Fachstelle ihr zehnjähriges Bestehen. Sie war 2002 im Nachgang zur Umweltkonferenz von Rio 1992 gegründet worden und führt für Gemeinden, Unternehmen und Organisationen einen Nachhaltigkeitscheck ihrer Tätigkeiten durch (www.agenda21-so.ch). (sff)

Kein Alleingang der Schweiz

Der Bellacher Unternehmer betonte jedoch mehrfach, dass die Preise für Umweltgüter supranational bestimmt werden müssten. «Wenn Frankreich seinen Atomstrom subventioniert, geht unser Stahlwerk in Gerlafingen kaputt.» Die Schweiz dürfe also keinen Alleingang wagen und die eigenen Unternehmen dadurch schwächen.

Die Skepsis bei anderen Podiumsteilnehmern war gross, ob internationale Übereinkünfte genügend schnell zu einer grünen Wirtschaft führen. «Es geht doch viel zu lange, bis wir weltweit den Preis für CO2 regeln können», sagte Nick Beglinger, Ökonom und Präsident des Wirtschaftsverbands Swiss Cleantech. Beglinger war Mitglied der Schweizer Delegation an der UNO-Nachhaltigkeitskonferenz in Rio, die im Juni stattgefunden und wenig konkrete Ergebnisse hervorgebracht hat. Sie war zugleich Anlass für die gestrige Podiumsdiskussion (siehe Kasten).

International geht es länger

Obwohl Nick Beglinger anerkannte, dass die Weltgemeinschaft in Rio erstmals die «grüne Wirtschaft» als Ziel anerkannt hat, sprach er sich bei der Energiewende für ein rascheres Vorgehen auf nationaler Ebene aus. «Die Schweiz ist das wettbewerbsfähigste Land der Welt. Wir sollten den Mut haben, Vorreiter zu sein und dadurch langfristig Wettbewerbsvorteile erzielen.» Dazu brauche es auch gute staatliche Rahmenbedingungen.

Kanton unterstützt Firmen

Und wie grün ist die Solothurner Wirtschaft? Beglinger lobte, dass Behörden und Unternehmen in Solothurn weiter seien als in anderen Kantonen. Bereits 2002 wurde die «Lokale Agenda 21» gegründet, deren Geschäftsstelle die nachhaltige Entwicklung im Kanton fördert und auch das Podiumsgespräch organisiert hat. Karl Brander von der Wirtschaftsförderung verwies auf das Cleantech-Programm, mit dem der Kanton seit diesem Frühling den Solothurner Firmen hilft, energieeffizient zu produzieren. Zudem soll die Weiter- und Neuentwicklung von sauberen Technologien gefördert werden.

Auch Roland Fürst, Direktor der Solothurner Handelskammer und CVP-Kantonsrat, betonte, dass man auf die Innovationskraft der Unternehmen vertrauen könne: «Die Solothurner Exportfirmen sind angesichts der Euro-Krise gezwungen, ihre Ressourcen sparsam einzusetzen.» Das bestätigte Unternehmer Maushart: «Wir können gar nicht anders als ständig effizienter zu werden.» Kritischer äusserte sich Daniel Wachter, Geografieprofessor und Leiter Sektion Nachhaltige Entwicklung beim Bundesamt für Raumentwicklung. «Die Schweiz ist zwar beim technischen Umweltschutz international top – beim Ressourcen- und Energieverbrauch gehören wir aber zu den Schlechtesten.»