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Während einer Woche sind die Maturanden der Kantonsschule Solothurn mit dem Schwerpunktfach Wirtschaft und Recht Geschäftsführer einer Firma. Bei einer Simulationssituation treffen sie Entscheidungen für die Entwicklung ihres Unternehmens. Am Schluss der Woche präsentieren sie die Geschäftszahlen vor Publikum.
Bis zu 40 Managemententscheide pro Tag treffen die Maturandinnen und Maturanden in der Wirtschaftswoche, um ein Unternehmen erfolgreich zu führen und sich gegen die Konkurrenz zu behaupten. Die drei Gruppen bzw. Firmen haben alle dieselbe Aufgabe: Funktionskleidung herzustellen und zu verkaufen. Natürlich alles fiktiv – und im Schnelldurchlauf.
Jeden Tag startet ein neues Geschäftsjahr, welches am Folgetag ausgewertet wird. Angefangen bei 10 Jahren Erfahrung, befinden sich die Firmen Mitte der Woche im 14. Geschäftsjahr. Bevor sie sich aber damit beschäftigen und neue Entscheidungen treffen, wird das vorherige Jahr verabschiedet und besprochen. Die Schüler sehen erst am nächsten Morgen, wie sie davor gewirtschaftet haben und wie sie im Vergleich zu den anderen zwei Firmen stehen. «Die Konkurrenz ist sehr gross, welches auch die Absicht dahinter ist», sagt Verantwortlicher der Wirtschaftswoche und Lehrer Patrick Schuster. Dies sei auch realitätsgetreu.
Die Einführung in das neue Geschäftsjahr durch Markus Borner, Lehrer für Wirtschaft und Recht, zeigt den Schülern die neuen Entscheidungsmöglichkeiten. «Alle sind gut unterwegs», sagt Borner, bevor sie sich in ihren Gruppen zusammensetzen, um die weiteren Managemententscheide zu treffen.
Nach dem Erhalt der Resultate, wird kräftig diskutiert. «Wir sind zufrieden mit dem letzten Geschäftsjahr», sagt Finanzchefin der «Climadapt». Die Firma stellt Funktionskleidung her, die sich an die Körpertemperatur anpassen kann. Sie wollen nun mehr investieren und nachhaltiger werden, heisst es in einer Diskussion. «Wir können aber richtig raushauen im nächsten Jahr», sagt ein weiteres Mitglied der Firma. Die Funktionen sind aufgeteilt. Entscheidungen treffen sie aber meist gemeinsam Als nächstes wollen sie über Investitionen im Ausland diskutieren.
Die Maturandinnen und Maturanden mit dem Schwerpunktfach Wirtschaft und Recht übernehmen die Geschäftsleitung einer Firma, die bereits seit zehn Jahren auf dem Markt ist. Die Ausgangslage und das Grundprodukt ist bei allen Gruppen gleich. Dieses Jahr übernehmen sie eine Funktionskleider-Firma. Jeder Schüler nimmt eine Position der Geschäftsleitung ein und vertretet diese während der Wirtschaftswoche.
Die Managemententscheidungen werden in ein Simulationssystem «Wiwag» der Ernst Schmidheiny Stiftung eingetragen. Das System kann die Entscheidungen der Firmen abgleichen und aufzeigen.
Seit 40 Jahren gibt es diese Managementsimulation bereits. Die Realität sei dabei gut abgebildet. Aktuelle Themen werden jährlich angepasst und miteinbezogen. Wie zum Bespiel die Nachhaltigkeit, erklärt Patrick Schuster. (ber)
Auch die «EasyWear AG» hat das Produkt zu eigener Funktionskleidung entwickelt. Der Pullover soll flüssigkeitsabweisend sein und kann beidseitig getragen werden. Zudem ist er wärmeregulierend. Bei der «EasyWear AG» sind die Aufgaben klar aufgeteilt und jeder ist zuständig für sein Abteil. «Es ist sehr anstrengend und man unterschätzt es, wie viel Verantwortung man trägt», sagt Marketingchefin Helin Aydin. Personalchefin Fiona Laski blickt auf ein erfolgreiches Jahr zurück und findet es eine spannende Erfahrung.
Finanzchefin Sina Meier sei in ihr Amt gewählt worden, da sie gerne rechne. Zudem budgetiere sie viel und könne beurteilen, wie viel Risiko sie im Unternehmen eingehen könnten. CEO Lionel Müller sieht seine Stärken im Kommunizieren und dem Repräsentieren der Firma. Deshalb habe er sich dieser Aufgabe angenommen. «Ich bin aber nicht CEO, weil ich den Chef spielen will», betont er. Die Vergleiche zwischen den anderen Firmen findet Müller sehr interessant. «Es ist spannend wie die anderen gewirtschaftet haben und wie unsere Entscheidungen angekommen sind», sagt er.
Während vier Jahren haben die Schülerinnen und Schüler das theoretische Wissen und die Fähigkeiten der Wirtschaft gelernt. Jetzt können sie das Erlernte vernetzt anwenden. Marketingchefin Stephanie Bürgi von der Firma «Hetta AG» gefällt die praxisnahe Arbeit. Es sei aber nicht ganz der Realität entsprechend, meint sie. Die Zusammenhänge seien dort noch viel komplexer, fügt der CEO und Kommunikationschef Basil Zeltner an.
Trotzdem wollen sie mit ihrem Funktionsoberteil, welches wasserabweisend, schweissabsorbierend und wärmend ist, eine gute Qualität und Nachhaltigkeit erwirtschaften. «In der Qualität sind wir stark im Voraus und deshalb auch am teuersten. In der Nachhaltigkeit stehen wir in Konkurrenz mit der ‹Climadapt›», weiss Basil Zeltner, der seine Zukunft in diesem Beruf sehen kann. Obwohl das Ganze nur eine Simulation sei, habe man es immer Hinterkopf, sagter. Am Morgen fiebere man mit, wie das Unternehmen tatsächlich abgeschlossen hat und wie man im Vergleich zu den anderen Firmen stehe.
Fragen dürfen während der Simulation gestellt werden. Doch die Lehrer antworten nicht aus Sicht des Lehrers, sondern geben Antwort aus Sicht der Bank, des Gewerkschafters oder einer Beratungsstelle. Die Lehrer wollen die Umstände der Realität entsprechen anpassen.
Wie die Firma in den 15 Jahren gewirtschaftet hat, wird am Freitag an der Generalversammlung vor geladenen Gästen präsentiert. Dabei ist es den Schülern selber überlassen, wie sie die Versammlung gestalten wollen. Das Publikum wirke dabei als Aktionäre, erklärt Patrick Schuster. Die Gäste, darunter auch Regierungsrat Roland Heim, Kantonsratspräsidentin Verena Meyer-Burkhard und der Direktor der Solothurner Handelskammer, Daniel Probst stellen der Geschäftsleitung kritische Fragen. Sie sind die Fachleute aus der Praxis und kennen das Handeln und die Schwierigkeiten der Wirtschaft.
Zum Schluss erhalten die Schüler eine Gesamtbewertung. «Wir haben keinen Gesamtgewinner», betont Schuster, der die Wirtschaftswoche schon zum 14. Mal durchführt. «Alle haben ihre Qualitäten an verschiedenen Orten und das wollen wir den Schülern aufzeigen.» Eine Benotung gebe es nicht. «Die Schüler sind sehr motiviert und beschäftigen sich stark mit der Thematik. Bei einer Benotung würde ein zusätzlicher Druck entstehen», sagt Schuster abschliessend.