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Hochbetrieb im Uhrenbusiness bei der Unternehmerfamilie Leibundgut und ihre Lengnauer Uhrenfirma Delma.
Die Bettlacher Unternehmerfamilie Leibundgut und ihre Lengnauer Uhrenfirma Delma hat dieser Tage wieder Hochbetrieb. Für einige Tage ist nicht die unscheinbare Gewerbeliegenschaft an der Solothurnstrasse ihr Zentrum, sonder das Pullman-Hotel in Basel in der unmittelbaren Nachbarschaft der Uhren- und Schmuckmesse «Baselworld», die heute eröffnet wird.
Ein Grossteil des Showrooms im zweiten Stock des Gebäudes wurde für einige Tage kurzerhand nach Basel verfrachtet um die angemessene Kulisse für anstehende Kundengespräche abzugeben. «Die Baselworld ist für uns nach wie vor ein wichtiger Event», betont der Juniorchef und Marketingverantwortliche Andreas Leibundgut. Auch wenn Delma seit einigen Jahren nicht mehr an der Messe selber präsent sei, liefere diese doch das Umfeld, an dem man sich treffe und mit Abnehmern aus der ganzen Welt Gespräche geführt werden können.
Er verstehe zwar teilweise, wenn sich Giganten wie die Swatch Group aus Basel zurückzögen. Sie haben andere Kommunikationsmöglichkeiten, eigene Ländergesellschaften und Markenboutiquen vor Ort. «Wir und andere kleinere Uhrenhersteller haben diese Möglichkeiten nicht und sind deshalb froh um die Baselworld und ihr Umfeld. Wir sind daran interessiert, dass die Baselworld ein wichtiger Termin bleibt.»
Man habe sogar erwogen, 2019 an die Messe selber zurückzukehren. Die Redimensionierung der Baselworld und der Umstand, dass diese noch kein klares Konzept für die Zukunft präsentiert habe, habe aber bei Delma zum Entscheid geführt, nochmals ins Hotel zu gehen. Auch wenn man vor dem Umbau der Messe durch die Stararchitekten Herzog & de Meuron während über 40 Jahren an der Messe dabei war und erst an die Peripherie ging, als die Standpreise deswegen explodierten.
«Es wäre zu früh, wieder in einen eigenen Messestand zu investieren. Und die Preise der Messe könnten ruhig nochmals etwas sinken», meint Leibundgut. 2020 wird die Baselworld zudem im Mai durchgeführt, unmittelbar nach der Luxusuhrenmesse SIHH in Genf. Dass laufend umdisponiert und redimensioniert werde, zeige nicht zuletzt die Unsicherheit in der ganzen Branche.
Immerhin: 2018 war für Delma ein gutes Jahr, blickt Leibundgut zurück. Analog zum Grossteil der Schweizer Uhrenindustrie seien die Geschäfte gut gelaufen, besonders im ersten Halbjahr. Nach der Abkühlung im zweiten Halbjahr sei auch das 2019 noch etwas verhalten gestartet.
Das Familien KMU mit rund 15 Angestellten, das von Fred Leibundgut präsidiert wird, hat drei Standbeine: die Hauptmarke Delma im mittleren Preissegment, Delbana mit günstigeren Schmuckuhren und das Geschäft für Drittmarken (Private Label).
Gut gelaufen sind letztes Jahr insbesondere die Geschäfte in Asien, präzisiert Andreas Leibundgut, der seit seinem Einstieg in die väterliche Firma vor drei Jahren auch den Schweizer Markt wieder vermehrt bearbeiten will. Inzwischen habe man schweizweit acht Verkaufspunkte für Delma Uhren.
Bei den Neuheiten 2019 stechen vor alle zwei Modellinien heraus. Die «reinrassige» Taucheruhr Blue Shark III, die eine Nachfolgerin des 2016 lancierten Spitzenmodells darstellt. «Nur ist die Uhr jetzt sogar bis 4000 Meter Tiefe wasserdicht, im Unterschied zu 3000 Metern bei der Blue Shark II», verkündet Leibundgut nicht ohne Stolz. Dabei sei die Uhr kaum dicker als das Vorgängermodell.
Wer das neue Delma-Modell Blue Shark III tragen will, braucht ein starkes Handgelenk. Knapp 300g bringt die massive, bis 4000m wasserdichte Taucheruhr samt Stahlband auf die Waage. Denn um den (geprüften) Druck von 400 bar plus Marge standzuhalten, besteht der Uhrenboden aus 4,6 mm Stahl, das Saphirglas ist knapp 7 mm dick. Die Blue Shark III gibt es für 1990 Fr. in drei Zifferblattfarben und in einer Variante mit kratzfester, DLC-beschichteter Lünette (2090 Fr.). Beide Modelle sind limitiert auf je 500 Stück.
Für alle, die etwas mehr Eleganz der Technik vorziehen, hat Delma in ihrem 95. Jahr die Modellreihe Cayman lanciert, die sich an die klassischen Delma-Taucheruhren der 70er-Jahre anlehnt (Preise 550-1150 Fr.).
Zwar wird auch diese Wassertiefe wohl nie von einem Taucher erreicht werden, doch gehe es bei diesem Modell (vgl. Kasten) auch um die Demonstration von Handwerkskunst und technischer Raffinesse, erklärt Leibundgut. Das limitierte Vorgängermodell sei jedenfalls ausverkauft.
Wenn Uhrenunternehmer Leibundgut in die Zukunft blickt, ergibt sich nebst der kaum prognostizierbaren Entwicklung der weltweiten Konsumgütermärkte vor allem eine Ungewissheit: das Verhalten der Swatch Group bei der Belieferung von Konkurrenten mit Uhrwerken. Die Wettbewerbskommission hat zwar angekündigt, sie werde das Auslaufen der Lieferverpflichtung per 2020 erneut evaluieren. Doch für Leibundgut ist klar: «Wir werden hier mit mehr Unsicherheit leben müssen.» Immerhin habe man bis auf weiteres genügend Uhrwerke am Lager und es gebe die Möglichkeit auf Ronda- und Sellita-Werke auszuweichen.
Dass die Swatch Group ihre eigenen Marken bevorzugt beliefert, sei zwar nachvollziehbar, anderseits sei sie wohl auch froh gewesen, als es nach dem massiven Absatz-Taucher auch noch Drittabnehmer gegeben habe, meint Leibundgut und hofft, dass er für Delma auch nach 2020 Uhrwerke von der ETA beziehen kann. Im neuen Spitzenmodell Blue Shark III tickt beispielsweise ein ETA Kaliber 2824-2, das als eines der zuverlässigsten mechanischen Werke gilt.