Dampfbahn
Wie ein Fohlen springt die Lok auf der Winterfahrt hin und her

Die Winterfahrt führte von Burgdorf über Biel dem Jura entlang nach La Chaux-de-Fonds. Gemütlich ging es zu und her und die Zeit verging wie im Fluge. Der hart Kern der Passagiere besucht fünf bis sechs Anlässe dieser Art im Jahr.

Natalie Brügger
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Winterfahrt mit der Dampfloki von Burgdorf nach La Chaux-de-Fonds
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Zurück bleibt eine Menge Dampf.
Bei der Abfahrt ist es noch dunkel.
In Solothurn muss die Lok umgekoppelt werden.

Winterfahrt mit der Dampfloki von Burgdorf nach La Chaux-de-Fonds

NUB

Es ist noch dunkel, als der Zug am Bahnhof Burgdorf, eingehüllt in die Dampfschwaden der Lok, die ersten Fahrgäste aufnimmt. Der Verein Dampfbahn Bern führt seine Winterrundfahrt durch: eine elfstündige Fahrt von Burgdorf nach La Chaux-de-Fonds und zurück. Die Komposition des Zuges: Vorne weg die SMB 11, von welcher im letzten Jahr das 100-Jahre- Jubiläum gefeiert werden durfte, angekuppelt vier Passagierwagen unterschiedlichen Alters. 184 Sitzplätze stehen für die Fahrt zur Verfügung. «Es hat nur noch ein paar einzelne Sitzplätze frei. Wir haben immer wieder Gäste, welche sich ganz spontan zu einer Fahrt entschliessen», erzählt der Zugführer. Ein grosser Teil mache die ganze Rundfahrt mit, weiss er weiter.

Bereits beim Einsteigen haben sich einige Gäste ganz herzlich begrüsst. «Es hat immer Teilnehmer von anderen Dampfbahnvereinen auf den Fahrten mit dabei», so der Zugführer. Man kenne sich und freue sich immer, die anderen bei diesen Gelegenheiten zu treffen. Es sei aber ein buntes Gemisch aus Fans, sporadischen und spontanen Fahrgästen.

Langweilig ist es nie

Drei Vertreter des Dampfbahnvereins Zürcher Oberland sitzen an einem Tischchen in Wagen 1. Sie sind zusammen mit fünf weiteren Mitgliedern, welche wegen der langen Anfahrt erst in Solothurn zusteigen, der «harte Kern». Fünf bis sechs Anlässe dieser Art besuchen sie pro Jahr. Langweilig sei es dabei nie. «Man kennt sich in der Dampfbahnszene und freut sich darauf, sich miteinander auszutauschen. Ausserdem lernt man wunderschöne Gegenden kennen. Wir freuen uns ganz besonders auf die Fahrt durch den Jura.» Zwei Tischchen weiter sitzt ein Pärchen aus dem Bernbiet. Sie sind das erste Mal auf einer langen Rundfahrt mit der Dampfbahn und haben das Angebot im Internet entdeckt. Sicher sei ein Hauch von Nostalgie dabei, wenn man in einem solchen Zug sitze. «Es ist faszinierend: das Fahrgefühl, der Dampf an den Scheiben, der Geruch ...» Am meisten freuen auch sie sich auf eine – hoffentlich – verschneite Juralandschaft.

Gemütlich ist es hier, und die Zeit vergeht wie im Fluge. Solothurn ist schon erreicht, es folgt die Abkoppelung der Lok, welche den Bahnhof in der gleichen Richtung wieder verlassen muss. Viele Schaulustige finden sich bei diesem Manöver ein. Nach einer kleinen Runde kann die SMB 11 wieder fest mit den Wagen verbunden werden. Als sich dann die beiden Heizer auf dem Bahnhof daran machen, eine kleinere Reparatur durchzuführen – es hatte sich ein Teil am Unterbau gelockert – , konnte man trotz des Lärms ein Dauerklicken der Fotoapparate hören.

Das Innenleben des Stahlkolosses

Für rund eine Viertelstunde, von Solothurn nach Grenchen Süd, durfte ich den Stahlkoloss im Inneren erleben. Zwei Lokführer und zwei Heizer sorgen für Dampf und sichere Fahrt. Urtümlich anmutende Apparaturen vermitteln den Eindruck bodenständiger Handwerkskunst. Der Russ hat sich im ganzen offenen Führerstand festgesetzt, ohne schwarze Finger kommt hier niemand davon. Während der Fahrt ist es laut, eine Unterhaltung ist kaum möglich, die Lokführer rufen sich aber dauernd Signale zu, um leichte Steigungen oder sonstige relevante Informationen auszutauschen. Es ist zu erfahren, dass die Lok eigentlich 65km/h fahren könnte. Da aber Wagen angehängt sind, welche für eine Höchstgeschwindigkeit von 60km/h ausgelegt sind, ist man mit rund 55km/h unterwegs.

Dauernd wird Kohle geschaufelt und in den gefrässigen Kessel geworfen – eine Knochenarbeit, wie einer der Heizer lachend versichert. Ein Blick aus dem kleinen Fensterchen neben dem Kessel hinterlässt einen etwas beklemmenden Eindruck. Die Lok scheint auf den geraden Schienen hin und her zu springen wie ein junges Fohlen. «Da kann nichts passieren», wird man beruhigt.

Viel zu schnell ist der Bahnhof in Grenchen erreicht. Mit etwas zittrigen Beinen wird die beiden Stufen hinab geklettert. So eine Dampffahrt ist nicht nur ein Zugerlebnis, es ist eine Reise in eine andere Zeit.