Gastkolumne
Wer macht unsere Arbeit 2025?

Die Gastkolumne von Josef Maushart zur demographischen Veränderung in der Arbeitswelt.

Josef Maushart
Josef Maushart
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Für die Generation Y ist die Work-Life-Balance und der Sinn der Arbeit wichtig. (Symbolbild)

Für die Generation Y ist die Work-Life-Balance und der Sinn der Arbeit wichtig. (Symbolbild)

Pius Amrein

Lange war der Fachkräftemangel vor allem im Gewerbe spürbar. Mittlerweile ist er mit voller Wucht in allen Bereichen, von der Industrie bis hin zur Bildung, angekommen. Wo in der Industrie noch vor wenigen Jahren gelegentlich ein «Wir suchen-Schild» an der Strasse stand, findet sich jetzt ein Schilderwald und manche Firmen plakatieren die Stellen schon übergross an ihren Gebäuden. Die aktuelle Situation ist aber erst der Anfang einer Entwicklung, die der Bundesrat als ebenso irreversibel wie einschneidend erachtet. Gemäss dem Referenzszenario des Bundes lag die Zahl der über 65-Jährigen bezogen auf 100 Personen zwischen 20 und 64 im Jahr 2015 bei 29. Im Jahr 2030 wird sie vom Bund bei 39 erwartet, 2045 dann bei 48!

In einer aktuellen Studie untersuchten Conny Wunsch und Manuel Buchmann von der Uni Basel Betroffenheit und Reaktionsmöglichkeit unterschiedlicher Branchen. Dabei wurde zwischen Kompetenzniveaus unterschieden. Zudem wurde die Substituierbarkeit von Stellen durch Digitalisierung und Automatisierung berücksichtigt. Sie kommen zum Schluss, dass in den Branchen Bau, Industrie, Handel und Logistik, sowie sonstige Dienstleistungen das Mangelproblem bei den gelernten Berufsleuten am grössten sein wird. Lediglich in den Bereichen Gesundheit und IT wird der Mangel bei den akademisch Qualifizierten noch ausgeprägter als bei den Gelernten sein. Bedenkt man, dass heute die Weiterbildung stark auf eine akademische Qualifizierung ausgerichtet ist, erinnert uns diese Studie daran, dass wir das Fundament unseres beruflichen Qualifizierungssystems, nämlich das duale Berufsbildungssystem nicht vernachlässigen, sondern eher weiter aufwerten sollten. Die Digitalisierung wird helfen, das demographische Problem zu lindern, lösen kann sie es nicht.

Arbeitgeber stellt der beschleunigte demographische Wandel vor Herausforderungen. Einer-seits haben sie ein zunehmendes Problem, ihre Stellen zu besetzen. Gleichzeitig ändert sich wegen der extrem hohen Pensionierungsrate der Generationenmix und damit die Kultur im Unternehmen. Wo heute noch die Jahrgänge von 1960 bis 1970 mit ihrer oft bis an die Grenze der Gesundheit reichenden Arbeitszentrierung dominieren, werden in wenigen Jahren die Jahrgänge nach 1980 die umfangreichste Arbeitnehmergruppe sein.

Deshalb kommt es nun darauf an, dass wir unsere Nachfolger nicht an den Wertvorstellungen der Baby Boomer und der Generation X, sondern an denen ihrer, der Generation Y messen. Sie stehen richtigerweise für Work-Life Balance und erwarten von Ihrer Arbeit nicht nur Einkommen, sondern vor allem Sinn! Joe Cocker singt in N’Oubliez Jamais «Every Generation has its way». Darauf müssen wir unsere Unternehmen einstellen und den damit verbundenen Wertewandel als die entscheidende Chance begreifen, unsere Firmen zukunftsfähig zu machen.

Volkswirtschaftlich werden wir eine Zuwanderung brauchen, um Wohlstand und soziale Sicherheit erhalten zu können. Gerade hat uns eine OECD Studie bei der Attraktivität für hoch qualifizierte Arbeitskräfte Rang 3 hinter Australien und Schweden bescheinigt. In der Zukunft wird in weiten Teilen Europas Vollbeschäftigung herrschen. Wenn es uns gelingt, die Wertschöpfung pro Beschäftigtem hoch zu halten und dank Digitalisierung vielleicht sogar noch weiter zu steigern, könnte der alte Nachteil hoher Löhne im internationalen Rennen um Arbeitskräfte noch zur entscheidenden Trumpfkarte werden!